Mit Herzblut & Engagement
Interview: mohr niklas architekten verstehen sich als Generationen-Unternehmen. Während Günter Mohr bereits seit 2006 selbständig arbeitet, ist Markus Niklas seit 2013 im Team und seit 2023 Partner im Büro. Ein Miteinander auf Augenhöhe wird dabei nicht nur in dem rund 12-köpfigen Team gepflegt, sondern auch gegenüber allen Projektpartnern: „Wir gehen nie dogmatisch oder formal an Aufgaben heran – die Lösung steckt im Problem. Am kritischsten sind wir dabei immer mit uns selbst.“
mohr niklas architekten verstehen sich als Generationen-Unternehmen. Während Günter Mohr bereits seit 2006 selbständig arbeitet, ist Markus Niklas seit 2013 im Team und seit 2023 Partner im Büro. Ein Miteinander auf Augenhöhe wird dabei nicht nur in dem rund 12-köpfigen Team gepflegt, sondern auch gegenüber allen Projektpartnern: „Wir gehen nie dogmatisch oder formal an Aufgaben heran – die Lösung steckt im Problem. Am kritischsten sind wir dabei immer mit uns selbst.“ Mohr und Niklas ist dabei besonders wichtig, in ihrer Rolle als Architekten das große Ganze im Blick zu behalten, auch wenn dem Duo bewusst ist, dass es für einzelne Fachdisziplinen Spezialisten braucht. In ihrer täglichen Arbeit scheuen sie nicht davor zurück, Verantwortung zu übernehmen und Initiative zu ergreifen, um ihre Architektur mit Leidenschaft und Herz zu planen.
„Ein Haus baut man immer gemeinsam“ – was bedeutet dieses Motto für Sie?
Markus Niklas: Der Satz unterstreicht unseren Teamgedanken: Im Büro darf sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter einbringen. Wir wollen alle mitnehmen auf die Reise und gemeinsam auf Augenhöhe an unseren Projekten arbeiten. Da geht es also weniger um Druck und Vorgaben von oben herab, sondern um die Motivation jedes Einzelnen.
Günter Mohr: Jeder soll und darf Verantwortung übernehmen, sein Herzblut in die Arbeit stecken, um am Ende gemeinsam zu bauen. Uns geht es um die Wertschätzung des Gegenübers – seien es die Bauherren, Nutzer oder Fachplaner. Am Ende schließt sich der Kreis und wie man so schön sagt: Man trifft sich immer zweimal im Leben. Auch Fehler müssen also möglich sein, das ist menschlich und erfordert von allen Seiten ein gewisses Maß an Verständnis. Wenn wir damit offen umgehen, können wir letztlich alle nur lernen und wachsen.
Markus Niklas: Das ist die einzige Möglichkeit, wie eine gute Zusammenarbeit funktionieren kann.
Günter Mohr: Dieses Vertrauen aufzubauen, ist aber gerade bei öffentlichen Bauherren oft schwierig, da man meist nur einmal gemeinsam baut und Folgeprojekte über neue Wettbewerbe ausgeschrieben werden. Wenn es uns aber trotzdem gelingt, ein Bewusstsein für ein gutes Miteinander zu schaffen, ist schon viel erreicht. Bei unserem Projekt Ágnes-Heller-Haus und dem Haus der Physik arbeiten wir zufällig wieder mit den gleichen Beteiligten zusammen – da profitieren wir nun natürlich von der bereits geschaffenen Vertrauensbasis.
Die städtebauliche Leitidee des Ágnes-Heller-Hauses der Universität Innsbruck ist die Komprimierung der Bebauung am Innrain und die konsequente Maximierung städtischer Raumreserven. © Schreyer David
Sind Architekt:innen und Bauherren einer solchen Denkweise gegenüber in Ihren Augen generell offen eingestellt?
Markus Niklas: Ich würde sagen, das kommt ganz auf die Personen an, die involviert sind. Wir befinden uns hier in einem offenen Wettbewerb und man muss sich immer wieder messen, das hält uns fit. Wir überlegen aber durchaus, wie man Bauherren dazu bringen kann, die Dinge möglichst offen auszuschreiben, sodass man für die beste Lösung empfänglich bleiben kann.
Günter Mohr: Im Westen Österreichs ist man vielleicht eher damit vertraut, nicht nur auf die nackten Zahlen und Fakten zu blicken. Die Frage ist doch, was der Bauherr in einem Projekt sieht – geht es um die reine Quadratmeterzahl, die Kosten oder vielleicht doch um die Qualität der Architektur? Da müssen wir uns auch in der eigenen Zunft an die Nase greifen, wenn in der Vergangenheit oftmals von oben herab gehandelt wurde. Wenn der Bauherr weiß, was er will, und das einfordern kann, dann wird er letztlich profitieren. Da kommt es wieder darauf an, wie geschult die entsprechenden Personen sind. Ich sage ganz provokant: Nehmt uns Architekten (qualitativ) mehr aus! Um mehr zu bekommen, als man wollte, muss man dies aber natürlich auch kommunizieren können …
Das Haus der Physik am Campus Technik folgt der Prämisse einer kompakten Bauweise und eines schonenden Flächenverbrauchs am Grundstück. © THIRD
Was, würden Sie sagen, war eines Ihrer herausforderndsten Projekte?
Markus Niklas: Herausforderungen gibt es eigentlich bei jedem Projekt, mal große und mal kleine.
Günter Mohr: Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Für das Ágnes-Heller-Haus war im Wettbewerb eine Tiefgarage gefordert. Wir konnten über ein Mobilitätsgutachten zeigen, dass es auch ohne diese geht und das Geld sinnvoller für die Architektur ausgegeben werden kann. Uns ist es wichtig, Dinge zu hinterfragen, das Vertrauen der Bauherren zu gewinnen und auf menschlicher Ebene zusammenzukommen.
Markus Niklas: Wir entwickeln Lösungen oft aus Eigeninitiative und aus dem Prozess heraus – das dient letztlich nicht nur der Architektur, sondern auch dem Bauherren.
Günter Mohr: Wie beim Haus der Physik: Auch hier haben wir den Zugang über den Städtebau gewählt und erst einmal geprüft, was die richtige Lösung für uns ist. Durch die Nachverdichtung auf dem Grundstück lässt sich die gesamte Fläche nun besser ausnützen.
Markus Niklas: Unsere Analyse hat Potenziale aufgedeckt, mit denen Teile des Campus energetisch betrieben werden können – solche Erkenntnisse aufzugreifen und weiterzuspinnen, zählt eigentlich nicht zu den klassischen Architektenthemen.
Günter Mohr: Ich sehe uns als Generalisten, die auch ohne Fachplaner erkennen sollten, wie Dinge funktionieren.
Markus Niklas: Ganz ohne geht es aber auch nicht …
Günter Mohr: Das ist klar, die Idee kann aber auch vom Architekten kommen. Wir sollten den Blick über den Tellerrand haben und alles zusammenführen.
Das Bürohaus Praterstern 4 stammt aus den frühen 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Unter einem engen Kostenkorsett sollte die Würde des Gebäudes ins Heute getragen werden. © Schreyer David
Schätzen Bauherren Ihre Herangehensweise?
Günter Mohr: Ich denke, dass ein solches Engagement nicht unbedingt in die Breite getragen wird, solange aber alle an einem Strang ziehen und ein gutes Projekt dabei herauskommt, ist das Erfolgserlebnis genug für uns.
Markus Niklas: Unsere Bestätigung besteht darin, dass Dinge umgesetzt werden, dass sich auch gesellschaftlich etwas tut.
Günter Mohr: Letztlich profitieren alle, auch wir wachsen mit unseren Projekten – und hoffen, dass in Zukunft (noch) mehr Bauherren ihren Weg von sich aus zu uns finden.
Markus Niklas: PR ist nicht unser oberstes Ziel.
Günter Mohr: Wir beobachten, dass vieles nur Schein ist – was ist schon wirklich nachhaltig? Dafür gibt es nicht ein einfaches, objektives Kriterium – für das Haus der Physik wird aus funktionalen Gründen Beton zum Einsatz kommen; ein Physiklabor mit Schwingungsanforderungen ist in Holzbauweise ganz einfach nicht realisierbar. Ein Holzbau ist nicht immer die Lösung. Wir versuchen, Architektur langlebig und nachhaltig über den Lebenszyklus zu planen.
Ihre Projekte leben von einer starken Ausstrahlung und klaren Architektursprache – wie wichtig sind in diesem Zusammenhang die Materialien und Oberflächen?
Günter Mohr: Die Lesbarkeit der Tektonik und die Wahl der Materialien sind uns neben vielen anderen Aspekten sehr wichtig.
Markus Niklas: Vieles entsteht aber auch aus der Notwendigkeit heraus, robust und langlebig zu bauen, da braucht es Materialien, die gut altern und in ihrem Lebenszyklus nachhaltig sind.
Günter Mohr: Wir stellen uns immer die Frage, wieviel kann man roh belassen, wie können wir mit der Wahl der Oberflächen allen Nutzergruppen gerecht werden? Ein Haus sollte den ersten Fototermin überdauern, dafür braucht es Service und Wartung – das muss man vorab mit dem Bauherren besprechen und den Weg gemeinsam gehen.
Markus Niklas: Da hilft es wenig, sich selbst zu belügen. Wir versuchen, die Dinge schon früh zu Ende zu denken.
Günter Mohr: Manchmal muss man hierfür auch die Gelegenheit beim Schopf packen – für das Ágnes-Heller-Haus war relativ früh klar, dass die BIG Kunst am Bau fördern wollte. Also haben wir einen Wettbewerb angeregt, um die Kunst in die Architektur integrieren zu können. Durch das zusätzliche Budget konnte der von uns gestaltete Haupteingang durch die Arbeit von Peter Sandbichler optisch erweitert werden.
Die Architektur der Haltestelle Neulengbach zeichnet sich durch eine moderne und funktionale Gestaltung aus, die sowohl den ästhetischen als auch den praktischen Anforderungen eines öffentlichen Verkehrsknotenpunkts gerecht wird. © Schreyer David
Ein Rat an alle Bauherren?
Markus Niklas: Man sollte Vertrauen in die Planung und Mut zum Kontrollverlust haben. Dinge einfach entstehen zu lassen, ist oft schwer, das Ergebnis den Weg aber fast immer wert.
Günter Mohr: Bauherren sollten sich auch selber dahingehend bilden, was sie fordern können. Das hängt natürlich auch vom Architekten ab, man sollte dem Glück aber immer eine Chance geben – oder besser noch des Glückes eigener Schmied sein. Eine Ausbildung für Bauherren gibt es leider nicht, die Herangehensweise erfolgt immer von der Planerseite her – wenn aber bei der Ausschreibung schon vieles bedacht ist, kann etwas Gutes entstehen. Diese Kompetenzen geben viele Bauherren ab.
Markus Niklas: Es ist ein Irrglaube, dass große Strukturen und juristische Konstrukte Sicherheit geben oder man sich Sicherheit erkaufen kann – diese Konstrukte kosten nur viel – vor allem die eigene Kontrolle.
Günter Mohr: Einen Wettbewerb von Juristen ausschreiben zu lassen: Was soll das bringen? Diese falsche Sicherheit macht die Architektur nicht besser oder billiger. Bauherren sollten lieber mit Mut für sich selbst bauen und wissen, was sie wollen. Dafür brauchen sie inhouse eine Kultur der Offenheit und die Kompetenz, um diese umzusetzen.
Interview: Linda Pezzei