Im Geiste von Leben und Freiheit
Das Ágnes-Heller-Haus der Universität Innsbruck beweist, wie man weitläufige innerstädtische Grünräume schaffen und urbane Areale beleben kann, ohne bei der Architektur Abstriche machen zu müssen. mohr niklas architekten trafen schon zu Beginn des Projekts eine klare städtebauliche Entscheidung und setzten zugunsten der Allgemeinheit auf eine Komprimierung der Grundfläche des Gebäudes. Die markante Kubatur des Universitätsneubaus ist ein Resultat dieser Entscheidung.
Das Ágnes-Heller-Haus der Universität Innsbruck beweist, wie man weitläufige innerstädtische Grünräume schaffen und urbane Areale beleben kann, ohne bei der Architektur Abstriche machen zu müssen. mohr niklas architekten trafen schon zu Beginn des Projekts eine klare städtebauliche Entscheidung und setzten zugunsten der Allgemeinheit auf eine Komprimierung der Grundfläche des Gebäudes. Die markante Kubatur des Universitätsneubaus ist ein Resultat dieser Entscheidung.
Die 2019 verstorbene ungarische Philosophin Ágnes Heller ist die Namenspatronin des neuen Baus am Campus Innrain, welcher die Institute der geistes-, kultur- und bildungswissenschaftlichen Fakultäten an einem Standort vereint. Leben und Freiheit galten Ágnes Heller als höchstes Gut. Großzügige Freiräume und ein lebendiges Campustreiben sollen diese Werte widerspiegeln. Die angrenzenden Grünflächen wurden im Sinne der Nachhaltigkeit auf sozialer, ökologischer, ökonomischer und klimatischer Ebene als Naherholungsraum für Studierende, Anrainer und Vorüberspazierende konzipiert. Das Gebäude selbst soll als neuer Hochpunkt im übergeordneten Stadtsystem dem voranschreitenden Verdichtungsprozess Innsbrucks Rechnung tragen.
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Ein Platz für alle
Mit der Positionierung und Ausgestaltung des Baukörpers zielten mohr niklas architekten darauf ab, zwei klar differenzierte Freiräume zu schaffen: während der Christoph-Probst-Platz dem Universitätsbau zugeordnet wurde und den Neubau stadträumlich fasst, ist die über eine Grüntreppe zu den Hörsälen im Untergeschoss abfallende Campuswiese als offen zugänglicher Günraum ausformuliert. Dazwischen bilden zwei Unter- und fünf Obergeschosse einen Sockel mit Terrasse. Während sich das Gebäude in Richtung Inn zurückhaltend zeigt, wächst es straßenseitig mit einem weitere fünf Geschosse hohen Turm selbstbewusst in die Höhe.
Zur Innpromenade – einer beliebten und belebten Flaniermeile, Laufstrecke und Radroute – hin lädt die öffentliche Mensa mit ihrer Terrasse zum Anhalten und Verweilen ein. Der Eingang zur Straße führt zu Ausstellungsräumen des Archäologischen Museums der Universität Innsbruck, das sich im ersten Untergeschoss befindet. Sogar über jeweils zwei Untergeschosse erstrecken sich die beiden überhöht ausgebildeten Hörsäle. Diese können mit Tageslicht versorgt werden, wobei der 600 Sitzplätze umfassende Hörsaal als Audimax der Universität fungiert und Ausblicke auf die Nordkette bietet. Die darüber liegenden Ebenen beherbergen Seminarräume, Lese- und Lernzonen für die Studierenden sowie Büroräume für das Universitätspersonal. Herzstück des Gebäudes ist ein großzügig gestaltetes, tageslichtdurchflutetes Atrium mit freitragenden Treppen, das der Orientierung und Kommunikation dient. Die Architekten bezeichnen den Erschließungsbereich als demokratischen Vermittler, eigens gestaltete Geländer verleihen der Raumstruktur eine skulpturale Anmutung. Während sich hier innenliegende, temporäre Arbeitsplätze finden lassen, orientieren sich die Büros und ständigen Arbeitsplätze nach außen, bieten natürliche Belichtung und Belüftung sowie eine Blickverbindung zur Stadt.
Ein Zeichen setzen
Die Beziehung des Ágnes-Heller-Hauses zur Umgebung und Stadt spielte für mohr niklas architekten eine entscheidende Rolle, was die Gestaltung der Fassade anbelangt: in Anlehnung an die Innsbrucker Arkaden spannten die Planer einen gestalterischen Bogen von der nutzungsspezifischen Kleinteiligkeit zum großen Ganzen. Der größte Bogen markiert den Haupteingang – er trägt den Titel „Portal“ und ist ein Kunst-am-Bau-Projekt von Peter Sandbichler, das vom Architekten und Leuchtenplaner Georg Bechter ins rechte Licht gerückt wurde.
Die auffällige Farbgebung ist eine Reminiszenz an das rötliche Gestein, das im vergangenen Jahrhundert für viele Gründerzeitbauten Innsbrucks verwendet wurde: die Höttinger Brekzie. Der charakteristische Stein besteht aus eckigen Gesteinstrümmern, die durch eine feinkörnige Grundmasse verkittet sind. Übersetzt in rot eingefärbte Betonfertigteile zollen die Architekten diesem Erbe Tribut. Die Fassade wurde sandgestrahlt, die Laibungen geschliffen – sie verdrehen sich vom Erdgeschoss ausgehend bis in das neunte Obergeschoss von 90 auf 135 Grad. Die Pfeiler verjüngen sich nach oben, vollziehen ein subtiles Spiel mit Laibungsgeometrien und verleihen dem Gebäude eine aufstrebende Geste.
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Ágnes-Heller-Haus – Universität Innsbruck
Innsbruck, Österreich
Bauherr: BIG – Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.
Planung: mohr niklas architekten ZT-GmbH
Projektteam: Ulf Steinbrecher, Margit Haider, Patrick Gröller, Faruch Achmetov, Emma Peneder, Gregor Laurent, Simon Thalhammer, Angela Truschzinski, Eric Sviratchev, Hannah Neumann
Statik: Alfred Brunnsteiner – dibral
Grundstücksfläche: 12.500 m2
Nutzfläche: 12.800 m2
BGF: 24.800 m2
Planungsbeginn: Wettbewerb 11 / 2017
Fertigstellung: 2023
Baukosten: 54.3 Mio. Euro
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Text: Linda Pezzei
Fotos: David Schreyer