Mut zum Risiko
Was mit einem Grundstück inmitten des New Yorker Stadtteils Brooklyn tun, das zwar gute 30 Meter tief, aber nur rund vier Meter breit ist? Am besten etwas wagen und kreativ werden, so wie Karolina Czeczek und Adam Frampton mit ihrem Team des ortsansässigen Architekturstudios Only If. Der Neubau eines Einfamilienhauses schließt an eine bestehende Häuserzeile an und füllt eine Baulücke zum Teil auf.
Was mit einem Grundstück inmitten des New Yorker Stadtteils Brooklyn tun, das zwar gute 30 Meter tief, aber nur rund vier Meter breit ist? Am besten etwas wagen und kreativ werden, so wie Karolina Czeczek und Adam Frampton mit ihrem Team des ortsansässigen Architekturstudios Only If. Der Neubau eines Einfamilienhauses schließt an eine bestehende Häuserzeile an und füllt eine Baulücke zum Teil auf.
“Die Entdeckung dieses leerstehenden Grundstücks in New York City war das Ergebnis einer sechsmonatigen Suche nach unterschätzten, ungewöhnlichen oder übrig gebliebenen Flächen, die zu Wohnraum werden könnten. Als wir das leerstehende Grundstück in Bedford-Stuyvesant fanden, wussten wir, dass es Potenzial hatte, aber waren uns nicht sicher, ob es im Rahmen des Bebauungsplans überhaupt bebaut werden konnte. Wir mussten ein Risiko eingehen”, so Frampton.
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Obwohl ein Flächennutzungsbeschluss aus dem Jahr 1961 den Neubau von Wohngebäuden auf Grundstücken von weniger als 18 Fuß Breite (rund 5,5 Meter) in New York City generell verbietet, konnte in diesem speziellen Fall eine Ausnahmeregelung erwirkt werden. Als größte Gestaltungshindernisse empfanden die Architekten im Zuge der Planung allerdings weniger die begrenzte Grundstücksfläche als vielmehr den Umgang mit dem Tageslicht und die interne Erschließung. Die Bebauungsvorschriften diktierten ohnehin das Volumen des Gebäudes, das hauptsächlich in schwarzem Stuck ausgeführt wurde. Der Rest der Fassade zur Straße und zum Hinterhof besteht aus einer vorgehängten Glasfassade, die das Tageslicht ins Innere leitet.
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„Durch die großformatigen Fenster hat die Landschaft eine unerwartete Präsenz im Inneren des Hauses. Der Wechsel der Jahreszeiten, die Schatten, die Farben und die Bewegung der Bäume lassen uns die natürliche Umgebung in einer ansonsten dicht bebauten Nachbarschaft sehr bewusst wahrnehmen”, erklärt Czeczek die Vorzüge eines Konzepts, das ohne innere Scherwände auskommt, da das Gebäude an der vorderen und hinteren Fassade betreffend der seitlichen Stabilität ausgesteift wurde. So konnte der Rest der Räume offen und luftig gelassen werden – ein extremer Gewinn bei nur 335 Zentimetern nutzbarer Breite im Innenraum.
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Anstelle von Wänden schafft ein Split-Level-System räumliche Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Wohnfunktionen. Der vertikale Hohlraum innerhalb der zentralen, perforierten Stahltreppe wurde als Lichtschacht konzipiert, der – in der Mitte des Volumens situiert – weiteres Tageslicht einbringt. Das leicht über das Straßenniveau angehobene Erdgeschoss umfasst einen offenen Raum zum Wohnen, Essen und Kochen und öffnet sich im hinteren Teil über eine überdimensionale Glasschwenktür zum Hinterhof. Im Obergeschoss befinden sich auf verschiedenen Ebenen zwei Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer, das in ein drittes Schlafzimmer umgewandelt werden könnte. Die Planung? Kein Problem: Die Architekten waren in diesem Fall gleichsam die Bauherren.
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Das Wagnis hat sich bezahlt gemacht: Das Narrow House wurde als spezifische architektonische Lösung, die auch Prototyp für die Thematik der Nachverdichtung und eine Polemik über das Potenzial für typologische Erfindungen in limitierten urbanen Resträumen ist, für den Mies Crown Hall Americas Prize 2022 nominiert.
Text: Linda Pezzei
Fotos: Iwan Baan, Naho Kubota