Layer Look

Im Sinne der Wohnraumanpassung gemäß neuer Nutzungsmodelle renovierten TAKK eine 110 Quadratmeter große Wohnung in Madrid für einen privaten Bauherren von Grund auf. „The Day After House“ zollt aber auch dem im Zuge der neuen Klimagesetze und der anhaltenden Krise der fossilen Brennstoffe gewachsenen, allgemeinen Umweltbewusstsein Respekt.

Layer Look

Im Sinne der Wohnraumanpassung gemäß neuer Nutzungsmodelle renovierten TAKK eine 110 Quadratmeter große Wohnung in Madrid für einen privaten Bauherren von Grund auf. „The Day After House“ zollt aber auch dem im Zuge der neuen Klimagesetze und der anhaltenden Krise der fossilen Brennstoffe gewachsenen, allgemeinen Umweltbewusstsein Respekt.

 

 

„The Day After House“ des in Barcelona ansässigen Studios TAKK hat nicht nur das Zeug zur modischen Ikone, die Renovierung der in Madrid verorteten Wohnung weiß auch mit smarten inneren Werten und einem neuen Wohnverständnis zu überzeugen. Den Kern des in Schichten konzipierten Wohnraums bildet eine als kuschelige Höhle gedachte Schlafkoje. „Die Vorteile des gemeinsamen Schlafens einer Familie sind zahlreich, sowohl aus klimatischer wie aus energetischer Sicht, aber auch hinsichtlich einer Stärkung der emotionalen Bindungen“, so die Architekten, die das Schlafzimmer als einen großen, langen Raumkomplex inszenierten, der verschiedene Ebenen umfasst, die unterschiedliche Beziehungen zwischen den Bewohnern ermöglichen sollen.

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Ebenso progressiv geplant und ausgeführt wurden die Bäder – eine hedonistische und spielerische Vision dieses sonst eher starren Raumtypus. Licht und luftig gestaltet, sind die beiden Bereiche an der Fassade so angelegt, dass sie auch von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden können. Ein filigraner, transparenter Vorhang in Himbeerrot setzt hier einen schönen Kontrast zu den sonst eher rohen und zurückhaltend gestalteten Raumoberflächen. Einen weiteren wohnlichen Touch bringen die gezielt platzierten Pflanzen in die sonst sehr stringent und klar gestaltete Wohnung. Neben der Ästhetik und dekorativen Zwecken, sorgen die Grüninseln im Sommer aber auch für ein frisches Raumklima.

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Ebenso innovativ und normfrei wie der Schlaf- und Sanitärbereich präsentiert sich die Küche: Die offene Konfiguration des Raumvolumens soll eine gleichberechtigte Nutzung des Raumes durch die verschiedenen Familienmitglieder unterstützen. So wählten die Architekten für den Wohn- oder Essbereich die gleichen Materialien wie für den Kochbereich. „Die Arbeitsplatte ist 75 Zentimeter hoch anstelle der üblichen 90, wodurch sie untrennbar mit dem Ess- oder Schreibtisch verbunden ist und die Küche mit dem Rest des Hauses verschmelzen lässt“, erklären die Architekten.

 

 

Davon abgesehen basiert der Entwurf auf drei großen Ideen.

Nutzung der Temperaturgradiente
Im Gegensatz zur gewohnten funktionalen und programmatischen Konfiguration eines Grundrisses auf Grundlage einer Kombination aus Korridoren und Räumen orientierten sich TAKK bei der Gestaltung an den klimatischen und umweltbedingten Besonderheiten der einzelnen Bereiche. “Die Räume wurden wie die Schichten einer Zwiebel übereinander gestülpt. Auf diese Weise konnten wir auf Flure verzichten und den Platz besser nutzen – eine effektive Methode zur Energieeinsparung. Je näher wir dem Zentrum der Wohnung kommen, desto besser ist dieses isoliert und benötigt dadurch weniger zusätzliche Energie”, so die Architekten.

Reduktion von CO2-Emissionen
Für die Umsetzung suchten TAKK nach Materialien mit besonders geringen CO2-Emissionen – in diesem Fall hauptsächlich Holz und Naturkork. „Die Tatsache, dass die Wohnung hauptsächlich nach Norden ausgerichtet ist, schränkte die Palette möglicher Materialien erheblich ein. Daher war es wichtig, nach einem Material zu suchen, das eine hohe Isolierleistung aufweist, um Energieverluste zu reduzieren, das aber gleichzeitig eine so geringe Trägheit mitbringt, so dass es sich schnell erwärmt“, legen die Architekten dar.

Zwei Häuser in einem
Sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus energetischen Gründen entschieden sich die Planer dafür, nur die Hälfte des Gesamtvolumens des Hauses zu bauen und die andere Hälfte – einschließlich der Fenster – frei zu belassen, um so eine Art nicht klimatisierte Innenterrasse zu schaffen. „In Anbetracht der geringen Ressourcen und des Madrider Klimas, das die meiste Zeit des Jahres hohe Temperaturen aufweist, haben wir die Möglichkeit untersucht, die 110 Quadratmeter der Wohnung als leeren Schuhkarton zu verstehen, in den wir ‚nur‘ eine weitere 60 Quadratmeter große, perfekt wärmegedämmte Box – das Winterhaus – einbauen und die restliche Fläche als Sommerhaus belassen“, erklären die Architekten die zugrundeliegende Idee.

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Im Interview sprechen Mireia Luzárraga und Alejandro Muiño von TAKK über die Grundprinzipien, die dem „The Day After House“ zugrunde liegen.

Sie haben die Räume „wie die Schichten einer Zwiebel“ gestaltet – wie sind Sie auf dieses Prinzip gekommen und was sind die Vorteile?
Diese Arbeitsweise ermöglichte es uns, die funktionale Aufteilung des Hauses mit der gewünschten Energieeffizienz zu verbinden. Das bedeutet, dass das Haus kaum Wärmezufuhr oder externe Kühlung benötigt. Es handelt sich um Ideen, die aus der volkstümlichen Architektur übernommen wurden, um das thermische Gefälle zwischen Außen- und Innenraum zu überwinden, ohne auf fossile Brennstoffe zurückzugreifen.

Inwieweit ist dieses Konzept an den Standort gebunden – wäre eine solche Umsetzung auch andernorts denkbar?
Madrid hat ein kontinentales Klima. Im Winter ist es recht kalt und im Sommer sehr heiß. Diese Art von Lösungen funktionieren in kalten Klimazonen sehr gut, da sie die Wärme im Haus optimal speichern. Es wäre also eine gute Lösung, wenn man sich vor großer Kälte schützen muss. Im Sommer müssen wir zusätzlich auf eine Querlüftung zurückgreifen.

Wie wurden die Materialien ausgewählt?
Die Materialien wurden auf der Grundlage ihres Kohlenstoff-Fußabdrucks ausgewählt. Wir haben nach Materialien gesucht, bei denen dieser Fußabdruck gering ist. Für Madrid bedeutete dies, dass wir auf Holz aus nahe gelegenen Wäldern zurückgegriffen haben. Darüber hinaus weisen Holz und seine Derivate wie Kork ein gutes Verhalten als Wärmedämmung auf, so dass die Formel perfekt passte.

Sie sagen, Sie haben „zwei Häuser zum Preis von einem“ gebaut – können Sie erklären, was genau Sie damit meinen?
Das „Sommerhaus“ und das „Winterhaus“ basieren innerhalb des Projekts auf sehr unterschiedlichen klimatischen und materiellen Bedingungen und können auf völlig entgegengesetzte Weise bewohnt werden. Während sich das Leben im Winter hauptsächlich in dem Raum abspielt, in dem Holz als Material vorherrscht, steht im Sommer die halb offene Terrasse im Mittelpunkt. Diese Art von Unterschieden innerhalb einer 110 Quadratmeter großen Wohnung ist nicht alltäglich, weshalb wir hier von zwei Häusern zum Preis von einem sprechen. Zwei sehr unterschiedliche Arten des Wohnens in Abhängigkeit von der Jahreszeit und dem Klima, das uns umgibt.

Auch programmatisch betreten Sie mit diesem Projekt Neuland: Was ist das Besondere an der Raumaufteilung?
Das Hauptmerkmal des Projekts besteht darin, bei der programmatischen Aufteilung des Hauses mit Temperaturgradienten zu arbeiten. Das bedeutet, dass die Funktionalität des Hauses völlig neu überdacht werden kann. Von der Frage der Privatsphäre, wer die Küche nutzt, über die Funktion der Badezimmer bis hin zum gemeinsamen Schlafen. Das Wichtigste ist, dass all diese Aspekte durch die Architektur in Frage gestellt werden. Wie diese letztendlich entworfen und gebaut wird, transformiert unser Tun in etwas, das für die Gesellschaft relevant ist.

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The Day After House
Madrid, Spanien

Bauherr: Privat
Planung: TAKK
Partner: Andrea Muniain, Ronte Escobar

Bebaute Fläche: 110 m2
Fertigstellung: 2021
Baukosten: 55.000 EUR

www.takksarchive.cargo.site

 

 

Text: Linda Pezzei
Fotos: José Hevia