Ein Leuchtturmprojekt

Anfang Juli diesen Jahres fand in der UNESCO-UIA Welthauptstadt der Architektur Kopenhagen der Weltkongress zum Thema nachhaltige Architektur statt. Unter dem Motto "Sustainable Futures - Leave No One Behind" ging es vorrangig um die Frage, wie die Architektur ein zentrales Instrument zur Erreichung der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung sein kann und wie Innovation und multidisziplinäre Zusammenarbeit einen nachhaltigen Wandel in der bebauten Umwelt bewirken können. Ein konkretes Beispiel: das von EFFEKT, Artelia und der VELUX Gruppe initiierte Projekt Living Places Kopenhagen.

Ein Leuchtturmprojekt

Anfang Juli diesen Jahres fand in der UNESCO-UIA Welthauptstadt der Architektur Kopenhagen der Weltkongress zum Thema nachhaltige Architektur statt. Unter dem Motto „Sustainable Futures – Leave No One Behind“ ging es vorrangig um die Frage, wie die Architektur ein zentrales Instrument zur Erreichung der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung sein kann und wie Innovation und multidisziplinäre Zusammenarbeit einen nachhaltigen Wandel in der bebauten Umwelt bewirken können. Ein konkretes Beispiel: das von EFFEKT, Artelia und der VELUX Gruppe initiierte Projekt Living Places Kopenhagen.

 

Living Places Copenhagen

 

Die zentrale Frage des UIA-Weltkongresses 2023 lautete, wie Architekten und die Bauindustrie dazu beitragen können, die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung – kurz SDGs – zu erreichen. Mit den SDG-Pavillons gab es für die Besucher Kopenhagens beinahe das gesamte Jahr hindurch und verstreut über die Innenstadt begleitend zum Event 17 experimentelle 1:1-Projekte zu sehen und interaktiv zu erleben. Die Installationen waren das Ergebnis der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Architekten, Ingenieuren, Materialherstellern, wissenschaftlichen Einrichtungen, Verbänden und Stiftungen. Wie man mit weniger CO2-Emissionen und mehr Rücksicht auf die Menschen und die gemeinsame Umwelt leben und bauen kann, loteten auch die Architekten von EFFEKT in ihrem gemeinsam mit VELUX realisierten Projekt Living Places aus.

 

Living Places Copenhagen

 

Dreimal besser als der Standard

Der CO2-Fußabdruck eines typischen dänischen Einfamilienhauses liegt derzeit bei 11,1 kg CO2/m2/Jahr. Eine Benchmark, die es für das Planungsteam zu schlagen galt, ohne dabei auf ein Übermaß an Hightech oder besonders kostspielige Maßnahmen zu setzen. Mit insgesamt nur 3,8 kg CO2 pro Quadratmeter und Jahr setzt Living Places nun sogar neue Maßstäbe im Bauen. Das „Erfolgsrezept“: die Verwendung von Baustoffen wie Holz mit niedriger CO2-Bilanz und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen wie Solarzellen und einer Wärmepumpe, welche die Außenluft effizient und umweltschonend zur Erwärmung des Heizwassers und zur Warmwasserbereitung nutzt. Besonders spannend erwies sich im Zuge der Auswertung auch für die Architekten, dass die Baukosten für Living Places mit rund 2.000 € pro Quadratmeter auf dem Niveau vergleichbarer Wohnformen auf dem dänischen Markt liegen und eine umweltfreundliche Bauweise somit durchaus wettbewerbsfähig sein kann. 

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In illustrer Nachbarschaft

Für die Umsetzung des temporären Bauvorhabens konnte die VELUX Gruppe ein langgezogenes Grundstück auf dem Areal des stillgelegten Güterbahnhofs „Jernbanebyen“ generieren. Künftig soll auf dem einstigen Industriegelände laut Masterplan des Büros Cobe ein innovatives, teils autofreies Quartier entstehen. Schon jetzt beleben das Urban Farming Projekt „BaneGården“ sowie das Studentenwohnheim CPH Village Vesterbro die von Grünflächen geprägte, zentrumsnahe Gegend. Bis es aber soweit ist, will man mit Living Places – fünf offenen Pavillons und zwei fertigen Häusern in Originalgröße – eine Vorreiterrolle in der Bauindustrie einnehmen und zeigen, wie sich einige der globalen Klima- und Gesundheitsprobleme lösen lassen könnten. Für 2024 ist geplant, die Bauwerke an einen Ort zu verlegen, an dem sie zusammen mit mehreren anderen, nach demselben Konzept gebauten Häusern als Wohn- und Gemeinschaftshäuser genutzt werden können.

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Fünf Grundprinzipien

Der architektonische Ansatz des Ensembles soll sowohl als theoretisches Konzept wie auch konkretes Bauprojekt fungieren. In diesem Sinne umfassen die sieben vornehmlich aus Holz gefertigten Pavillons samt landschaftlicher Gestaltung und Gemeinschaftsgarten auch eine komplette Life-Cycle-Analyse und folgen fünf Grundprinzipien: „Gebäude sollen gesund für Mensch und Umwelt, einfach, anpassungsfähig und skalierbar sein sowie gemeinsam genutzt werden können. Living Places beweist, dass die Baubranche nicht auf Zukunftstechnologien warten muss, um nachhaltiger bauen zu können“, so Lone Feifer, Direktorin für nachhaltiges Bauen bei der VELUX Gruppe. Das Konzept ließe sich zudem auf jedes Haus und jede Gemeinde oder Stadt übertragen, egal ob es sich dabei um neugebaute Ein- und Mehrfamilienhäuser oder bestehende Gebäude handle. Die experimentelle Siedlung umfasst fünf offen gehaltene Gebäude, die für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden können sowie zwei bezugsfertig eingerichtete Wohnhäuser mit einer Wohnfläche von 147 m². In der Umsetzung optimierte das Team von EFFEKT jede einzelne Komponente mit Blick auf die Kosten, das Raumklima und den CO2-Fußabdruck, wobei ein besonderer Fokus auf der Gebäudehülle lag.

 

Living Places Copenhagen

 

Nachhaltig gesund wohnen

Abgesehen von der ökologischen Komponente lag dem Planungsteam aber auch das Wohlbefinden der potenziellen Bewohner am Herzen. Um ein gesundes und angenehmes Raumklima zu schaffen, setzten die Architekten auf die Nutzung von Tageslicht und Frischluft. Dazu wurden die Dachfenster so angeordnet, dass sie sich zum Querlüften nutzen lassen und beim Öffnen ein Kamineffekt entsteht, durch den die warme Luft nach oben steigt und durch die geöffneten Fenster entweichen kann. Sowohl die Dachfenster als auch die mechanische Lüftung sind mit Sensoren verbunden, welche dafür sorgen, dass sich die Fenster bei Bedarf automatisch öffnen, die Jalousien aktivieren und der Luftstrom erhöht wird. Dank des „Natural Ventilative Cooling“ in den kühleren Nachtstunden kommt das passive Kühlsystem ohne zusätzlichen Energieaufwand aus und trägt so vor allem im Sommer wesentlich zu einem besseren Raumklima bei. 

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Alles außer „business as usual“

„Auch wenn es riskant erscheinen mag, an der Spitze des grünen Wandels zu stehen, sind die Risiken bei einem „business as usual“ noch größer. In erster Linie, weil das heutige Bauen direkt zur Verschärfung der Klimakrise beiträgt und die Lebensbedingungen unserer Nachkommen bedroht, aber auch, weil die Reduktionsanforderungen in wenigen Jahren kommen werden, egal wie. Die unausweichliche Logik ist, dass wir nur dann weiter bauen können, wenn wir uns anpassen und klimaneutral werden – all dies wird eine Bedingung für zukünftige Gebäude sein. Mit anderen Worten, es gibt keine Zukunft für „business as usual“, so Sinus Lynge, Mitbegründer von EFFEKT, „der grüne Wandel ist ein Mannschaftssport, der ein neues Niveau des Wissensaustauschs zwischen allen an Bauprojekten beteiligten Parteien und eine enge Zusammenarbeit in allen Phasen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels erfordert. Living Places Copenhagen ist genau das Ergebnis einer solchen Partnerschaft, aber in Wirklichkeit sollten alle Unternehmen der Branche an ähnlichen Zielen arbeiten und Wissen, Ergebnisse und Fortschritte teilen, damit wir uns gegenseitig helfen können.“ 

Die Quintessenz und ein Fingerzeig für alle Architekten, Bauherren und Planer: Es ist durchaus möglich, mit den heute verfügbaren Techniken und Materialien leistbaren Wohnraum mit einem äußerst geringen CO2-Fußabdruck zu schaffen.

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Living Places Copenhagen
Kopenhagen, Dänemark

Bauherr: VELUX
Planung: EFFEKT Arkitekter
Team: Sinus Lynge, Kasper Reimer, Tina Lund Højgaard, Daniel Veenbaer, Marco Antonio Ravini, Juan Pablo Herrero Gil, Yulia Kozlova, Evgeny Markachev, Jael Boynielsson
Bauingenieure:Artelia

Grundstücksfläche: 680 m2
Bebaute Fläche: 260 m2
Planungsbeginn: 2021
Bauzeit: 8 Monate
Fertigstellung: 2023

www.effekt.dk