Alle(s) unter Dach und Fach

Unter dem Motto "Alle(s) unter einem Dach" erweiterten pedevilla architekten das Bildungszentrum Frastanz-Hofen. Sie sanierten das Schulgebäude der vorarlbergerischen Gemeinde, nahmen eine strukturelle Anpassung des Bestands vor und ergänzten diesen um vier neue Flügel. Mit Kinderbetreuung, Kindergarten und Volksschule entstand ein gemeinsamer Ort, an dem Kinder unterschiedlichen Alters von-, neben- und miteinander lernen dürfen.

Alle(s) unter Dach und Fach

Unter dem Motto „Alle(s) unter einem Dach“ erweiterten pedevilla architekten das Bildungszentrum Frastanz-Hofen. Sie sanierten das Schulgebäude der vorarlbergerischen Gemeinde, nahmen eine strukturelle Anpassung des Bestands vor und ergänzten diesen um vier neue Flügel. Mit Kinderbetreuung, Kindergarten und Volksschule entstand ein gemeinsamer Ort, an dem Kinder unterschiedlichen Alters von-, neben- und miteinander lernen dürfen.

 

 

Im Zuge eines Wettbewerbs sollte die alte Schule von Frastanz bei Feldkirch in eine zukunftsweisende Bildungseinrichtung verwandelt werden. Dabei galt es, im Zentrum des 6.500-Einwohner-Ortes nicht nur die bestehende Volksschule bei laufendem Betrieb umzubauen und zusätzlichen Platz zu schaffen, sondern auch ein neues pädagogisches Konzept zu implementieren. Die Architekten aus Südtirol gingen auf diese Anforderungen ein und entwickelten einen Entwurf, der Kindern von 1,5 bis 10 Jahren einen möglichst fließenden Übergang zwischen den einzelnen Bildungsstufen ermöglicht. Nach dem Vorbild der dörflichen Bebauungsstruktur brachten sie dafür sowohl Kita und Kindergarten als auch Schule unter einem Dach zusammen.

 

 

Als Ausgangspunkt des neuen Bildungszentrums fungierte das Bestandsgebäude aus den 1950er-Jahren. Neben einer umfangreichen Sanierung fügte man diesem vier Trakte hinzu. Das Ergebnis ist ein durchgehender Komplex, der durch seine kleinteilige Gestaltung mehrere offene Innenhöfe aufspannt und in westlicher Richtung an den Veranstaltungssaal von Frastanz anschließt. Rund um die Schule entstehen parkähnliche Freiflächen. Sie dienen – angepasst an die verschiedenen Bedürfnisse der Kinder – als geschützter Garten und Ruhebereich oder Pausenhof mit Platz zum Spielen. Eine einheitliche Gebäudehülle fasst an der Außenseite die alten und neuen Teile zusammen. Sämtliche Baukörper beruhen auf einer einfachen Geometrie mit großformatigen Fensteröffnungen und schließen oben mit Satteldächern ab. Die Dachform greift ein charakteristisches Motiv der Nachbarbauten auf und bettet das Bildungsensemble stimmig in die heterogene Umgebung ein. Alles andere als zurückhaltend ist hingegen die monochrome Farbgebung der Schule: Von den Fassaden und Fensterbänken bis hin zum Sonnenschutz und den Dachschindeln sind alle Elemente in einem erdigen Rostrot gehalten.

 

[See image gallery at www.architektur-online.com]

 

Für die Neubauten kombinierten die Architekten Geschossplatten und Wände aus Stahlbeton mit einem Dachaufbau aus Holz. Bei der alten Schule wurde die ursprüngliche Bausubstanz mit Ziegelwänden und Korkdämmung bestmöglich erhalten und aus optischer und energetischer Sicht an gegenwärtige Standards angepasst. Beim Thema Energieeffizienz entschied man sich für einen Anschluss an das Biomasse-basierte Fernwärmesystem und eine kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung. Zusätzlich senkt eine Photovoltaikanlage auf den Dächern der neuen Trakte den externen Energiebedarf. Zudem achtete man mit der Planung von Retentionsflächen und eigenem Fokus auf Biodiversität selbst rund um den Bau auf maximale Nachhaltigkeit.

 

[See image gallery at www.architektur-online.com]

 

Trotz getrennter Eingänge verfügt die Bildungsstätte im Inneren über ein gemeinsames Herzstück – den sogenannten Marktplatz. Dieser besteht aus mehreren, aufeinanderfolgenden Gemeinschaftsräumen, welche die einzelnen Funktionen entlang einer zentralen Achse miteinander verbinden. Der Bereich dient sowohl der Erschließung als auch als Treffpunkt für Kindergarten- und Schulkinder sowie deren Eltern.

 

 

Anstelle von Klassenzimmern ist die Volksschule anhand von vier Lernclustern organisiert. Diese verteilen sich in zwei Trakten jeweils über das Erdgeschoss und die obere Etage. Jedes Cluster verfügt über eine eigene Garderobe, ein mittiges Forum und mehrere Gruppen- und Lernräume. Zusätzlich werden beide Ebenen von großzügigen Zirkulations- und Gemeinschaftszonen ergänzt, welche die Cluster-übergreifende Interaktion fördern sollen. Im gesamten Haus befinden sich außerdem kleinere Ruhe- und Projektzimmer, die flexible Nutzungsänderungen ermöglichen. Sie können den größeren Einheiten zugeschaltet werden und diese bei Bedarf erweitern. Verwaltungsflächen und sogenannte Begegnungsräume im oberen Stockwerk runden das Programm der Schule ab. In den Bereichen von Kinderbetreuung und Kindergarten legt man ebenso großen Wert auf kommunikative, pädagogische Knotenpunkte, ohne dabei auf intime Rückzugsorte für Klein und Groß zu vergessen. Neben den Räumlichkeiten von Volksschule und Kita verfügt das Bildungszentrum über Sport-, Werk- und Musikräume, die ebenso der Gemeinde und lokalen Vereinen zur Verfügung stehen.

 

 

Auch im Bildungszentrum sorgt die Materialwahl für Erdung und soll eine behagliche Atmosphäre erzeugen, in der sich die Kinder und die Lehrkräfte wie zu Hause fühlen. Dabei entschied sich das Planerteam weitgehend für regionale Werkstoffe: Natürlicher Kalkputz bildet einen ruhigen Hintergrund für maßgeschneiderte Einbauten und Möbel aus naturbelassenem Tannen- und Ahornholz. Der helle Farbton des Naturwerkstoffs setzt sich mit Holzwolle-Leichtbauplatten an den Decken und Dachuntersichten fort. Auch die prägnante, rostrote Färbung der Ansichten hält in Form von farbigen Akzenten im Inneren der Schul- und Betreuungsflächen erneut Einzug. Zuletzt findet sich selbst das Satteldach-Motiv im Innenraumdesign des Komplexes wieder. Es prägt mit seinen schrägen Dachflächen das Raumgefühl in den oberen Geschossen, dient als Inspiration für Durchgänge und ziert die Garderobenkästchen der Kinder.

 

[See image gallery at www.architektur-online.com]

 

Mit jeder Menge Liebe zum Detail interpretierten ­pedevilla architekten den Leitgedanken „Dach“ im neuen Bildungszentrum Franstanz-Hofen nicht nur auf programmatische, sondern auch auf gestalterische Weise. Sie vereinten Bestand und Neubautrakte zu einem harmonischen Ganzen und legten den Grundstein für zukunftsweisende Lehr- und Lernkonzepte. Damit bricht in der Vorarlberger Gemeinde eine neue Ära an, in der Frontalunterricht und starre Raumaufteilung der Vergangenheit angehören. Stattdessen soll das revitalisierte und erweiterte Schulhaus künftig selbst zum Pädagogen werden und den kleinen Nutzern über viele Jahre hinweg einen geschützten Rahmen bieten, der die persönliche Entwicklung positiv unterstützt.

 

[See image gallery at www.architektur-online.com]

 

Bildungszentrum Frastanz-Hofen
Frastanz, Vorarlberg

Bauherr:                Marktgemeinde Frastanz
Planung:                pedevilla architekten
Statik:                   gbd
TGA-Planung:       E-Plus Planungsteam
Energieplanung:    SPEKTRUM Bauphysik & Bauökologie
Brandschutz:         K&M Brandschutztechnik
Elektroplanung:    elektrodesign Fröhle René

Grundstücksfläche:             8.320 m2 
Bebaute Fläche:                     3.275 m2
Nutzfläche:                          6.800 m2
Planungsbeginn:                   05/2015
Baubeginn:                           05/2019
Fertigstellung:                     02/2021
Gesamtkosten:                    19,8 Mio. € (inkl. MwSt.)

www.pedevilla.info

 

 

Text: Edina Obermoser
Fotos: Gustav Willeit