Städtebau CAD: Die digitale Stadt

CAD für die Stadtplanung dient nicht nur der Erstellung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen. Im Programm enthaltene Visualisierungs- und Präsentationsfunktionen können Laien auch städtebauliche Planungen anschaulicher vermitteln. Der Beitrag Städtebau CAD: Die digitale Stadt erschien zuerst auf architektur-online.

Städtebau CAD: Die digitale Stadt


 © Graphisoft

 

CAD für die Stadtplanung dient nicht nur der Erstellung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen. Im Programm enthaltene Visualisierungs- und Präsentationsfunktionen können Laien auch städtebauliche Planungen anschaulicher vermitteln.

CAD für Stadtplaner unterstützt städtebauliche Planungsprozesse – vom Einlesen der Grundlagendaten und der Analyse der Bestandsdaten, über die Erstellung und Präsentation von räumlichen und gestalterischen Varianten, bis zur Übergabe der Planung an übergeordnete Geografische Informationssysteme (GIS). Das Einsatzspektrum reicht von der vorbereitenden und verbindlichen Flächenwidmungsplanung, über die städtebauliche Rahmenplanung, die Stadt- und Dorferneuerungsplanung, bis hin zur Gestaltung und Möblierung öffentlicher Räume oder der Planung konkreter Projekte. Diese große Bandbreite stellt hohe Anforderungen an digitale Planungswerkzeuge.

 


Digitale Gelände- bzw. Stadtmodelle ergänzen das herkömmliche „Klötzchenmodell“. © Computerworks

 

Vorteile und Möglichkeiten

Vorteile bietet CAD in der Stadt- und Raumplanung bereits bei der Zeichnungserstellung: Zeichen-, Konstruktions- und Änderungsfunktionen, die Gruppen-, Folien-/Layer- und Symbol-Technik, die automatische Flächenerkennung, Schraffur und Einfärbung von Flächen oder die Beschriftung und Bemaßung sparen gegenüber der manuellen Arbeitsweise viel Zeit und vermeiden Fehler. Individuell erweiterbare Symbolbibliotheken für Pflanzen, Verkehrsanlagen, das Stadtmobiliar, Linien, Schraffuren oder Texturen rationalisieren ebenfalls die Plan­erstellung. Spezifische Funktionen, wie die automatische Berechnung städtebaulicher Kenndaten (Flächeninhalt, Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Baumassenzahl), das digitale Geländemodell (DGM) für die digitale Nachbildung der Topografie, das digitale Stadtmodell (DSM) für die Generierung städtebaulicher „Klötzchenmodelle“ oder die Verknüpfung von Geometrie- und Sachdaten und die sich daraus ergebenden Analysemöglichkeiten machen Städtebau-CAD zu einem wertvollen Planungswerkzeug. Lagepläne erhalten durch die automatische Schraffur der Dachlandschaft sowie durch Eigen- und/oder Schlagschatten entsprechend einer definierten Sonnenrichtung eine größere Plastizität und Anschaulichkeit. Für eine ansprechende Plangrafik sorgen Funktionen für Farbverläufe, Schattierungen, Füllmuster oder Texteffekte. Alternativ ermöglichen Schnittstellen zu Grafikprogrammen wie Adobe Photoshop oder Gimp einen Zugang zu professionellen Bildbearbeitungsfunktionen. Im Hinblick auf die Beteiligung betroffener Bürger spielt die Möglichkeit der anschaulichen Vermittlung städtebaulicher Planung eine immer wichtigere Rolle. Abstrahierende oder fotorealistische Visualisierungen und zunehmend auch VR- und AR-Präsentationen (Virtual/Augmented Reality) gehören deshalb zum Funktionsumfang von Städtebau-CAD.

 

Das Spektrum von Städtebau-CAD reicht von der städtebaulichen Rahmenplanung bis zur Planung konkreter Quartiere und Gebäude.
Das Spektrum von Städtebau-CAD reicht von der städtebaulichen Rahmenplanung … © Widemann Systeme

Das Spektrum von Städtebau-CAD reicht von der städtebaulichen Rahmenplanung bis zur Planung konkreter Quartiere und Gebäude.
… bis zur Planung konkreter Quartiere und Gebäude. © SketchUp/Trimble

 

Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung

Städtebau-CAD unterstützt Planer sowohl in der städtebaulichen Struktur- als auch Gestaltungsplanung. 2D-Kartenmaterial, städtebauliche Kenndaten sowie die Zuordnung dieser Informationen zu den einzelnen Parzellen stehen im Vordergrund der städtebaulichen Strukturplanung, zu der neben der Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung auch die Verkehrs-, Energie-, Entsorgungs- und Landschaftsplanung gehören. Die Grundlage dafür ist herkömmliches oder digitales Kartenmaterial. Am komfortabelsten ist es, wenn auf einer für das CAD-Programm direkt verarbeitbaren digitalen Datenbasis im ALK-, ALKIS- oder ESRI-Shape-Format geplant werden kann. Auch aus Totalstationen eingelesene Vermessungsdaten werden interpretiert und daraus Geländepläne mit entsprechenden Zeichnungselementen, Symbolen und Höhenbeschriftungen generiert. Liegen topografische Karten, Katasterkarten oder Stadtgrundkarten nur in Papierform vor, müssen sie zuerst gescannt und gegebenenfalls vektorisiert, d.h. in für CAD-Programme direkt verarbeitbare Informationen überführt werden. Dabei werden Karten gescannt und in einer Pixeldatei gespeichert. Diese Daten können anschließend über Raster-/Vektor-Konvertierungsprogramme automatisch oder halbautomatisch, alternativ auch im CAD-Programm manuell vektorisiert werden.

Die in ein CAD-Programm eingelesenen und anschließend georeferenzierten, entzerrten und kalibrierten Pixeldaten können alternativ auch als „Hintergrundfolie“ genutzt werden. Auf dieser Datengrundlage wird die Neuplanung anschließend gezeichnet und konstruiert. Die überlagerten Pixel- und Vektorinformationen (gescannte Kartenvorlage und „darübergezeichnete“ neue Parzellengrenzen, Straßen, Gebäudegrenzen, Planzeichen etc.) werden danach auf Großformatdruckern gemeinsam ausgegeben. Die Daten lassen sich vielfältig nutzen: Den Geometrieelementen können alphanumerische Informationen zugewiesen werden, Flächen eines bestimmten Nutzungsprofils oder einer bestimmten Größe grafisch hervorgehoben werden etc. Die aktuellen Datenbankeinträge jeder Parzelle (Parzellen-Nummer, Grundfläche, unbebaute Fläche, bebaute Fläche, Anzahl der Vollgeschosse, Geschoss-/Grundflächezahl, Straße, Eigentümer, Bilddatei-Verweis, Ordnungsbegriff etc.) können angezeigt, analysiert, modifiziert, selektiert, sortiert, gelistet und in Form von Flächenbilanzierungen oder Planlegenden ausgewertet werden. Die Sachdaten werden intern als EED-, Dictionary- oder Map-Objektdaten oder extern beispielsweise als Microsoft Excel- oder Microsoft Access-Daten abgelegt. Flächenbilanzen können zur weiteren Bearbeitung an Tabellen- oder Textbearbeitungsprogramme übergeben werden. Automatismen wie die selbstständige Zuweisung und Prüfung von Flächen oder die automatische Plan­legendengenerierung rationalisieren Arbeitsabläufe und reduzieren Fehlerquellen.

 

Städtebau CAD -Smarte Konstruktions- und Zeichenhilfen rationalisieren Arbeitsabläufe.
Smarte Konstruktions- und Zeichenhilfen rationalisieren Arbeitsabläufe. © Widemann Systeme

 

Städtebauliche Gestaltungsplanung

Aus den Daten der Katasterämter und Vermessungsbüros lassen sich dreidimensionale Geländemodelle und daraus beliebige Geländeschnitte entwickeln. Spröde thematische Karten können grafisch aufbereitet und anschaulich visualisiert werden. Zweidimensionale Gestaltungspläne lassen sich damit „bürgerfreundlich“ dreidimensional aus beliebigen Perspektiven wiedergeben. Zur Beurteilung städtebaulicher Planung sind digitale Gelände- und Stadtmodelle deshalb besser geeignet als gebaute Modelle: sie sind schnell und einfach modifizierbar und auch aus der Fußgängerperspektive erlebbar. Von jedem Punkt des Geländemodells kann die Position bzw. Höhe angezeigt werden. Geländeabschnitte einer bestimmten Höhenlage, Hangneigung oder Sonnenexposition lassen sich grafisch hervorheben. Aus dem DGM und DSM können beliebige Geländeschnitte oder Straßenansichten erzeugt werden. Oberflächen und Massen (beispielsweise der Aushub von Baugruben oder Aufschüttungen) sind per Mausklick abrufbar. Erstellt werden digitale Geländemodelle auf der Basis kartesischer Vermessungspunkte eines elektronischen Feldbuchs. Die Punkte werden mit Hilfe der Triangulation oder eines aus Freiformkurven bestehenden Rasters miteinander verknüpft (vermascht) und auf dieser Basis das Gelände generiert.

Über ein alternatives Verfahren können anhand einer Geländekarte mit dem Digitalisierer Höhenlinien eingegeben werden und das Geländemodell wird im Hintergrund automatisch generiert.

 


Automatismen und Konformitätsprüfungen steigern die Planungssicherheit. © Widemann Systeme

 

Stadträume optimieren

Die Planung neuer städtischer Räume oder die Einbindung neuer Ensembles in den bestehenden Kontext setzt eine flexible Visualisierung von Stadträumen, Sichtbeziehungen und Raumproportionen voraus. In Verbindung mit dem DGM bietet das digitale Stadtmodell viele Möglichkeiten: Städtebauliche Situationen lassen sich nicht nur aus der Vogel-, sondern auch aus der individuellen Perspektive der späteren Bewohner beurteilen. Das ermöglicht Planern und Laien eine bessere Beurteilung von Neubauvorhaben im städtebaulichen Kontext. Für einzelne Gebäude und Gebäudeensembles können Schattenstudien durchgeführt werden, um beispielsweise verschattete Bereiche eines Gebäudeensembles oder eines Straßenzuges zu überprüfen. Optionale rechnergestützte Simulationen mit Hilfe externer Programme ermöglichen die Überprüfung von Quartieren hinsichtlich der Luftströmung oder Hitzeentwicklung. Damit lassen sich sowohl neue Planungen als auch vorhandene Quartiere strömungstechnisch und thermisch optimieren, was nicht zuletzt angesichts der aktuellen klimatischen Veränderungen immer bedeutsamer wird.

 

Städtebau CAD - Analysen der hinterlegten alphanumerischen Daten ermöglichen thematische Karten, beispielsweise zu starkregengefährdeten Bereichen.
Analysen der hinterlegten alphanumerischen Daten ermöglichen thematische Karten, beispielsweise zu starkregengefährdeten Bereichen. © Widemann Systeme

 

Was bietet der Markt?

Natürlich lassen sich auch mit bauspezifischen Programmen Flächenwidmungs- und Bebauungspläne zeichnen oder 3D-Stadtmodelle generieren. Besondere Automatismen, Zeichen-, Konstruktions- und Auswertungsfunktionen bieten aber nur speziell für die Bauleit- und Stadtplanung konzipierte Programme. Im Wesentlichen sind das StadtCAD von euroGIS IT-Systeme, Vectorworks von Computerworks und WS LANDCAD von Widemann Systeme. Dabei handelt es sich um Erweiterungen von allgemeinen oder bauspezifischen CAD-Programmen (AutoCAD, BricsCAD), respektive um Eigen­entwicklungen. Bewährt haben sich modulare Lösungen, die mit den individuellen Anforderungen sukzessive erweitert werden können (z.B.: Städtebau-Grundmodul, ergänzt durch die Module DGM, DSM, GaLa, GIS, etc.). Um Bestandsdaten hinterlegen zu können, ermöglichen die Programme den Import von TIF-, GIF-, BMP-, JPG-, DXF/DWG- oder PDF-Dateien. CAD-Lösungen sind zwar keine „Malprogramme“, dennoch können Rasterdaten in begrenztem Umfang auch innerhalb des CAD-Programms bearbeitet werden – beispielsweise um den Plan in beliebigen Gradschritten drehen oder den Arbeitsbereich freistellen zu können. Beim Import von DGM-Punktdaten und der automatischen Dreiecksvermaschung (Triangulierung) sollte auf die maximale Anzahl der Elemente geachtet werden. Höhenlinien sollten ebenso dargestellt werden können wie Böschungen, Verkehrsanlagen oder Abgrabungen. Auswertungen sollten eine Berechnung des Aushubs oder der zu bewegenden Erdmassen ermöglichen. Beim Digitalen Stadtmodell sollte eine unbeschränkte Anzahl vordefinierter Gebäudetypen darstellbar sein, die über die Geschosszahl, Dach- und gegebenenfalls Gaubenform definiert und modifiziert werden können. Komplexe Gebäudeformen sollten über ­Verschneidungen mehrerer Baukörper definiert werden können. Die Baukörper sollten sich mit dem DGM automatisch verknüpfen, respektive verschneiden lassen. Vorhandene Bebauungen sollen im Format CityGML etc. importiert werden können.

 

Visualisierungsstudien vereinfachen die Beurteilung einzelner Bauvorhaben im städtebaulichen Kontext. © Fraunhofer IGD

 

Städtebau CAD – Entwicklungen und Trends 

Zu den aktuellen Entwicklungen in der Bauleit- und Stadtplanung gehören die digitale Aufbereitung und Bereitstellung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen in systemneutralen Datenformaten und deren Übergabe an übergeordnete Systeme. Standards wie INSPIRE oder XPlanung erfüllen die Anforderungen zur Weitergabe von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen an geografische Informationssysteme, respektive an webbasierte Informationssysteme, um Planungsbeteiligte und Bürger umfassend und schnell informieren zu können. INSPIRE (Infrastructure for Spatial Information in Europe) steht für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments zur Schaffung einer europaweit standardisierten Geodateninfrastruktur. Sie ist seit 2007 in Kraft und verpflichtet die EU-Mitglieder, interoperable Geobasisdaten und Geofachdaten sukzessive bereitzustellen. Building Information Modeling (BIM) spielt in der Stadtplanung noch eine untergeordnete Rolle, weil es an Datenstandards fehlt.

 


Auf dem 3D-Stadtmodell aufbauende optionale Simulationen mit externen Programmen ermöglichen Vorhersagen zu Luftströmungen oder der Hitzeentwicklung. © CD-adapco/Siemens

 

Städtebau CAD – Programme und Anbieter*

Allplan (www.allplan.com)
Archicad (www.graphisoft.com)
ARRIBA CA3D (www.rib-software.com)
DATAflor (www.dataflor.de)
EliteCAD (www.elitecad.eu)
MicroStation (www.bentley.com)
Revit (www.autodesk.de)
SketchUp (www.sketchup.com)
SPIRIT (www.softtech.de)
StadtCAD (www.stadtcad.de)
Vectorworks (www.computerworks.at)
ViCADo.arc (www.mbaec.de)
WS LANDCAD (www.widemann.de)

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit

 

Literatur- und Linkhinweise

Kuhlmann, Ch., Markus, F., Theurer, E.: CAD und GIS in der Stadplanung, Bernhard Harzer Verlag, Karlsruhe, 2003
Pflüger, F.: EDV in der städtebaulichen Planung, Dissertation an der Fakultät für Architektur der RWTH Aachen, 2000
Roos, L., Kleinschmit, B.: Virtuelle 3D-Stadtmodelle in der Stadt- und Freiraumplanung, aus: Stadt und Grün / Das Gartenamt 1/2007, Patzer-Verlag, Berlin
Schultheiß, A.: INSPIRE haucht digitaler Stadtplanung neues Leben ein, aus: VDVmagazin 2/2014, Verband Deutscher Vermessungsingenieure e. V., Wuppertal

INSPIRE Österreich www.inspire.gv.at 
Portal für XBau-/XPlanung www.xleitstelle.de

 

Text: Marian Behaneck

 

 

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