Pure Konstruktionen und Materialehrlichkeit

Interview: Nach anfänglichen Soloprojekten bündelten die drei Architekten Michael ­Höcketstaller, Erhard Steiner und Hannes Sampl 2019 ihre Ideen und gründeten das Büro dunkelschwarz. Unter diesem Namen realisiert das Salzburger Trio nun gemeinsam Projekte unterschiedlicher Maßstäbe und Typologien und setzte sich jüngst mit seinem Entwurf für die "S-Link-Haltestelle" am Mirabellplatz in Salzburg durch.

Pure Konstruktionen und Materialehrlichkeit

Nach anfänglichen Soloprojekten bündelten die drei Architekten Michael ­Höcketstaller, Erhard Steiner und Hannes Sampl 2019 ihre Ideen und gründeten das Büro dunkelschwarz. Unter diesem Namen realisiert das Salzburger Trio nun gemeinsam Projekte unterschiedlicher Maßstäbe und Typologien und setzte sich jüngst mit seinem Entwurf für die „S-Link-Haltestelle“ am Mirabellplatz in Salzburg durch. Neben der Liebe zum Detail fällt dabei vor allem ein wiederkehrendes Thema auf: der Werkstoff Holz. Die drei Planer erzählen, was sie an dem Material schätzen, wo für sie die Herausforderungen liegen und warum sie Holz trotzdem nicht als Generallösung erachten.

 

Michael ­Höcketstaller, Erhard Steiner und Hannes Sampl von dunkelschwarz.
© Carina Brunnauer

 

Die Projekte auf Ihrer Website wirken alles andere als dunkel oder schwarz – woher kommt der Name Ihres Büros?

Wir wollten nicht einfach unsere drei Nachnamen aneinanderreihen, sondern etwas Neues schaffen. Der Name unseres Büros baut auf dem Klischee auf, dass alle Architekt:innen gerne Schwarz tragen und stellt so einen Bezug zur Architektur her – er ist natürlich mit einem gewissen Augenzwinkern zu verstehen. Da es dunkelschwarz als Farbe ja nicht gibt, soll der Büroname zum Synonym werden, zu einem neuen Namen, der sich mit neuen Bedeutungen aufladen lässt und der alles sein kann.

Aus Ihren Projekten und Auszeichnungen lässt sich eine gewisse Tendenz für den Holzbau ablesen – wie entstand dieser Fokus?

Er kommt sicher aus einer gewissen Haltung zur Architektur heraus. Vor der Gründung von dunkelschwarz haben wir uns alle drei unabhängig voneinander selbstständig gemacht und die Liebe zum Holz war bei uns allen schon vorher da. Das heißt aber nicht, dass wir ausschließlich mit diesem Baustoff arbeiten möchten. Vielmehr geht es für uns beim Thema Holzbau um konstruktive Kriterien. Holz setzt voraus, dass man gut konstruiert. Anders als bei einer Schalung, in die man den Beton hineingießt und alle gewünschten Formen kreiert, muss man sich beim Bauen mit Holz zuerst die Konstruktion überlegen. Das führt meist automatisch zu einer gewissen architektonischen Ausdrucksweise.

 

Den Kindergarten in Wals-Grünau erweiterte dunkelschwarz um einen Anbau mit vier weiteren Gruppen
Den Kindergarten in Wals-Grünau erweiterte dunkelschwarz um einen Anbau mit vier weiteren Gruppen. Als Massivholzkonstruktion führt der Neubau Typus, Maßstab und Geschossigkeit des Bestands fort und nimmt mit seiner Raumkonfiguration gleichzeitig Rücksicht auf die Kinder. © Albrecht Schnabel

 

Was ist für Sie das Spannendste am Thema Holzbau?

Grundsätzlich finden wir das Pure in der Architektur sehr spannend – das ist materialunabhängig unsere Grundhaltung. Wir schätzen es, wenn konstruktive Elemente und Werkstoffe sichtbar bleiben, anstatt hinter diversen Schichten versteckt zu werden. Wir streben bei allen unseren Projekten nach puren Konstruktionen und einer gewissen Ehrlichkeit des Materials. Das symbolisiert für uns auch einen Nachhaltigkeitsgedanken und einen wertschätzenden, sparsamen Umgang mit Ressourcen. Beim Holz ist das besonders interessant, weil es in dieser Hinsicht wohl am dankbarsten ist und das Material allein dem Raum sehr viel gibt. Wenn wir uns bei einem Projekt für Holz entscheiden, schwingen dann natürlich die diversen Vorteile des Baustoffs mit, aber nicht nur – im Vordergrund stehen für uns die atmosphärischen Qualitäten.

Auf welche besonderen Herausforderungen stößt man beim Bauen mit Holz Ihrer Meinung nach?

Im Prinzip steckt in der größten Qualität des Baustoffs auch die größte Challenge: Er setzt einen hohen Detaillierungsgrad und eine präzise Planung voraus. Wenn man pur und unverkleidet arbeiten will, muss aufgrund der werkseitigen Fertigung von der Konstruktion bis hin zu Steckdose und Lichtschalter alles exakt positioniert sein. Dadurch beschäftigt man sich im Vorfeld sehr genau mit jedem Projekt. Das resultiert wiederum in einer höheren Qualität in der Ausführung.

Eine weitere Herausforderung steckt auch in der Überzeugungsarbeit, die es oft zu leisten gilt und die wohl ein gesellschaftliches Phänomen darstellt. Während die Unperfektheit und der Charakter des Materials in alten Gebäuden meist geschätzt werden, wünschen sich Bauherr:innen heute wartungsarme Baustoffe, die in 10 Jahren noch immer gleich aussehen. Ein Holz altert aber, es bekommt eine Patina und verändert sich. Hier bemerken wir oft ein gewisses Missverständnis des Naturwerkstoffs – insbesondere bei Themen wie Brandschutz und Witterungsbeständigkeit wird das Holz gern unterschätzt.

 

Umbau der Ceconi Villa in Salzburg mit Architekt Georg Huber im Zuge des Wohnbauprojektes Rauchmühle. © dunkelschwarz
Umbau der Ceconi Villa in Salzburg mit Architekt Georg Huber im Zuge des Wohnbauprojektes Rauchmühle. © dunkelschwarz

 

Ist Holz allein genug für nachhaltige Architektur? Was braucht es sonst noch?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Nachhaltigkeit ist für uns keinesfalls materialspezifisch und Holz keine Generallösung. Bei uns in Österreich stellt Holz als nachwachsender Baustoff häufig eine nachhaltige Wahl dar, aber selbst hier kommt das Naturmaterial nicht immer aus Österreich, weil es als Industrieprodukt möglichst billig eingekauft wird. In einer Region, in der kein Holz wächst, ist ein Holzhaus per se aber nicht nachhaltig. Unseres Erachtens geht es vorrangig darum, für jedes Projekt die dem Ort entsprechende Herangehensweise und Konstruktion zu finden. Ein Gebäude ist dann nachhaltig, wenn es möglichst lang genutzt wird. Die oberste Prämisse sollte bei einem Neubau daher sein, ihn möglichst lang- und weitsichtig zu planen – das heißt, ihn nutzungsneutral oder adaptierbar zu gestalten – und die Nutzer:innen zufriedenzustellen. Nach diesen übergeordneten Themen geht es dann um sekundäre Fragen wie Materialwahl und Energiekonzept. Wenn es eine erhaltenswerte Bestandsstruktur gibt, ist es natürlich am sinnvollsten, mit dieser grauen Energie weiterzuarbeiten – daraus ergeben sich dann auch spannende, neue Lösungen.

Wenn wir beim Thema Bestandsbauten bleiben – was kann man von traditionellen Typologien lernen?

Das sieht man am besten bei Gründerzeitbauten, die dank Grundrissen mit quadratischen Räumen und Durchgangszimmern flexible Nutzungen zulassen – sei es zum Wohnen oder Arbeiten. Auch in Sachen Akustik und Energieeffizienz könnte man sich hier oft ein Scheibchen abschneiden. Moderne Wohnbauten lassen sich hingegen häufig nur schwer adaptieren. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte man bei Neubauten mehr über Nutzungsflexibilität sprechen – und neutrale Grundrisse einem „Maßanzug“ vorziehen.

Denken wir an Bauen im Bestand, so bieten bestehende Strukturen unserer Meinung nach attraktive Denkansätze für neue Projekte. Bestandsbauten geben einen Rahmen vor, mit dem man sich auseinandersetzen muss und den es in eine neue Lösung zu integrieren gilt. Und genau diese Herausforderung macht es so interessant.

 

Visualisierung der neuen Schafbergbahn Talstation in St. Wolfgang © dunkelschwarz
Visualisierung der neuen Schafbergbahn Talstation in St. Wolfgang © dunkelschwarz

 

Wie stellen Sie bei größeren Projekten – wie jetzt dem Infrastrukturprojekt in Salzburg – sicher, die Liebe zum Detail nicht zu verlieren?

Bei all unseren Projekten – ob groß oder klein – steht für uns das Miteinander im Mittelpunkt. Wir entwerfen aber keinesfalls immer zu dritt nebeneinander, sondern eher auf verschiedenen Ebenen bzw. Tiefen, die sich ergänzen. Das bedeutet, dass einer unmittelbar am Projekt arbeitet, der zweite hat etwas mehr Abstand und der dritte ist wiederum nur sporadisch dabei – und behält dadurch besser den Überblick. Den Detailanspruch haben wir aber bei jedem Maßstab. Wobei die Herausforderung darin steckt, sich bei größeren Projekten auf das Gesamtbild zu konzentrieren und sich nicht in kleinen Details zu verlieren. Diesen Umgang mit Maßstabssprüngen dürfen wir gerade selbst lernen und versuchen deren Potenzial bestmöglich zu nutzen.

Was sind Ihre Anforderungen an sich selbst und was darf man in Zukunft erwarten?

Uns ist wichtig, komplexe Fragestellungen herunterzubrechen und darauf einfache Antworten zu finden. Je kniffliger die Aufgabe, desto spannender ist es, eine klare Position zu beziehen und diese dann auch zu verfolgen. Die schönsten Projekte sind meist jene, bei denen wir eine klare Idee vor Augen haben bzw. es uns gelingt, eine gewisse Haltung einzunehmen – der Fokus variiert dabei natürlich abhängig von der Bauaufgabe und muss keinesfalls jedes Mal der gleiche sein. Besonderen Wert legen wir darauf, individuelle Antworten zu finden und an unseren Projekten zu wachsen. Wir möchten uns mit jedem von ihnen weiterentwickeln und uns stets neu hinterfragen – wenn man das in ein paar Jahren an unseren Projekten ablesen kann, wären wir schon stolz. Unser Aufgabenspektrum ist glücklicherweise breit gefächert – sowohl hinsichtlich des Maßstabs als auch der Typologie – deshalb stoßen wir stets auf neue Fragen, die neue Antworten erfordern. Das wollen wir auch in Zukunft so weiterführen.

www.dunkelschwarz.com

 

 

Interview: Edina Obermoser