Gesundes Wohnen am Friedhof
43 Wohnungen, Holzbauweise und ein nachhaltiges Energiekonzept – das alles verbirgt sich hinter dem Projekt mit dem Titel Walden 48. Den Wohnbau in Berlin Friedrichshain realisierten Scharabi Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit Anne Raupach. Gemeinsam mit den zukünftigen Eigentümern erarbeiteten sie den Entwurf für das Gebäude und schafften ein bunt durchmischtes, gemeinschaftliches und gesundes Wohnerlebnis mitten in der Stadt. Der Beitrag Gesundes Wohnen am Friedhof erschien zuerst auf architektur-online.
43 Wohnungen, Holzbauweise und ein nachhaltiges Energiekonzept – das alles verbirgt sich hinter dem Projekt mit dem Titel Walden 48. Den Wohnbau in Berlin Friedrichshain realisierten Scharabi Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit Anne Raupach. Gemeinsam mit den zukünftigen Eigentümern erarbeiteten sie den Entwurf für das Gebäude und schafften ein bunt durchmischtes, gemeinschaftliches und gesundes Wohnerlebnis mitten in der Stadt.
Das Areal in der deutschen Hauptstadt sicherte sich die Baugruppe Walden 48 bereits einige Jahre zuvor. Direkt an der vielbefahrenen Landsberger Allee im Norden und dem evangelischen Parochialfriedhof St. Georgen in südlicher Richtung, bot die Lage des Grundstücks zunächst nicht die einfachsten Umstände für einen Wohnbau. Eine zur Straße hin orientierte, historische Mauer sollte bestehen bleiben und wurde in die Gestaltung des Neubaus miteinbezogen. Neben den Architekten wirkte auch die Baugemeinschaft, bestehend aus den späteren Wohnungseignern, bei der Planung mit. Diese Einzelteile fügten sich nach und nach zu einem Projekt zusammen. Im Zuge einer Reihe von demokratischen Abstimmungen nahm der Wohnbau in einem dynamischen Prozess immer mehr Form an.
Das Ergebnis ist ein 60 m langer, parallel zur vorbeiführenden Verkehrsader positionierter Gebäuderiegel. An der gegenüberliegenden Ansicht läuft das Volumen zu einem mittigen Knick hin leicht nach innen zu. Die Gestaltung der beiden Längsfassaden ist, bedingt durch die Umgebung, sehr unterschiedlich. Hinter der denkmalgeschützten Backsteinmauer des Friedhofs versteckt sich entlang der Straße ein in Holz gekleideter, zweigeschossiger Sockel. Dieser scheint den Bau optisch in die Höhe zu heben. Vor die darüberliegende Ansicht legt sich, ebenso wie vor die westliche Querseite, eine schuppenartige Hülle aus graugrünen Schieferplatten. Sie wird lediglich von punktuellen Fensteröffnungen unterbrochen.
In südlicher Richtung öffnet sich der Bau über die gesamte Länge in Form von tiefen Loggien zum Friedhofspark hin. An ihnen lässt sich die Schottenbauweise klar ablesen. Die Fassade erscheint hier, wie auch die Erdgeschosszone, in einer naturbelassenen Lärchenholzschalung. Brüstungen und Sonnenschutzelemente greifen den schlammgrünen Farbton der anderen Seite wieder auf und verleihen Walden 48 ein einheitliches, stimmiges Erscheinungsbild.
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Ab der Kellerdecke ist der Wohnbau zur Gänze in Massivholz umgesetzt. Treppenhaus- und die Brandschutzwände stellen die einzigen Stahlbetonelemente dar. Die Tragkonstruktion besteht aus massiven Brettsperrholzschotten sowie Holzbetonverbunddecken, während die Fassade auf einem Holzrahmensystem beruht. Um maximalen Lärmschutz zu gewähren, wurde dieses an der Landsberger Allee zweischalig ausgeführt und doppelt gedämmt. An dieser Stelle fungiert das Holz zudem als hinterlüftete Unterkonstruktion für die Schieferschindel. Der Naturwerkstoff wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv auf die Nachhaltigkeit von Walden 48 aus. Er bindet schädliches CO2 und ist äußerst energieeffizient. Mit vorgefertigten Elementen minimiert er außerdem die Bauzeit um drei Monate und reduziert auch die Kosten. Eine Erdwärmepumpe komplettiert das Energiekonzept und senkt das Gebäude dank seines niedrigen Bedarfs an Primärenergie auf einen KfW 55-Standard.
Die Nutzfläche des Baus umfasst, über sechs Stockwerke verteilt, fast 5.000 m2. Drei Erschließungskerne führen zu den einzelnen Wohneinheiten. Deckenspannweiten von 7 m und mehr in Kombination mit 13 m Raumtiefe machen eine flexible Grundrissgestaltung möglich. Die Apartments haben eine Größe zwischen 55 und 165 m2 und sind an die diversen Wünsche der Bauherren angepasst. Sie entwickeln sich jeweils über die gesamte Gebäudebreite und verfügen alle über einen geschützten, privaten Außenraum. In den beiden untersten Niveaus gibt es zum Teil zweigeschossige Maisonetten. Während die Fenster an der Nordseite mit tiefen Leibungen gemütliche Sitznischen ausformen, bringen die nach Süden ausgerichteten, raumhohen Verglasungen reichlich Tageslicht in die Wohnungen. Bei Letzteren konnten sich die Bewohner ebenfalls an der Planung beteiligen – sowohl Anordnung als auch Breite der Elemente war ganz ihnen überlassen. Der Ausblick ins Grüne und auf den alten Baumbestand lässt hier fast vergessen, dass sich der Neubau im Zentrum Berlins befindet – jedoch nur so lange, bis man am Horizont die Silhouette des Fernsehturms entdeckt.
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Kommunalflächen im Eingangsniveau, eine Gemeinschaftsterrasse auf dem Dach sowie eine Fahrradgarage im Keller runden das Raumprogramm des nachhaltigen Baus harmonisch ab. Besonders beim Design der Innenräume fällt der innovative Umgang mit dem Naturwerkstoff auf. Anstatt das Holz zur Verbesserung des Brandschutzes mit Gips zu verkleiden, wurde es auf Abbrand bemessen und übernimmt nicht nur konstruktive, sondern auch gestalterische Eigenschaften. Neben sichtbaren Zwischendecken und Böden kommt das natürliche Material bei Einbauten, Treppenläufen und Co. zum Einsatz. Es verleiht den Wohnräumen ein gesundes Raumklima und einen warmen, angenehmen Charakter. Die übrigen Oberflächen sind hell und dezent gehalten. Im Erdgeschoss sorgen bunte Farbakzente für einen freundlichen Empfang.
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Das Projekt macht vor, wie urbaner Wohnraum in Zukunft aussehen kann. Der Holzbau wird zum Vorzeigeobjekt für energieeffiziente Planung und zeigt, dass sich das Naturmaterial auch für große Wohnbauten bestens eignet. Das bemerkte auch die Jury des Deutschen Nachhaltigkeitspreises für Architektur. Mit seiner innovativ-nachhaltigen Gestaltung schaffte es Walden 48 unter die drei Finalisten. Außerdem demonstriert der Neubau am Friedhof, wie eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Architekten und einer Baugemeinschaft funktionieren kann. Durch die Abstimmung mit den Eigentümern entsprechen die Wohneinheiten genau deren Anforderungen und ermöglichen ein Programm voller Diversität. Von der Wahl der Materialien bis hin zu den Grundrissen konnte die ARGE Scharabi I Raupach alle Parteien zufriedenstellen und sämtliche Wünsche in eine qualitative Architektur übersetzen.
Walden 48
Berlin-Friedrichshain
Bauherr: Baugemeinschaft Walden 48 GbR
Planung: Scharabi Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit Anne Raupach
Mitarbeiter: Friederike Maurer, Frank Schönfeld, Francisco Torres Rojas
Statik: ifb frohloff staffa kühl ecker
Holzbau: Rubner Holzbau
Brandschutz: Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz
Freianlagen: Mania Lohrengel Landschaftsarchitektur
Bauphysik: Dipl.-Ing. Architekt Ingo Andernach
Schallschutz: ALB Akustiklabor Berlin
Grundstücksfläche: 2.100 m2
Bebaute Fläche: 840 m2
Nutzfläche: 4.800 m2
Planungsbeginn: 2012
Bauzeit: 2018-2020
Fertigstellung: 2020
Text: Edina Obermoser
Fotos: Jan Bitter
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