Wohnen wird wichtiger
Das Thema „Wohnen“ gehört zu den Lebensbereichen, die in der Corona-Krise an Bedeutung gewonnen haben und für die wir mehr Zeit und Geld zu investieren bereit sind. Der Beitrag Wohnen wird wichtiger erschien zuerst auf architektur-online.
Das Thema „Wohnen“ gehört zu den Lebensbereichen, die in der Corona-Krise an Bedeutung gewonnen haben und für die wir mehr Zeit und Geld zu investieren bereit sind.
Foto: Alexander Schneider; Koelnmesse
Das private Zuhause ist nun mehr denn je Rückzugsort, Treffpunkt für den engeren Freundes- und Familienkreis, Schutzraum und Arbeitsplatz zugleich. Die deutsche Möbelindustrie bietet Produktlösungen für die veränderten Anforderungen an das Wohnen an. Die imm cologne 2021 (20.01. – 23.01.2021) bildet in einer Sonderedition diese strukturellen Entwicklungen ab.
Auch auf der kommenden internationalen Einrichtungsmesse imm cologne dürfte der Einfluss der Pandemie-Erfahrung auf die Wohnkultur und das damit verbundene Kaufverhalten das bestimmende Thema sein. Was bedeutet das Trauma vom Lockdown und vom Verlust des Freiheitsgefühls für die Branche, die davon lebt, dass die Menschen es sich zuhause schön und komfortabel machen?
Mit der Corona-Pandemie wurde die Wohnung auf einmal zum Lebensmittelpunkt. Für alle. Allein die erhöhte Verweildauer verändert für viele Bevölkerungsgruppen die Sicht auf das eigene Heim. Die gerade von jungen Menschen oft nur als funktionale Zwischenstation in einem freizeit- und berufsorientierten Leben definierte Wohnung wurde mit einem Schlag zum Schutzraum, zur Powerbank, zum Treff- und Lebensmittelpunkt. Die Frage, die die Branche bewegt, ist: Welche Wachstumstreiber haben Einfluss auf die Einrichtungsbranche?
Foto: Koelnmesse | Aussteller: Vitra
Das Zuhause wird zur Schutzzone
Unter dem Trendbegriff Cocooning versteht man im Allgemeinen ein soziales Einigeln und eine Flucht aus einer bedrohlich empfundenen, komplexen und unübersichtlichen Umwelt in das überschaubare Zuhause. Der Begriff wurde erstmals im Jahr 1981 von der Trendforscherin Faith Popcorn verwendet, die von einem radikalen Rückzug ins Private spricht. Eine solche Reaktion scheint aktuell begründeter denn je und trifft sicherlich das derzeitige Lebensgefühl vieler. Gleichzeitig werden jedoch die Rufe einer großen Gruppe nach Rückkehr zu einem sozial aktiven Leben laut. Der Rückzug bleibt erzwungen und äußert sich in dem Wunsch nach einer Einrichtung, in der das ambivalente Gefühl zwischen Abschottung und Öffnung umsetzbar ist: Im Trend sind bedarfsweise zu öffnende Räume, über die wir ein gewisses Maß an Kontrolle haben.
Foto: Koelnmesse | Aussteller: Papadatos
Rückzug ins Private – aber Family & Friends sind immer dabei
Dem Cocooning folgte der seit Anfang der 2000er aufkommende Trendbegriff „Homing“ für eine ins Positive gewendete Sehnsucht nach einem schönen, aber mit dem sozialen Kreis geteilten Heim. Freilich gibt es auch hier ein Rückzugsmotiv; dominierend bei der Verlagerung vieler sozialer Aktivitäten in die eigenen vier Wände ist aber die zunehmende Individualisierung. Homing differenziert die Wohnung in private Räume wie Schlafzimmer oder Badezimmer sowie in (halb-)öffentliche Zonen, in denen man sich mit Freunden, Verwandten und Bekannten trifft, gemeinsam Filme schaut und per Live-Stream vom Homeoffice aus mit der Welt verbunden bleibt.
Vor allem die Küche und das Badezimmer haben mit Homing eine Aufwertung erfahren und werden wohnlicher gestaltet. Hinzu tritt immer mehr – nicht nur Corona-indiziert – der Outdoor-Bereich. Kommunikative Wohnzonen sind zum Beispiel große Tische, Kochinseln oder die Terrasse. Die Verkleinerung unseres Radius wird daher durch ein Investment in Gemütlichkeit und in Komfort kompensiert. Wohn-Lust statt Wohn-Frust: Wohnen wird insgesamt wichtiger.
Foto: Koelnmesse | Aussteller: AMBIVALENZ
Urbanisierung und die Verknappung von Wohnraum
Urbanisierung und die damit einhergehenden Herausforderungen stellen eines der größten Probleme der Zukunft dar und zählen nach der Klima-Debatte zu den dominierenden Themen im öffentlichen Diskurs. In Ballungsräumen und an den Stadträndern führt die Verknappung und Verdichtung des Wohnraums auch zu anziehenden Grundstückspreisen. Die Einrichtungsindustrie antwortet darauf u.a. mit innovativen Möbeln mit Mehrfachnutzen, bei denen auf Komfort nicht verzichtet werden muss: Das Interior Design wird für beschränkte Wohnungsgrößen optimiert.
Foto: Constantin Meyer; Koelnmesse | Aussteller: Richard Lampert
Die Arbeitswelt ins Private holen
Durch die Wohnraumverknappung und die hohen Kosten im urbanen Raum ist die Einrichtung eines Homeoffice oft nur durch eine Mehrfachnutzung realisierbar. Gefragt sind daher nicht nur intelligente Möbel-Lösungen für die neuen Anforderungen an das Arbeiten im Homeoffice, sondern auch neue Raumlösungen. Die Alternative ist die Vergrößerung der Raumfläche – durch Anbau, Umnutzungskonzepte, Umzug oder Neubau. Corona bringt auch in diesem Bereich Bewegung in die Wohnung und bei Kaufentscheidungen für neue Möbel. Das neue Homeoffice ist Wachstumstreiber bei der Ausstattung mit Technik, Möbeln und Einrichtung.
Foto: Koelnmesse | Aussteller: Ferm Living
Urbane Apartmenthäuser: neue Wohn- und Gemeinschaftsmodelle als Wachstumsmarkt
Für alle modernen Nomaden, Experts, Studenten und Singles, die urbandes Flair mit modernem Wohnkomfort verbinden wollen und dafür auf Wohnfläche verzichten können, bieten sich mit dem neuen Angebotsfeld gemanagter Immobilien diverse Möglichkeiten, neue Wohnkonzepte auszuprobieren. Mit der wachsenden Bedeutung der Mikrostrukturen im direkten und indirekten Wohnumfeld – Außen- und Servicebereiche, Hinterhöfe und Dachgärten, Straßencafés und lokale Infrastruktur – und der zunehmenden Unabhängigkeit vom Präsenzarbeitsplatz Büro bieten solche Wohnformen eine attraktive Nische für Anbieter und User. Shared Housing bietet auch für die Einrichtungsbranche Potenzial für neue Lösungen.
Foto: Koelnmesse | Aussteller: Hartmann
Wohnen mit nachhaltig gutem Gewissen
Schon lange vor der Ausbreitung der Corona-Pandemie wurden Nachhaltigkeitskriterien beim Möbelkauf nachgefragt. Die Langlebigkeit von Möbeln – etwa aufgrund erhöhter Design- und Verarbeitungsqualität – wird bei der Kaufentscheidung immer wichtiger, aber auch die „grüne“ Geschichte hinter dem Möbel. Professionelle Einkäufer und Designentscheider legen bei ihrer Kaufentscheidung daher den Fokus stärker auf nachhaltige Produkte. Deko-Elemente mit floralen Mustern oder die Farbe Grün gelten als Signal für das Thema Nachhaltigkeit. Natürliche oder recycelte Materialien und ein grünes Einrichtungsthema werden auch den Möbelbau beeinflussen.
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