Leer(n)raum

Das Duo Alberto Bottero und Simona Della Rocca vom Turiner BDR bureau hat in Macerata eine neue Vorschule geplant, die auf typologischen Merkmalen und einfachen Konstruktionslösungen basiert. Der Holzbau besteht aus einer Reihe eigenständiger Volumen, die ein großzügiges Satteldach eint. Die interne Verflechtung und die Beziehung zwischen Innen- und Außenraum sollen den Kindern ein offenes Lernumfeld und zahlreiche Möglichkeiten für persönliche Entdeckungen bieten.

Leer(n)raum

Das Duo Alberto Bottero und Simona Della Rocca vom Turiner BDR bureau hat in Macerata eine neue Vorschule geplant, die auf typologischen Merkmalen und einfachen Konstruktionslösungen basiert. Der Holzbau besteht aus einer Reihe eigenständiger Volumen, die ein großzügiges Satteldach eint. Die interne Verflechtung und die Beziehung zwischen Innen- und Außenraum sollen den Kindern ein offenes Lernumfeld und zahlreiche Möglichkeiten für persönliche Entdeckungen bieten.

 

 

Der 600 Quadratmeter große, ebenerdig angelegte neue Schulbau der 40.000-Einwohner-Gemeinde in den Marken konnte dank der durchdachten Kon­struktion in Holzbauweise in nur 150 Tagen errichtet werden. 70 Kinder finden seit Januar 2024 in zwei Vorschulgruppen, einer Kindergartengruppe sowie dem Krippenbereich damit viel Fläche für soziale Interaktion und räumliche Erfahrung. Umgesetzt werden konnte dieses wegweisende Projekt, das aus einem Wettbewerb hervorgegangen war, dank einer Förderung durch die ABF – Andrea-Bocelli-Stiftung – in Kooperation mit der Gemeinde Macerata.

 

 

Chancen erkennen und nutzen

Die Vorschule für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren hatte es auch deswegen in dieses Sanierungsförderungsprogramm geschafft, weil es sich um eine umfassendere Initiative zur Wiederbelebung eines bestehenden Schulkomplexes im Bezirk Sforzacosta handelte. Parameter wie ein kleines Grundstück und ein knappes Bauzeitfenster inspirierten das Team von BDR bureau zu folgendem Konzept: Die Gestalt des neuen Gebäudes fußt auf einem System von scheinbar unzusammenhängenden Volumen und Zwischenräumen, wobei das große Schrägdach die eigentliche Nutzfläche der Grundschule definiert.

 

 

Drei für sich stehende Körper bieten in unterschiedlichen Formen und Proportionen Raum für die Klassen, Büros und technischen Einrichtungen. In Summe ergibt dies ein durchlässiges System, das sich nahtlos in den umgebenden Grünraum einfügt und interessante Blickwinkel in die Umgebung eröffnet. Bewusst inszenierte architektonische Elemente wie ein markantes Portal, ein Oberlicht über einem überhöhten Bereich und eine alleinstehende Stütze setzen Akzente innerhalb der Übergangsbereiche und sollen zum spielerischen Entdecken der Räumlichkeiten einladen. Zum pädagogischen Angebot zählen auch ein Musikraum, eine Sinneswerkstatt zur Erforschung von Gerüchen und Geschmäckern und eine Bibliothek. Dank einer vollausgestatten Küche können die Kinder direkt vor Ort versorgt werden und gemeinsam essen.

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Offen und freundlich

Der Holzrahmenbau basiert auf vertikalen Strukturen, wobei sich die gewünschte Transparenz der Fassaden als formgebend erwies. Diese Bauweise ermöglichte es den Architekt:innen außerdem, den regelmäßigen Rhythmus der vertikalen Tragelemente auch von außen sichtbar zu machen. Fassadenrücksprünge, die sich aus der verdrehten Anordnung der Volumen zueinander ergeben, schaffen großzügige überdachte Außenräume, die einen natürlichen Schutz vor der Sonne sowie wettergeschützte Aufenthaltsräume im Freien schaffen.

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Strahlende Oberflächen, lebhaft gemaserte helle Hölzer, einfache Formen und gezielt eingesetzte Textilien schaffen im Innenraum eine freundliche und einladende Atmosphäre, die viel Raum für die eigene Entfaltung lässt. Die Räume sind hoch und lichtdurchflutet gestaltet, wecken auf und regen zu gemeinsamen Aktivitäten an. Großzügige Fensterflächen, die bis zum Boden reichen, schaffen in Holz gerahmt den direkten Bezug zum Außenraum. Minimalistisch gehaltene Einbaumöbel zonieren den Raum, schaffen verschiedene Ebenen und bieten die Möglichkeit, Utensilien zu verstauen.

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Damit dient der Raum als wertfreier Rahmen, als eine Art leere Leinwand, die erst durch die Kinder und mitgebrachten Objekte in Farbe getaucht und zum Leben erweckt wird. In der nächsten Phase soll im Rahmen der Fertigstellung der Baumaßnahmen rund um das Bildungszentrum die Renovierung der Grundschulgebäude und der Turnhalle im Jahr 2024 abgeschlossen werden.

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Sforzacosta Vorschule
Macerata, Italien

Bauherr: ABF Andrea Bocelli Foundation
Planung: BDR bureau
Projektteam:
Partner: Alberto Bottero, Simona Della Rocca
Mitarbeiter: Morena Gagliardi, Alina Salahoru
Statik: Andrea Montagna

BGF: 530 m2
Planungsbeginn: 02 / 2023
Bauzeit: 06 – 11 / 2023
Fertigstellung: 11 / 2023

www.bdrbureau.com

 

„Wir waren schon immer daran interessiert, Räume zu gestalten, die einen positiven Einfluss auf das Leben der Menschen haben, die diese bewohnen oder nutzen. Wir glauben, dass dies für Architekturschaffende generell ein wichtiges Ziel ist. Das kann bedeuten, dass man radikal oder schnell und mit wenig Aufwand interveniert. Ein solcher Eingriff kann für die Raumnutzenden offensichtlich sein oder aber subtil, allein für das Auge der Architekt:innen erkennbar.“
Alberto Bottero und Simona Della Rocca, BDR bureau

 

 

Text: Linda Pezzei
Fotos: Federico Farinatti | BDR bureau