Wiederauferstehung

Nach mehr als 60 Jahren im Dornröschenschlaf und der Funktion als Bücherdepot feierte die Rote Kirche in Olomouc sozusagen ihre Auferstehung und hat sich mittlerweile zu einem wichtigen kulturellen Zentrum der Stadt entwickelt. Das Studio atelier-r ergänzte das denkmalgeschützte Gebäude um einen zeitgemäßen Anbau für die Technik und verschiedene Nutzungen.

Wiederauferstehung

Nach mehr als 60 Jahren im Dornröschenschlaf und der Funktion als Bücherdepot feierte die Rote Kirche in Olomouc sozusagen ihre Auferstehung und hat sich mittlerweile zu einem wichtigen kulturellen Zentrum der Stadt entwickelt. Das Studio atelier-r ergänzte das denkmalgeschützte Gebäude um einen zeitgemäßen Anbau für die Technik und verschiedene Nutzungen.

 

 

Wie sich Architektur von außen betrachtet vornehm zurückhalten, sich anschmiegen ohne anzubiedern und Bestehendes in seinem Ausdruck stärken anstatt schwächen kann, beweist der Zubau zur Roten Kirche im tschechischen Olomouc von atelier-r. Betreffend der Auswahl der Materialien und Oberflächen im Innenraum arbeiteten die Architekten eng mit dem Studio Denisa Strmiskova zusammen. Das Ergebnis zeigt eindrucksvoll, welche räumliche Strahlkraft eine minimalistische und elegante Designsprache in ihrer detaillierten Ausführung entfalten kann.

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Vom Bücherdepot zum öffentlichen Zentrum

Seit 1959 war die Rote Kirche von der Forschungsbibliothek Olomouc als Bücherdepot genutzt worden und damit für die Öffentlichkeit unzugänglich. Als der Platz schließlich knapp zu werden drohte, beschloss die Gemeinde, ein neues Bibliotheksgebäude zu errichten, um den Lagerbedarf zu decken und die ehemalige protestantische Kirche für kulturelle Veranstaltungen wie kleinere Konzerte, Lesungen, Vorträge oder Kunstausstellungen zu öffnen. Auch ein Informationszentrum für die Forschungsbibliothek und die Region sollte entstehen.

Die Hauptaufgabe der Architekten bestand darin, die Gesamtrekonstruktion des historischen Bauwerks mit den neuen kulturellen und sozialen Funktionen zu verbinden. Aufgrund des schlechten baulichen Zustands mussten zuerst die Fundamente verstärkt, das Mauerwerk ausgebessert, Stuck und Putz repariert und die Fassadenverkleidung Instand gesetzt werden. Auch die Fußböden wurden von Grund auf erneuert und das Dach samt Dachstuhl möglichst originalgetreu komplett ersetzt. Da der Bestand das gewünschte Raumprogramm nicht abbilden konnte – die Architekten aber größere bauliche Veränderungen an dem bestehenden historischen Gebäude vermeiden wollten –, entschied man sich dazu, einen neuen Baukörper anzufügen.

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Demut zeigen …

Der neue Trakt ist genau zwischen der Kirche und der Bibliotheksdirektion situiert und verbindet die beiden Bauteile auf praktische Weise miteinander. Dabei respektiert der moderne Gebäudeteil die Kante der Bezručova-Straße und hält gebührenden Abstand zu den bestehenden Gebäuden. Ihre Antwort auf den neugotischen Stil der Kirche formulierten die Architekten anhand einer kristallinen Masse, die sich aus ihrer geometrischen Form, ihrem Volumen und dem Grundriss ergibt. Dieser bildet einen Teil des Kirchengrundrisses ab, der nur außerhalb der ursprünglichen Ebene verschoben wurde. Die Wände und das Dach wurden aus mattschwarzem Aluminium gefertigt und lassen den Anbau dezent in den Hintergrund treten. Wo sich früher ein abgrenzender Zaun befand, legten atelier-r einen einladenden, ­piazza­artigen Platz mit Sitzgelegenheiten und entsprechender Begrünung an.

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… und mit wahrer innerer Größe strahlen

Über eine gemeinsame Empfangshalle mit Rezeptionstresen und Cafébereich gelangen die Besucher entweder in den Kirchenraum oder den Verwaltungstrakt. Die Betonflächen in der Farbe pastellrosa fügen sich mit den Oberflächen der Böden, Möbel oder Wände im gesamten Raum zu einer stimmigen Einheit. Eine massive, mit alten Büchern bestückte Regalwand dominiert den Innenraum. Am Abend tritt sie von hinten beleuchtet stimmungsvoll mit dem von innen strahlenden Kirchenschiff in Dialog. Vor der Wand schweben als bestimmende verbindende Elemente im Raum bunt gefärbte Glasleuchten an Nylonseilen scheinbar über den Köpfen der Besucher. Aus bestimmten Winkeln betrachtet, spiegeln sie die Häuser in der Straße oder die Kirche wider und lassen dadurch die Grenze zwischen Außen- und Innenraum verwischen.

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Wer die meditative Atmosphäre des Raumes genießen möchte, lässt sich am besten auf einem der bequemen Holzstühle und Sessel nieder, die sich – ebenso wie das Element des Bücherregals – auch im Kirchenraum und Café wiederfinden. Die Café-Tische sind Sonderanfertigungen aus der Feder des Studios Denisa Strmiskova und in ihren Details und Materialien von den traditionellen Elementen in der Kirche inspiriert.

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Der Entwurf des Zubaus zur Roten Kirche von ­atelier-r zeigt auf einnehmende Weise, was Material, Raum und Gestaltung fein nuanciert und bescheiden gedacht, im Zusammenspiel mit Bestehendem und dem öffentlichen Raum für die Allgemeinheit bewirken können. So würdigt das neu geschaffene Ensemble nicht nur die Historie des Bestands, sondern führt dessen Erbe entschlossen in die Zukunft.

 

 

 

Rekonstruktion der Roten Kirche
Olomouc, Tschechische Republik

Bauherr: Region Olomouc, Forschungsbibliothek Olomouc
Planung: atelier-r
Design Team: Miroslav Pospíšil, Daria Johanesová
Innenarchitektur: Denisa Strmiskova Studio

Grundstücksfläche: 870 m2
Bebaute Fläche: 606 m2
Nutzfläche: 590 m2
Planungsbeginn: 2018
Bauzeit: 2 Jahre, 8 Monate
Fertigstellung: 05/2023
Baukosten: 7.2 Mio. Euro

www.atelier-r.cz/en/

 

 

Text: Linda Pezzei
Fotos: BoysPlayNice