Zwischen See und Landschaft

Zwischen Bregenz, Bodensee und Pfänder gelegen befindet sich das neue Strandbad Lochau aus der Feder von Innauer Matt Architekten. Unter einem weit ausladenden Dach aus Holz und gerahmt von einer großzügigen Mauer aus hellem Beton befinden sich die notwendigen Infrastrukturgebäude, gekleidet in ein verspieltes Ensemble aus verschiedenen Holzstrukturen. Entstanden ist ein Bauwerk mehr Mittler als Abgrenzung zwischen Landschaft und See.

Zwischen See und Landschaft

Zwischen Bregenz, Bodensee und Pfänder gelegen befindet sich das neue Strandbad Lochau aus der Feder von Innauer Matt Architekten. Unter einem weit ausladenden Dach aus Holz und gerahmt von einer großzügigen Mauer aus hellem Beton befinden sich die notwendigen Infrastrukturgebäude, gekleidet in ein verspieltes Ensemble aus verschiedenen Holzstrukturen. Entstanden ist ein Bauwerk mehr Mittler als Abgrenzung zwischen Landschaft und See.

 

Strandbad Lochau von Innauer Matt Architekten

 

Das kleine Städtchen Lochau befindet sich im österreichischen Bundesland Vorarlberg, herrlich gelegen zwischen dem 1064 Meter hohen Pfänder und dem östlichen Bodensee, der sogenannten Bregenzer Bucht. Neben dem 2018 durch die Architekten Manfred Koller und Helmut Kuess fertiggestellten Gemeindehaus kann die Gemeinde seit vergangenem Jahr ein weiteres architektonisches Schmuckstück vorweisen: ein von Innauer Matt Architekten entworfenes Strandbad. Dieses bietet nicht nur einen wunderbaren Blick auf den Bodensee und Bregenz, es fügt sich in seiner Ausgestaltung selbst trefflich in die bestehende Naturlandschaft ein.

 

Strandbad Lochau von Innauer Matt Architekten

 

Bei der ersten Begehung fanden die Architekten ihr Baufeld im räumlichen Kontext eines bestehenden Wassersteges und der neuen Mündung des Kugelbeerbaches vor. Schnell war klar: zwischen See und Landschaft sollte ein flacher, eingeschossiger Baukörper entstehen, der sich harmonisch in die Umgebung einfügt. Ein vorhandener Radweg wird von den neuen Begrenzungsmauern in hellem Beton eingefangen, zum Strandbad geleitet und mündet schließlich in einem übersichtlichen und sicheren Abstellplatz für die Zweiräder. Die Mauern strukturieren aber gleichzeitig auch den Außenraum, gliedern Ruhe- und Aktivitätsbereiche an das Gebäude an und bilden einen großzügigen Freibereich für die Badegäste aus.

 

Strandbad Lochau von Innauer Matt Architekten

 

Ein weit auskragendes Dach schafft nicht nur einen geschützten Vorplatz, die Besucher werden durch die Geste auch intuitiv zum Eingang geleitet. Gleichzeitig sorgt das in hellem Holz gehaltene Dach für einen weichen, kaum merklichen Übergang zwischen Gebäude und Seelandschaft und fasst die verschiedenen Infrastrukturgebäude unter sich zusammen. Einen Raumverbund bilden dabei der Eingangsbereich und der Kiosk, welche sich sowohl zum Radweg als auch zum See hin orientieren und öffnen. Die großzügige Terrasse des Kiosks ist durch einen leichten Höhenunterschied mit Mauereinfriedung vom Seeufer niederschwellig getrennt und dennoch sowohl für Badegäste als auch Besucher barrierefrei zugänglich. Gegenüber dem Eingang befindet sich die auf kurzem Wege zu erreichende Umkleide sowie daran angegliedert Nass- und Spind-Bereiche.

 

 

Konstruktiv orientierten sich die Planer an der jahreszeitlich bedingten, saisonal geprägten Nutzung des Gebäudes. Eine Balkenlage trägt das große flache Dach, das aus einer Holzplatte besteht. Dieses wiederum wird getragen von einem zentralen Rückgrat aus kräftigen Brettsperrholzplatten, die in Form von kleinen Wandscheiben und einem breiten Unterzug ausgeführt wurden. Zarte Außenstützen vervollständigen die Tragstruktur schließlich, indem sie jeweils einen ebenso schlanken Unterzug tragen. Die räumliche Stabilität und Aussteifung basiert auf der Dachscheibe in Verbindung mit kleinen Querwandscheiben, welche dank der rückwärtigen Stahlbetonwand noch um eine längsaussteifende Wirkung ergänzt wird. Das punktuell auf die Dachplatte aufgesetzte leichte Stahlgerippe ist mit einem verzinkten Stahlgewebe versehen und rundet den Anblick des Bauwerks nicht nur optisch ab, es kaschiert auch ganz nebenbei charmant die technischen Aufbauten und dient gleichzeitig als Display für das Signage des Seebads.

 

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Das helle Grau der Betonelemente harmoniert ausgezeichnet mit den in unterschiedlicher Form strukturierten warmen Holztönen von Wänden, Trag­elementen und Dach. Dazu kommen als natürliche Farbelemente das satte Grün der sommerlichen Uferpromenade und das in der Sonne glitzernde Blau der Wasserfläche. Auf diese Weise wirkt das langgestreckte Gebäude so natürlich, so selbstverständlich in die Natur integriert, als wäre es schon immer da gewesen. Dabei zu keinem Zeitpunkt störend, laut oder aufdringlich, vielmehr als stiller Betrachter des bunten Treibens auf dem weiten See.

Der angenehme Charakter des neuen Gebäudes wird maßgeblich durch die feingliedrige Architektursprache geprägt und den unmittelbaren Ausdruck von Konstruktion und Materialität. Die betonierten Wandscheiben vermitteln bodenständige Stabilität, eine Möglichkeit der Orientierung sowie eine gewisse Wegeführung, aber auch Sichtschutz und einen Ort zum Anlehnen. Der einfach strukturierte Holzbau fügt sich als harmonischer Kontrastpunkt spielerisch in diese Betonstruktur ein. Das leichte Stab- und Flächentragwerk weckt dabei Assoziationen an eine sommerliche Gartenlaube. Gerade der experimentelle Umgang mit den verschiedenen Holzelementen – mal durchlässig, mal geschlossen und sich dabei in der Geometrie stets wandelnd – lässt ein tiefes Gefühl sommerlicher Entspanntheit aufkommen.

 

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Der besondere Reiz und der sympathische Ausdruck des Strandbads von Innauer Matt Architekten gründet zum einen in der charmanten Schlichtheit des Gebäudes: Sowohl die Tragstruktur als auch die Materialitäten sind an jedem Punkt klar ablesbar, was zur Folge hat, dass der Betrachter das Bauwerk und die Idee dahinter ganz unwillkürlich erkennt und versteht. Zum anderen werten gerade die bescheidene Zurückhaltung von Gestalt und Oberflächen das Strandbad enorm auf. Die Kubatur – zugleich plastisch greifbar wie auch optisch durchlässig – wird durch die umgebende Naturlandschaft emporgehoben, ohne ihr dabei die Show stehlen zu wollen. Was bleibt: ein Strandbad zwischen See und Landschaft, ein Bauwerk, das das Auge erfreut und dennoch einfach nur seinem Zweck dienen möchte.

 

Strandbad Lochau
Lochau, Vorarlberg

Bauherr: Gemeinde Lochau
Planung: Innauer Matt Architekten
Mitarbeiter: DI Simon Moosbrugger (PL Architektur), Flatz&Jäger (ÖBA)
Statik: Merz Kley Partner

Grundstücksfläche: 760 m2
Bebaute Fläche: 527 m2
Bruttogeschossfläche: 477 m2
Bauzeit: 10 Monate
Fertigstellung: 05/2020

www.innauer-matt.com

 

Text: Linda Pezzei
Fotos: Adolf Bereuter