Der schlichte Charme der Bohemien
Begonnen hat alles 1991: 315.000 Wienerinnen und Wiener – die Mehrheit der abgegebenen Stimmen – votierten in einer Volksbefragung gegen die geplante Weltausstellung, die 1995 gemeinsam mit Budapest veranstaltet hätte werden sollen. Wien hatte dafür ein Areal am linken Donauufer vor der Reichsbrücke gewählt. Nachdem die dort vorhandene Mülldeponie dafür schon abgegraben worden war, entstand nun statt der abgesagten Expo die „Donauplatte“, eine Überbauung des Geländes, und auf ihr wuchs bald die Donaucity in den Himmel, ein multifunktionaler Stadtteil zwischen Vienna International Center, Austria Center Vienna und dem Hubertusdamm.
Begonnen hat alles 1991: 315.000 Wienerinnen und Wiener – die Mehrheit der abgegebenen Stimmen – votierten in einer Volksbefragung gegen die geplante Weltausstellung, die 1995 gemeinsam mit Budapest veranstaltet hätte werden sollen. Wien hatte dafür ein Areal am linken Donauufer vor der Reichsbrücke gewählt. Nachdem die dort vorhandene Mülldeponie dafür schon abgegraben worden war, entstand nun statt der abgesagten Expo die „Donauplatte“, eine Überbauung des Geländes, und auf ihr wuchs bald die Donaucity in den Himmel, ein multifunktionaler Stadtteil zwischen Vienna International Center, Austria Center Vienna und dem Hubertusdamm.
2007 beschloss der Wiener Gemeinderat die Widmung für drei Hochhäuser in der Donaucity, die „DC Towers“. Der höchste Turm, DC 1, wurde 2013 nach einem Entwurf des französischen Architekten Dominique Perrault fertiggestellt. Der zweite, DC 2, von Perrault ursprünglich als optisches Gegenstück zu DC 1 gedacht, ist nach einigen Redimensionierungen und Umplanungen in Bau. Statt sich dem ersten Turm mit seiner gewellten Fassade anzugleichen, orientiert sich der von Hoffmann-Janz Architekten geplante, vereinfachte DC Tower 2 nun am Dritten im Bunde, dem DC Tower 3, der seit 2022 fertiggestellt ist.
DC 3 ist ein 100 Meter hohes Gebäude auf einem extrem schmalen, tropfenförmigen Flecken Land zwischen Wagramerstraße, Autobahnauffahrt und U-Bahnlinie, geplant vom international tätigen, Bregenzer Architekturbüro Dietrich I Untertrifaller. Auf mehreren Ebenen wird der Turm mit öffentlichen Plätzen und Wegen fußläufig an die Donaucity und das Verkehrsnetz angebunden und bildet den Abschluss der Carl-Auböck-Promenade, die bis zur Wagramerstraße erweitert wurde. Eine Brücke über der U-Bahn überwindet den Höhenunterschied von sechs Metern und öffnet sich mit Sitzstufen auf die Plaza auf Erdgeschoßniveau.
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Geometrischer Riegel
Das Gebäude ruht auf 535 meterdicken, bis zu 35 Meter tiefen Piloten und ist als streng geometrischer rechteckiger Riegel konzipiert, von dessen zentralem Stiegenhauskern aus die Stahlbeton-Skelettkonstruktion mit Flachdecken in Längsrichtung und über Wände in Querrichtung ausgesteift wird. An den Außenseiten des Gebäudes reihen sich auf 32 Geschossen 832 Ein- und Zweizimmerwohnungen für temporäres Wohnen, also in erster Linie gedacht für Studenten oder kurzfristige Aufenthalte. Darüber befindet sich eine windgeschützte Dachterrasse. Im Sockelbereich liegen Veranstaltungs- und Fitnessbereiche, Aufenthalts- und Lernzonen sowie ein begrüntes Atrium.
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Entwickelt wurde das Wohnhochhaus von der S + B-Gruppe, die das baubewilligte Projekt an den US-Investor Greystar verkaufte. Dieser betreibt auch die Apartments mit Größen zwischen 15 und 46 m2. Wer sich für einen Mietpreis von rund 40 Euro pro m2 – inklusive Möblierung und Internet – Luxusausstattung im „District Living“ genannten Wohnhaus erwartet, wird enttäuscht. Entworfen von BEHF Architekten, vermittelt das Interior mit vorgefertigter Sanitärzelle, einer Fensterbank zum Sitzen, einem Arbeitsplatz und einer kleinen Kochnische auf Vinylboden sowie unverkleideten, unverputzten Decken den minimalistischen, unprätentiösen Charme der Bohemien. Vinyl, versiegelter Estrich und rohe Decken prägen ebenso die Gemeinschaftsräume.
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Ausgeklappt
Charme versprüht auch die Ausbildung der Fenster. Auf der Fensterbank sitzend, lässt sich von dort ein guter Ausblick über die Donau genießen. Denn während die Ansicht der Sockelgeschosse durch rechtwinklig zur Fassade angeordnete Aluminiumlamellen gegliedert wird, besteht die Fassade vor den Wohnungen in den Obergeschossen aus kleinen Erkern, die im stumpfen Winkel aus der 12.000 m2 großen Fassadenebene ragen. Verkleidet sind diese im Werk vorgefertigten Elemente mit Aluminiumplatten. In den Elementen sitzen je ein schmales und ein breites Fenster, die viel Licht ins Rauminnere bringen. Die Elemente sind geschoßweise abwechselnd immer einmal links, einmal rechts nach außen geklappt. Von außen betrachtet, erweckt das Fassadenbild in seiner Gesamtheit so einen strukturierten und disziplinierten Eindruck.
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Text: Roland Kanfer
Fotos: Kurt Hoerbst, Greystar Europe Holdings