Brandsimulations-Software – Gebäude brandschutztechnisch optimieren

Mit Simulationen lassen sich Auswirkungen von Brandereignissen berechnen, daraus Entrauchungs- oder Evakuierungskonzepte ableiten und Gebäude brandschutztechnisch optimieren.

Brandsimulations-Software – Gebäude brandschutztechnisch optimieren

Für den Nachweis des Brandschutzes, insbesondere bei Sonderbauten, kommen Brand-, Rauch- und Evakuierungssimulationen zum Einsatz. Sie ermöglichen eine Optimierung individueller Brandschutzkonzepte und belasten die Umwelt in geringerem Maße als reale Brandversuche. Brandverläufe und dabei entstehende Temperaturen oder Rauchentwicklungen lassen sich am Rechner ebenso simulieren und berechnen, wie die Menge und Zusammensetzung von Rauchgasen oder Sichtweiten. Darauf aufbauend können optimierte Lösungen für die Architektur-, Bau- und Tragwerksplanung erarbeitet werden. Auch für die Brandursachen- und Brandfolgenermittlung oder bei der Untersuchung von Brandphänomenen und Schadensverläufen spielt die Brandsimulation eine immer wichtigere Rolle.

 


Simulationsverfahren unterstützen Planer bei der Optimierung von Brandschutzkonzepten. © Nees Ingenieure

 

Brandschutz individuell nachweisen

Mit rechnergestützten Brand-, Entrauchungs- und Evakuierungssimulationen lassen sich auf der Grundlage mathematisch-physikalischer Modelle individuelle Nachweise erbringen. Das ist insbesondere bei Sonderbauten, wie etwa Hochhäusern oder Versammlungsstätten relevant, aber auch bei Gebäuden mit individuellen Architektur- und Nutzungskonzepten. Dass die vom Gesetzgeber geforderten Schutzziele eingehalten werden, kann beispielsweise mit ingenieurmäßigen Verfahren und entsprechenden Programmen wie zum Beispiel ANSYS Fluent, Firex, CFdesign, Fire Dynamics Simulator, MRFC und anderen, teilweise auch kostenfreien Lösungen wie FDS oder SMV nachgewiesen werden (siehe auch Infokasten). In der Bauplanung dienen Simulationsrechnungen vor allem der Lokalisierung von Problemzonen im Gebäude und der Entwicklung von Konzepten und Lösungen. Individuelle brandschutztechnische Konzepte, Gutachten oder Stellungnahmen lassen sich mit Simulationsrechnungen untermauern. Sie helfen bei der Dimensionierung und Optimierung brandschutztechnischer Einrichtungen, etwa von Rauchabzügen oder Anlagen für die maschinelle Entrauchung und ermöglichen Aussagen über deren Einfluss auf den Brandverlauf. Da wichtige Daten wie Rauchdichte, -temperatur oder -geschwindigkeit zu jedem Zeitpunkt des Brandes berechenbar sind, lassen sich für jeden Punkt innerhalb eines Objektes belastbare Aussagen treffen – beispielsweise auch zur Ruß- oder Rauchgaskonzentration, zur Reduktion des Sauerstoffgehalts oder zur Sichtweite. Mit exakten Berechnungen der Wärmestrahlung von Flammen und Rauchgasen können auch thermische Belastungen für jeden Punkt der Tragwerkskonstruktion ermittelt werden. Damit lassen sich Stahl- und Verbundtragwerke mit Hilfe der so genannten Heißbemessung nach Eurocode-Norm sehr exakt dimensionieren – und damit häufig schlanker, filigraner und kostengünstiger als mit konventionellen Rechenverfahren. Bei haustechnischen Anlagen kann man ermitteln, welche Bereiche und Bauteile einen zusätzlichen Brand- oder Sprinklerschutz benötigen. Die Einsatzmöglichkeiten von Brandsimulationsprogrammen reichen von einfachen Volumenbränden, über Flächenbrände, bis hin zu komplexen Brandszenarien. Mit Hilfe von Entfluchtungssimulationen lassen sich bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen für die Evakuierung von Gebäuden entwickeln und optimieren (s.u.).

 

Brandsimulations-Software: Auch Strömungsgeschwindigkeiten, Rauchkonzentrationen, Sichtweiten und Temperaturen gehören zu den wichtigsten Ergebnissen der numerischen Brandsimulation.
Auch Strömungsgeschwindigkeiten, Rauchkonzentrationen, Sichtweiten und Temperaturen gehören zu den wichtigsten Ergebnissen der numerischen Brandsimulation. © Nees Ingenieure

 

Zonen-, Feld- oder CFD-Modell?

Je nachdem, welche Brandszenarien und Randbedingungen vorherrschen oder welches Schutzziel angestrebt wird, kommen verschiedene Brandmodelle zum Einsatz, die sich durch die Komplexität der zu Grunde liegenden mathematischen, physikalischen und numerischen Verfahren und nach dem Umfang der verarbeiteten Datenmenge unterscheiden: Bei Zonenmodellen werden der Brandraum in zwei oder mehrere Zonen unterteilt und zu untersuchende Prozesse empirisch, d.h. durch aus Versuchsergebnissen abgeleitete Beziehungen beschrieben. Das verkürzt zwar Berechnungszeiten, eignet sich aber nur für einfachere Geometrien und erlaubt keine Aussagen zu lokalen Bedingungen. Feldmodelle beruhen, wie auch CFD-Modelle (Computational Fluid Dynamic), auf physikalischen Prinzipien der Energie-, Massen-, und Impulserhaltung. Auf der Basis eines digitalen 3D-Geometriemodells des Gebäudes, das in eine Vielzahl (bis zu einigen Millionen) kleiner, miteinander vernetzter Zellen unterteilt wird, lassen sich damit physikalische Größen wie Temperatur, Druck, Dichte, Rauchgaskonzentrationen etc. als Funktionen von Ort und Zeit präzise ermitteln – für jede Zelle und damit nahezu für jeden Raumpunkt. Da jede Zelle von ihren Nachbarzellen beeinflusst wird, ist der Rechenaufwand erheblich. Von Feldmodellen unterscheiden sich CFD-Modelle in der geometrischen Flexibilität der Zellelemente, der Vernetzung von Zellen sowie in der Beschreibung besonderer Strömungseffekte wie etwa Turbulenzen. CFD-Modelle sind daher besonders geeignet für Objekte mit einer besonderen Form, Gestaltung, Struktur, vom Standard abweichende Randbedingungen, Voll- und Lokalbrände oder für besondere Brandeffekte.

 

Brandsimulations-Software: Die zeitlichen Abläufe können ebenso untersucht werden, wie die Auswirkungen mehrerer gleichzeitiger Brandherde.
Brandsimulations-Software: Die zeitlichen Abläufe können ebenso untersucht werden, wie die Auswirkungen mehrerer gleichzeitiger Brandherde.
Die zeitlichen Abläufe können ebenso untersucht werden, wie die Auswirkungen mehrerer gleichzeitiger Brandherde.
© Fire Protection Pulker

 

Brandsimulation Schritt für Schritt

Brandsimulationen basieren auf dreidimensionalen Geometrien der Gebäudestruktur, respektive des zu untersuchenden Raumes mit sämtlichen strömungs- und brandschutztechnisch relevanten Details. Generiert werden sie entweder mit einem in der Software integrierten 3D-Modellierer, mit einem externen 3D CAD-Programm oder im Bestand per 3D-Laserscanner. Die Raumvolumen werden anschließend in eine endliche Anzahl kleiner Zellen (so genannte „finite Volumen“) unterteilt und damit ein die Berechnung vereinfachendes kartesisches oder ungeordnetes „Rechengitter“ generiert. Die Wahl der Zellengröße ist abhängig von dem zu untersuchenden Brandszenario und den vorhandenen Rechenressourcen. In der Praxis werden bei öffentlichen Gebäuden (Empfangshallen, Atrien, Säle etc.) Zellengrößen zwischen 10 bis 20 Zentimeter verwendet, im Wohnungsbau sind diese etwas kleiner. Teilweise besteht die Möglichkeit, mehrere unterschiedliche Gitternetze zu definieren, beispielsweise an der Brandquelle ein feinmaschigeres Gitter, so dass die Abläufe genauer simuliert werden können. Die erforderliche Zellenanzahl hängt von der Gebäudegröße und -geometrie ab, umfasst aber in der Regel zwischen 20.000 bis einigen Millionen Zellen. Mit einer großen Rechenzellen-Anzahl (Diskretisierungstiefe) kann die zu untersuchende Geometrie exakter nachgebildet werden, zugleich steigt aber der Rechenaufwand. Nach der Vernetzung der Zellen werden ein geeignetes Modell für die relevanten physikalischen und chemischen Prozesse ausgewählt sowie die Randbedingungen für die Berechnung definiert, wie etwa Umgebungseinflüsse oder das Nutzungsprofil. Nach Abschluss der Simulationsrechnung werden die Berechnungsergebnisse wie Temperaturverläufe, Sichtweiten, Gaskonzentrationen etc. tabellarisch und grafisch ausgegeben und einer Plausibilitätsanalyse unterzogen.

Sind die Ergebnisse nicht zufriedenstellend, können Parameter und Szenarien variiert werden und der Rechenprozess wird erneut gestartet. Grenzen werden durch die Modellkomplexität und die Rahmenbedingungen gesetzt. Komplexe Berechnungen können selbst auf sehr leistungsfähigen Rechnern Tage und Wochen dauern und Rechenprozesse manchmal abstürzen. Deshalb werden Brandsimulationen häufig an spezialisierte Dienstleister vergeben. Für komplette Simulationsprojekte, inklusive Rechenzeit-Kosten, muss man projektgrößenabhängig zwischen 2.500 Euro für einen einfachen Raum und 25.000 Euro für ein Gebäude mit komplexen strömungs- und brandschutztechnischen Details kalkulieren (siehe z.B.: www.fire-simulation.at/brandsimulation/kostenkalkulator).

 

Brandsimulations-Software: Mit Entfluchtungssimulationen lässt sich die Wirksamkeit von Evakuierungskonzepten überprüfen und optimieren. Dabei werden zahlreiche Parameter wie Größe, Gewicht, Alter, Gehgeschwindigkeit, Fluchtwege-Wahl, Verhalten bei Staubildung etc. berücksichtigt.
Mit Entfluchtungssimulationen lässt sich die Wirksamkeit von Evakuierungskonzepten überprüfen und optimieren. Dabei werden zahlreiche Parameter wie Größe, Gewicht, Alter, Gehgeschwindigkeit, Fluchtwege-Wahl, Verhalten bei Staubildung etc. berücksichtigt. © accu:rate

 

Entfluchtungsmaßnahmen simulieren

Entfluchtungssimulationen, auch Evakuierungs-, Räumungs- oder Personenstromsimulationen genannt, beschreiben den zeitlichen Ablauf eines Evakuierungsvorgangs mit mathematischen Modellen. Sie sind ein anerkanntes ingenieurmäßiges Nachweisverfahren für eine ausreichende Fluchtwegdimensionierung bei Abweichungen vom Bauordnungsrecht. Zum Einsatz kommen dabei Strömungsmodelle oder dynamische Individualmodelle. Mit speziellen Programmen zur Simulation zielgerichteter Personenbewegungen in räumlich komplexer Umgebung, z.B. ASERI, Crowd Control, FDS+Evac, Pathfinder, PTV Viswalk etc. (siehe auch Infokasten) lässt sich die Wirksamkeit von Evakuierungskonzepten überprüfen. Simulationen ermitteln die Entfluchtungsdauer, lokalisieren Stauzonen und helfen bei der Optimierung notwendiger Flucht- und Rettungswege. Ferner ermöglichen sie den Nachweis, dass geplante oder bestehende Flucht- und Rettungswege für eine bestimmte Personenzahl genügen und ausreichend flexibel sind. Simulationsgrundlage ist, neben der Raum-/Gebäudegeometrie mit allen für den Ablauf der Evakuierung wichtigen Details, eine Beschreibung der individuellen Bewegung der Personen, unter Berücksichtigung wichtiger Parameter wie Größe, Gewicht, Alter, Gehgeschwindigkeit, Reaktions- und Verzögerungszeiten, Fluchtwege-Wahl, Verhalten bei Staubildung etc. Die Wahl des Fluchtweges erfolgt unter Beachtung individueller und externer Einflussfaktoren wie Orientierung, Hinweiszeichen, Fluchtleitsysteme, Ordnungs- oder Rettungskräften etc. Die Berechnung basiert auf elementaren Bewegungsabläufen (Aufschließen, Ausweichen, Überholen, Mindestabstand) und berücksichtigt auch raumgeometrisch bedingte Einschränkungen sowie äußere Einwirkungen wie Rauch und Hitze. Dadurch lassen sich auch im Katastrophenfall auftretende Personenstrom-Dynamiken vorhersagen. Wichtigstes Berechnungsergebnis sind die Mittelwerte der Räumungszeiten sowie statistische Schwankungen.

 

Brandsimulations-Software: Auch Brandursachen und Brandverläufe können anhand von Simulationsmodellen untersucht werden.
Auch Brandursachen und Brandverläufe können anhand von Simulationsmodellen untersucht werden. © Fire Protection Pulker

 

Fazit und Ausblick

Mit Simulationsrechnungen lassen sich Brandschutzlösungen sicherheitstechnisch und wirtschaftlich optimieren. Brauchbar sind Simulationsrechnungen jedoch nur, wenn die Software korrekt rechnet, passende Brandmodelle verwendet und alle relevanten Randbedingungen, Brandszenarien, Gefahrenpotenziale und Phänomene wie Turbulenzen und Wärmeübertragungen beachtet werden. Auch ungenaue Geometrien oder ein zu grobes Rechengitter können falsche Ergebnisse liefern, weshalb diese stets von erfahrenen Brandschutzexperten auf Plausibilität analysiert und möglichst durch reale Rauchversuche überprüft werden sollten. Sonst drohen Fehlschlüsse mit möglicherweise katastrophalen Folgen. Effizientere Arbeitsabläufe verspricht die BIM-Planungsmethode, weil der Aufwand für die geometrische Erstellung von Simulationsmodellen entfällt. Außerdem enthalten detaillierte BIM-Modelle idealerweise alle relevanten Informationen in Form von Bauteilattributen zu Abmessungen, zum Bauteilaufbau, zum Material, zur Feuerwiderstandsklasse, zur Öffnungsrichtung von Brandschutztüren, zu Feststellanlagen, Brandabschottungen etc. In der Praxis verfügen allerdings (noch) wenige Simulationsprogramme über entsprechende IFC-Schnittstellen. Häufig entsprechen auch die Qualitäten oder Detaillierungsgrade der vom Planer übergebenen BIM-Modelle nicht den Vorgaben. Sie müssen häufig korrigiert, modifiziert oder komplett neu erstellt werden. Das kostet Zeit und mindert den Rationalisierungseffekt. Neue IFC-Versionen, Standardisierungsbestrebungen, Forschungsprojekte wie BIM2SIM oder Clouddienste wie Simscale lassen auf ­Besserung hoffen.

 

Brandsimulations-Software: Thermische Belastungen der Tragwerkskonstruktion lassen sich ebenfalls ermitteln und per Heißbemessung präziser dimensionieren.
Thermische Belastungen der Tragwerkskonstruktion lassen sich ebenfalls ermitteln und per Heißbemessung präziser dimensionieren. © Gruner AG

 

Programme und Anbieter*

ANSYS Fluent, CFX (www.ansys.com), ASERI, KOBRA 3D, FIREX (www.ist-net.de), Autodesk Simulation CFD (www.autodesk.de), CFdesign (www.upfronteng.com), Crowd:it (www.accu-rate.de), Exodus (fseg.gre.ac.uk/exodus), FDS, SMV, FDS+Evac (pages.nist.gov/fds), MRFC (www.vib-brandschutz.de), Pathfinder, PyroSim (www.thunderheadeng.com), PedGo (www.traffgo-ht.com), PHOENICS (www.coolplug.com), PTV Viswalk (www.myptv.com), Simulex (www.iesve.com), Simwalk (www.simwalk.com), SolidWorks Flow Simulation (www.solidworks.de), STAR-CCM+ (mdx.plm.automation.siemens.com)

 

Link- und Literaturtipps

www.cfd-online.com Informationen rund um das Thema CFD
www.feuertrutz.de Bauvorschriften und Brandschutzinfos
www.fire-simulation.at CFD-Grundlagen, Kostenkalkulator
www.ifs-ev.org Menü Leistungen, Brandsimulation
www.inuri.de Simulationsmethoden im Brandschutz
www.vfdb.de Förderung des dt. Brandschutzes e.V.
www.vib-brandschutz.de Ingenieurmethoden im Brandschutz e.V.

[1] Grewolls, K. und G.: Praxiswissen Brandschutz – Simulationen, Feuertrutz Verlag, Köln, 2012
[2] Zehfuß, J. (Hrsg.): Leitfaden Ingenieurmethoden des Brandschutzes, VFDB, Eigenverlag, Münster, 2020, Download: https://www.vfdb.de/media/doc/technischeberichte/TB_04_01_Leitfaden_IngMethoden_4Auflage_2020-03-26.pdf

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

 

Text: Marian Behaneck