Beständiger bauen mit Naturstein
Im Bauwesen gewinnt der verantwortungsvolle Umgang mit endlichen Ressourcen immer mehr Gewicht. Bauwerke an neue Nutzungen anzupassen, statt abzureißen und daneben neu zu errichten, schont kostbare Ressourcen. Ist Naturstein im Spiel, gelingt die Kombination von alter Substanz und neuer Nutzung besonders klimafreundlich.
Im Bauwesen gewinnt der verantwortungsvolle Umgang mit endlichen Ressourcen immer mehr Gewicht. Bauwerke an neue Nutzungen anzupassen, statt abzureißen und daneben neu zu errichten, schont kostbare Ressourcen. Ist Naturstein im Spiel, gelingt die Kombination von alter Substanz und neuer Nutzung besonders klimafreundlich.
Repräsentativ: Raumgestaltungen wie das Foyer am Börseplatz 1 werden durch Naturstein zusätzlich aufgewertet.
Über 50 Jahre gerechnet verursacht ein Bauwerk zwei Drittel seiner Treibhausgasemissionen durch den laufenden Betrieb (GWPN) und etwa ein Drittel durch die Herstellung, Nutzung und den Rückbau zum Lebensende, errechnete die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, DGNB e.V., in einer Studie vom August 2021. Daraus folgert die DGNB, dass bei allen CO2-reduzierenden Neubaumaßnahmen nicht vergessen werden darf, dass wir einen Gebäudebestand mit einer hohen Zahl an bereits verbauten Emissionen haben. Aus Klimaschutzperspektive sollte deshalb vor jedem Neubau geprüft werden, ob auch ein bestehendes Gebäude in Frage kommt und auf einen klimaneutralen Betrieb hin saniert werden kann. Auf das Bauen im Bestand setzt auch der Österreichische Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit 2024, indem er ausdrücklich Einreichungen zu herausragenden Beispielen der Bestandsentwicklung und zu kreislauffähigem Bauen anregt.
Shop mit einem in Bahnen verlegten Kalksteinboden im Schloss Marchegg
Nicht nur aus Sicht des Klimaschutzes bieten Sanierung und Bestandsentwicklung große Vorteile. Beim Dachausbau in einem Gründerzeithaus passen selten Duschtassen mit Standardformat und im revitalisierten Bauernhaus ergeben Steinzeugfliesen aus dem Baustoffhandel kein befriedigendes Fugenmuster. In beiden Fällen sind kompetente Handwerker und Werkstoffe gefragt, die sich individuell an die baulichen Gegebenheiten und Geometrien anpassen lassen. Einer dieser Werkstoffe ist unbestritten Naturstein.
Treppe im Park Hyatt Wien: Die neuen, dunkelgrauen Platten wurden durch Schleifen an den historischen Marmor angepasst.
Sanieren statt entsorgen
Werden im Laufe der Nutzung Reparaturen, Ergänzungen oder Umgestaltungen erforderlich, erweisen sich Baukonstruktionen mit Naturstein als besonders vorteilhaft. Zwar erlauben Verbundwerkstoffe einen raschen Baufortschritt, die daraus errichteten Bauwerke enthalten aber aus Sicht des Umweltschutzes problematische Materialkombinationen, die am Nutzungsende kostspielig getrennt werden müssen. Anders Naturstein: Eine schadhafte Fassade oder ein Boden aus Naturstein werden nicht als Sondermüll entsorgt, sondern mit dem Originalmaterial saniert.
Das Café im Jüdischen Museum Wien erhielt eine zum Bestand passende Wandbekleidung aus Originalmaterial.
Betrachten wir den Baustoff Naturstein als einen Teil des Bilanzrahmens „Konstruktion“ gemäß DIN EN 15978, welche sich der Bewertung der umweltbezogenen Qualität von Gebäuden widmet, so spielt er seine Karten besonders in der Phase der Herstellung des Gebäudes und an dessen Lebensende aus. Stein, vor allem wenn er regional gewonnen und verarbeitet wird, erzeugt deutlich weniger CO2 als beispielsweise Keramik. Ebenso ist Naturstein unproblematisch beim Rückbau eines Gebäudes, da er frei von chemischen Zusätzen ist und im Idealfall entweder wiederverwendet oder weiterverarbeitet wird, beispielsweise zu Split. Beim Bauen im Bestand kommt Naturstein seine Langlebigkeit, natürliche Anmutung und – damit unmittelbar verbunden – eine hohe Wertschätzung zugute. Zum Stellenwert von Naturstein erklärt das österreichische Bundesdenkmalamt in seinen 2015 veröffentlichten Standards der Baudenkmalpflege: „Aus der Tradition der Epoche der Romantik heraus genießt der Werkstoff Stein eine spezielle öffentliche Aufmerksamkeit, wobei mit der sichtbaren Materialität besondere Erwartungen an Echtheit, Wahrhaftigkeit und Ursprünglichkeit verknüpft werden.“ Auch ohne Bezug zur angesprochenen Tradition ist Naturstein ein beliebtes Baumaterial. Echter Stein steht für Authentizität, Langlebigkeit und Natürlichkeit. Über diese Grundwerte hinaus ist Naturstein aber auch ein individueller und ästhetischer Baustoff.
Im Foyer des Unteren Belvedere harmonieren die neuen, großformatigen Bodenplatten aus Leitha-Kalkstein mit den historischen Stufen.
Naturstein ist individuell
Es gibt viele Möglichkeiten, bestehende Bausubstanz mit Hilfe von Naturstein nachhaltig und repräsentativ aufzuwerten. Dank digitaler Messtechniken wird das Naturmaß präzise erfasst und beim Steinschnitt berücksichtigt. Dank der individuellen Produktion der Werkstücke lässt sich in jede noch so kleine oder verwinkelte Nische ein Waschtisch auf Maß fertigen.
Unlängst erklärte Susanne Wartzeck, Präsidentin des Bundes Deutscher Architekten BDA, dass das Berufsbild an einem Wendepunkt stehe, indem besonders die Konzentration auf das Bauen im und mit dem Bestand die Arbeitsfelder verändern wird. Einen vielseitigen und verlässlichen Partner für diesen Wandel haben Architekten in Naturstein bereits. Dessen Möglichkeiten im Bauen für die Zukunft sind noch lange nicht ausgereizt, ganz im Gegenteil.
Mikve unter einer Wiener Synagoge mit gespiegeltem Azul Macaubas
Gästebad mit massivem Waschtisch für einen Dachausbau in Wien
Bei der Modernisierung seines Elternhauses ließ sich der Bauherrr sein Traumbad mit Azul Bahia errichten.
Text und Fotos: Richard Watzke