Beton & Zement Jahresrückblick 2021
Auch dieses Jahr geben wir wieder einen großen Jahresrückblick zum Thema Beton und Zement, voll mit ausgewählten Projekten und innovativen neue Technologien.
In 45 Stunden gedruckt
Österreichs erstes Gebäude aus dem 3D-Drucker wird im niederösterreichischen Hausleiten entstehen: Der Bautechnologiekonzern STRABAG setzt gemeinsam mit dem Gerüst- und Schalungshersteller und 3D-Betondruck-Pionier PERI einen rd. 125 m2 großen Bürozubau der Asphaltmischanlage in Hausleiten um. Der Trockenmörtel für den 3D-Druck, der lange Verarbeitbarkeit und gute Pumpbarkeit garantiert, kommt dabei von Lafarge.
„Der 3D-Betondruck bringt einen wichtigen Innovationsimpuls für die Baubranche und ist eine spannende Ergänzung zu anderen Bauweisen. Wir wollen mit diesem Praxistest gemeinsam mit unseren Partnern den 3D-Betondruck weiterentwickeln. In Hausleiten konnten wir bereits bei der gemeinsamen Planung wichtige Erkenntnisse für den künftigen Einsatz erzielen“, sagt der für Digitalisierung und Innovation verantwortliche STRABAG-Vorstand Klemens Haselsteiner.
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3D-Druck bietet dort, wo er technisch und finanziell eingesetzt werden kann, mehrere Vorteile: Die maximale Druckgeschwindigkeit des in Hausleiten eingesetzten BOD2 Portaldruckers liegt bei einem Meter pro Sekunde und verkürzt die Bauzeit deutlich. Der Rohbau in Hausleiten wird somit in rund 45 Stunden reiner Druckzeit fertiggestellt sein. Darüber hinaus ermöglicht der 3D-Druck Gestaltungsfreiräume gegenüber dem klassischen Betonbau, wie z.B. architektonisch ansprechende abgerundete Formen. „Gebäude aus dem 3D-Drucker etablieren eine neue Sprache für Beton, die digital und umwelttechnisch fortschrittlich ist. Das intelligente Material erlaubt architektonische Freiheit in der Formensprache und überzeugt in der Anwendung. So sind wir in der Lage, mehr mit weniger zu bauen“, so Berthold Kren, CEO bei Lafarge Österreich.
Himmelsschnecke
Das Verwaltungszentrum des Bundes in Ittigen wurde von Berrel Kräutler Architekten mittels zweier gleichgerichteter, langgezogener und kompakter Baukörper weitergestrickt. Das Ergebnis: eine Campusanlage mit rhythmisch versetzten Platz- und Gassenräumen. Um einen zentralen Betonkern gliedern sich sieben umlaufende Geschosse aus einer Holz-Beton-Verbundkonstruktion, die ein Atrium mit vielfältigen Begegnungszonen einschließen.
Das Verwaltungszentrum des Bundes in Ittigen beherbergt seit 2006 verschiedene Ämter des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation. Im offenen und anonymen Wettbewerb zur Erweiterung des Standortes im Kanton Bern um 900 Arbeitsplätze in zwei Etappen, konnten Berrel Kräutler Architekten die Jury von ihrem Konzept überzeugen. Neben dem ausgeprägten Gespür für Formen und Funktionen, konnte das Büro mit Sitz in Zürich für den Entwurf auf eine langjährige Erfahrung mit organisatorisch komplexen, großmaßstäblichen Bauten zurückgreifen.
Im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) engagieren sich insgesamt über 2.500 Menschen für eine nachhaltige Entwicklung und den Service public. Dazu zählen moderne Verkehrswege, Kommunikations- und Stromnetze, aber auch Belange von Umwelt, Gesundheit und Sicherheit. Der Standort in Ittigen soll nun etappenweise erweitert werden. Im ersten Schritt ergänzten die Architekten das vorgefundene Bebauungsmuster um zwei gleichgerichtete, langgezogene und kompakte Baukörper. Als Resultat ist ein belebter Campus entstanden, der sich durch rhythmisch versetzte Platz- und Gassenräume definiert. Das erste Gebäude wurde im Sommer 2020 fertiggestellt und bereits bezogen.
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Das Volumen des siebengeschossigen Neubaus folgt auf horizontaler wie vertikaler Ebene klaren Strukturen. Kern des Bauwerks ist ein Atrium, das sich als Raumskulptur für den Betrachter überraschend zwischen den beiden kunstvoll geformten Treppenhäusern aus Ortbeton – einer handwerklichen Meisterleistung – aufspannt. Diese wiederum winden sich schneckenhausgleich in Richtung Himmel und öffnen wie durch ein Fernrohr den Blick nach oben. Um den zentralen Betonkern gliedern sich umlaufende Geschosse, die aus einer Holz-Beton-Verbundkonstruktion bestehen.
Obgleich das Atrium von mehreren massiven Körpern durchdrungen wird, gelangt das Sonnenlicht dennoch bis ins Erdgeschoss. Auf diese Weise ergibt sich – fast wie im Streiflicht – eine Art eigener kleiner Kosmos fernab der Außenwelt, einzig begrenzt vom blauen Himmel. Das Thema der Durchblicke und Einblicke spiegelt die wichtigen Werte der Institution wider: Kommunikation und Gemeinschaft. Dementsprechend befinden sich in diesem Bereich die Sitzungszimmer und Aufenthaltsräume. Das Zentrum des Gebäudes dient aber auch der Ankunft, Begegnung und Verteilung von Mitarbeitern und Besuchern. Im zweiten Obergeschoss beherbergt das Atrium eine mit Sitzinseln bunt getupfte Lounge – gleichsam Blickfang von allen Ebenen wie Liegewiese mit Panoramablick. Sozusagen das “begrünte” Dach des darunter liegenden Mehrzwecksaals.
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Die einzelnen Ebenen sind vom Atrium aus als dicke Betonbänder kenntlich gemacht. Vollflächige Glasfassadenelemente schließen die Geschosse flächenbündig zum Atrium hin ab, sodass insgesamt auf subtile und leise Weise ein sehr wertiger und ästhetisch ansprechender Eindruck entsteht. Entlang der Fassade sind die Einzel- und Großraumbüros aufgereiht, die sich durch eine wunderbare Aussicht und optimale Belichtung wie Belüftung auszeichnen. Dazu kommt die sehr angenehme und warme Atmosphäre aufgrund der gewählten Materialgebung: Helle Hölzer und ein dämpfender Teppichboden sorgen in Kombination mit viel Tageslicht für einen frischen und entspannten Raumeindruck. Gerade der Kontrast aus hartem Betonkern und daran angrenzender weich und leicht wirkender Holzstruktur macht den Reiz der Innenraumgestaltung aus. Dabei ist es das harmonische Miteinander in Ausgewogenheit und Farbgebung, welches so anziehend auf das Auge wirkt.
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Die ausgeprägte Präsenz der Materialität in ihrer gleichzeitigen Schlichtheit begleitet den Besucher durch das gesamte Haus. An kaum einer anderen Stelle aber wird diese so greifbar, wie im Treppenauge selbst. Die Skulptur aus Ortbeton scheint weniger der Erschließung zu dienen, als vielmehr einem bewussten Zurücktreten und Durchatmen. Ein Stockwerk hinauf, zwei hinab und schon hat man den Kopf wieder frei. Ohne viel Aufhebens darum zu machen, sind diese beiden Himmelsschnecken doch die eigentlichen Stars des neuen Verwaltungsgebäudes.
Tritt man von dem Gebäude ein paar Schritte weg, zeigt sich schnell, dass sich die Ebenen von außen betrachtet ebenso exakt ablesen lassen wie vom Atrium aus. Rhythmus und Wiederholung verleihen der Fassade einen ruhigen und zurückhaltenden Charakter, vertikal ausgerichtete Holzelemente lassen das Gesamtbild sehr natürlich erscheinen. Auskragende Vordächer wiederum strukturieren als umlaufende Brüstungsbänder den Baukörper und gliedern ihn in die bestehende Landschaftsstruktur ein. Entlang des Ufers der angrenzenden Worble ist ein großzügiger Grünraum mit einer auentypischen Vegetation entstanden. Hangseitig wurden die Spazierwege durch den vorhandenen Wald ausgebaut und schattige Rastplätze als Erholungszonen eingerichtet. Während die Landschaft eher offen und fließend gestaltet wurde, wirken die Plätze zwischen den Gebäuden klar gefasst. Baumgruppen und Outdoormöbel laden zum Flanieren und Verweilen ein. Auf dem benachbarten Baugrund der Etappe 2 wurde, sozusagen als Lückenfüller und Platzhalter, zwischenzeitlich eine provisorische Parkanlage mit dichten Sträuchern und Sitzbänken geschaffen.
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Das Verwaltungsgebäude des UVEK-Ittigen besticht durch eine clevere Kombination von Holz und Beton, welche gleichzeitig ästhetisch ansprechend ist und wegweisend für eine zukunftsträchtige Bauweise. Ganz im Sinne des selbst auferlegten Nachhaltigkeitsgedankens verbessert die Verwendung von einheimischem Holz nicht nur die ökologische Bilanz, sie sorgt außerdem für ein angenehmes Raumklima mit Wohnzimmerfeeling im besten Sinne. Die geringe Masse reduziert zudem die Wirkung von Erdbebenkräften. Die in Beton ausgeführten Elemente sorgen für horizontale wie vertikale Steifigkeit und gewährleisten eine hohe Speicherkapazität aus energetischer Sicht. Das Gebäude erhielt dementsprechend die Gold Zertifizierung des Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS.
Vielleicht braucht es bei all der Struktur, der Bürokratie, der Zahlen und Vorschriften ein wenig Leichtigkeit im Leben – eben so etwas, wie die wunderbaren Himmelsschnecken, die Sinn und Zweck vergessen machen und eben nur die Schönheit des Materials Beton in seiner Form, Farbe und Phantasie feiern.
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Verwaltungsgebäude Pulverstraße UVEK-Campus lttigen
lttigen, Schweiz
Bauherr: Bundesamt für Bauten und Logistik BBL
Planung: Berrel Kräutler Architekten
Mitarbeiter: Johannes Maier, Jennifer Caviezel, Silvia Ackermann, Simon Kempf, Frauke Ries, Christian Schmitt, Mirco Juon, Samuel Häusermann, Jaime Rodriguez, Bianca Böckle, Ulrike Köpke, Sophie Wuest, Jan Thüring, Simon Weber
Statik: Dr. Schwartz Consulting
Landschaftsarchitektur: ORT AG für Landschaftsarchitektur
Grundstücksfläche: 13.700 m2 (2 Etappen)
Bebaute Fläche: 1.920 m2 (1. Etappe)
Nutzfläche: 9.170 m2 (1. Etappe)
Planungsbeginn: 2013
Bauzeit: 3 Jahre
Fertigstellung: 2020
Baukosten: 81 Mio. CHF (1. Etappe)
Text: Linda Pezzei
Fotos: Damian Poffet
Innovationen, die Schule machen
Die Seestadt Aspern gilt als Labor für Innovationen. Der Bildungscampus Liselotte Hansen-Schmidt ist ein Beispiel für Nachhaltigkeit, das mit Sicherheit Schule machen wird. Der soeben eröffnete Bildungscampus, geplant von Karl und Bremhorst Architekten, spielt technisch quasi „alle Stückln“, wie Architekt Christoph Karl bei einem Rundgang erläutert: „Die Seestadt Aspern erhält mit dem neuen Campus einen modernen Bildungsbau, in dem ein innovatives Energiekonzept mit dem Einsatz erneuerbarer Energieformen in einem hochwertigen architektonischen Ambiente verwirklicht wird.“
Der Bildungscampus der Stadt Wien beherbergt einen Kindergarten, eine Volksschule, eine neue Mittelschule sowie sonderpädagogische Einrichtungen. Insgesamt können bis zu 1.100 Kinder und Jugendliche ganztägig betreut werden. Gleich neben dem Campus gibt es ein Jugendzentrum, ein Café, einen Veranstaltungsraum sowie viele Sportflächen. Die Besonderheit liegt aber im nachhaltigen Konzept – energietechnisch wie auch sozial. Es gibt Gärten und Dachgärten, die angrenzenden Plätze und Grünflächen mit Spielplätzen dürfen Schülerinnen und Schüler sowie Bewohnerinnen und Bewohner gleichermaßen nutzen.
Die begrünte Fassade bildet einen natürlichen Sonnenschutz. Das Energiekonzept basiert auf Bauteilaktivierung: Geheizt und gekühlt wird ohne fossile Energie. Die Erdwärme bzw. im Sommer -kühle, wird über die Wärmepumpe im gesamten Gebäude verteilt, mit Hilfe von Wasserrohren, die in die Betonbauteile eingelegt wurden und Beton ideal als Speichermasse nutzen. Die Wärmepumpe wird direkt von der Photovoltaikanlage am Dach mit Strom versorgt. Der Bildungscampus ist damit energietechnisch weitgehend autark und setzt ausschließlich auf erneuerbare Energiequellen.
Vom Streben nach Grün
Menschen und Natur liegen dem Architekten Vo Trong Nghia am Herzen. Die Ha Long Villa in Vietnam konzipiert er als „House for Trees“, in der Grün, Licht und Luft die zentrale Rolle spielen.
Im südöstlichen Asien setzt sich der Architekt für sein Heimatland Vietnam ein. Die dortige Bevölkerung ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark angewachsen, auf mehr als 96 Millionen Einwohner, Tendenz steigend. Die Vielzahl der Vietnamesinnen und Vietnamesen lebt in Städten, aus denen die Natur verdrängt worden ist. Es gibt nur wenig Bäume und Pflanzen, man blickt auf Beton und Asphalt. Kaum ein Quadratmeter an Grün ist vorhanden, Parks und Erholungsräume gibt es nahezu nicht.
Seit seiner Studienzeit beschäftigt sich Vo Trong Nghia mit den Themen Luft, Licht und Wasser. Seine Abschlussarbeit widmete er der natürlichen Art der Ventilation in Gebäuden und der Nutzung von Wasser. Die Themen fesseln ihn auch weiterhin ungebrochen in seiner eigenen Praxis als Architekt. So entwickelt er Möglichkeiten für Low-Cost-Housing, die Erdbeben und Stürmen standhalten können und auch entsprechend dem tropischen Klima Wohnkomfort bieten. Mit seiner Architektur möchte er reale Probleme in Angriff nehmen und die Lebensbedingungen in seinem Land verbessern. Dazu gehört auch sein Ansatz, Privathäuser ausschließlich als „House for Trees“ zu bauen. Das Haus funktioniert dabei als überdimensionaler Pflanztopf für Bäume. Erstmals 2014 umgesetzt, können sich nun eine Reihe von Privathäusern diesem Prototyp anschließen. Der Natur soll so ein Weg zurück in besiedelte Gebiete bereitet werden. Denn es ist kein Geheimnis: Grün macht gesund und leistet einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität.
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Auch die Ha Long Villa im gleichnamigen Küstenort ist als ein „House for Trees“ gestaltet. Die Pflanztöpfe für die Bäume sind dabei hinter der massiven Fassade angebracht. Wie ein vertikaler Wald befindet sich ein Baum immer versetzt über dem anderen. In die Sichtbetonfassade sind rechteckige Öffnungen eingelassen, die auch mal über die Ecke verlaufen. Mal größer, mal kleiner, lugen an verschiedenen Stellen aus ihnen auf unterschiedlichen Höhen die Bäume hervor. Bei genauerem Hinsehen erkennt man eine zweite vertikale Ebene, die dahinter liegt. Ab dort beginnt dann der eigentliche Innenraum. Zwischen den beiden Schichten der Fassade befindet sich ein etwa zwei Meter tiefer Bereich, der weder eindeutig dem Inneren noch dem Äußeren zuzuordnen ist. Eher verbindet er beides miteinander und funktioniert mit beidem zusammen.
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Der Zwischenraum verläuft als Ring um den polygonalen Grundriss der Villa. Spiralförmig streckt er sich vom Erdgeschoss über die sechs Geschosse hinweg bis hinauf zum Dachgarten des Gebäudes empor. Er ist dabei nicht durchwegs gleich hoch. An einigen Stellen nimmt er die Höhe von zwei Geschossen ein, die er auch durch Treppen miteinander verbindet. So ist es den Hausbewohnerinnen und Hausbewohnern vorbehalten, einen Spaziergang durch das Haus innerhalb der Fassade zu machen.
Ebenso wie sich der Zwischenraum an die polygonale Form des Grundrisses anpasst, so orientiert sich auch die Aufteilung der Räume im Gebäudeinneren daran. Der Innenraum wird durch den Fassadenzwischenraum verschattet. Durch das Freistehen der Villa und den großzügigen Fensteröffnungen ist es möglich, im gesamten Gebäude quer zu lüften. So zirkuliert die Luft angenehm und es kann auf eine Klimaanlage verzichtet werden. Außerdem wird die Luft durch die Bäume gereinigt und die Geräusche von der Straße ferngehalten. Von jeder Stelle des Hauses blickt man auf das Grün der Pflanzen und Bäume.
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Grün als zentrales Element gibt es bei der Ha Long Villa nicht nur im Garten auf Straßenniveau, der um das freistehende Haus herumläuft. Es findet vor allem im Fassadenzwischenraum und auch auf dem Dach Platz. Die so entstandene Grünfläche ist dabei größer, als sie beim Freibleiben des Grundstücks hätte sein können. Obwohl es sich um ein Privathaus handelt, profitiert doch auch die Nachbarschaft, indem die nähere Umgebung mitgestaltet wird. Jeder tut was er kann um sich für ein besseres Lebensumfeld zu engagieren. Architekt Vo Trong Nghia nutzt dafür seine Architektur und gestaltet in Aussicht auf eine grüne Zukunft.
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Ha Long Villa
Quang Ninh, Vietnam
Bauherr: privat
Architekt: VTN architects (Vo Trong Nghia Architects)
Mitarbeiter: Nguyen Van Thu
Grundstücksfläche: 514 m²
Bebaute Fläche: 231,5 m²
Nutzfläche: 1190 m²
Fertigstellung: 2020
Fotos: Hiroyuki Oki
Auszeichnung für Wopfinger Transportbeton
Im Rahmen des Betonpreises des Güteverbandes Transportbeton wurde das von der Wopfinger Transportbeton eingereichte Projekt „Kasematten und die neue Galerie Wiener Neustadt“ mit einer Anerkennung bedacht.
Kasematten und Neue Galerie Wiener Neustadt ist eine Revitalisierung in Kombination mit der Errichtung zweier Zubauten an den historischen, denkmalgeschützten Bestand. Es wurde Beton zur Lösung der komplexen Bauaufgabe gewählt und dabei alle Vorzüge des Baustoffs ausgenutzt. Auch die Ausführung der Sichtbetonflächen stellte bei diesem Projekt hohe Anforderungen an den Betonlieferanten und die ausführende Baufirma.
Die Neue Galerie ist ein multifunktionaler Raum für diverse Veranstaltungen, der die historische Anlage als zeitgenössisches Element ergänzt. Der große Veranstaltungsraum kann durch mobile Raumteiler gegliedert werden. Im Untergeschoß befinden sich die Sanitäranlagen, Technikflächen, Lagerräume, ein Catering-Zubereitungsbereich und ein Proberaum.
Der Bauteil der halb versenkten Neuen Galerie ist aus Stahlbeton errichtet. Der Boden wurde als rohe Betonfläche ausgeführt. Die Bauteile sind thermisch aktiviert. Heizung und Kühlung werden zu 100 Prozent über die thermische Nutzung des Grundwassers und durch Wärmepumpe und Kältemaschine abgedeckt.
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Das Gesamtergebnis kann sich sehen lassen und fügt sich harmonisch in den Altbestand ein, denn die zeitgenössischen baulichen Interventionen im denkmalgeschützten Bestand sind stets klar erkennbar und ablesbar.
2019 fand in den Kasematten als erste Nutzung die Niederösterreichische Landesausstellung statt, seither werden die Räumlichkeiten als Veranstaltungs- und Ausstellungsstätte genutzt.
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Verschmelzung von Licht & Beton
Das von den Ecker Architekten in Gaiberg, Deutschland geplante Gemeindezentrum ist ein städtebauliches Außenraumprojekt, bei dem durch den Abriss eines Gebäudes eine neue zentrale Ortsmitte entstand. Markantester Teil dieser Intervention ist ein offener Raum mit einer spektakulär gefalteten Sichtbetondecke, die den Innenraum zu einer Besonderheit werden lässt.
Das Lichtkonzept für diese markante Architektur stammt vom Lichtplaner Anselm von Held, der damit die architektonische Idee einer Verschmelzung von Beton und Licht unterstreicht. Die besondere Herausforderung dabei war, durch die Kleinheit der eingesetzten Leuchten die Struktur der Faltdecke ungestört zur Geltung zu bringen und dabei eine einmalige Raumatmosphäre entstehen zu lassen.
Realisiert wurde die Grundbeleuchtung mit dem System Dot28 von Georg-Bechter-Licht – verbaut wurden Sichtbeton-Einbaukapseln mit Kühlflächenerweiterung, um Powerdots mit bis zu 1050 mA bestromen zu können und damit eine Grundbeleuchtung von bis zu 300 Lux zu erreichen.
Trotz der komplexen Bewehrung der Betondecke hat der Einbau der Betoneinbautöpfe sehr gut funktioniert – keine einzige Betonkapsel wurde vor oder während des Gießens der Sichtbetondecke beschädigt oder verschoben. Die Auslässe wurden dabei so verkabelt, dass sowohl die Downlights Dot28 (Niedervolt – stromgesteuert), als auch das Georg-Bechter-Baldachin (230 V) angeschlossen werden können. Das sorgt für Flexibilität bei sich ändernder Nutzung.
Die Lichtauslässe sind jeweils auf der dem Eingang abgewendeten Seiten der Faltung montiert und damit quasi nicht wahrnehmbar. Der Raum ist voller Licht, ohne dass man eine Leuchte sieht. Abgerundet wird die Lichtinszenierung durch einen Bodeneinbaustrahler für die Anstrahlung der Rückwand (tiefergestellte Lichtquelle und integrierter Entblender) und die vollflächige Beleuchtung der seitlichen Holzwand mit einem linearen Wallwasher.
Versickerungsflächen individuell gestalten
Um mehr Möglichkeiten für die Herstellung attraktiver Versickerungsflächen zu eröffnen, erweitert der burgenländische Pflastersteinhersteller Friedl Steinwerke sein Angebot an Sickersteinen. Die neuen Rasenfugen- und Längsrasenfugensteine erlauben eine Kombination mit herkömmlichen Friedl Pflastersteinen, wodurch unzählige Verlegemuster realisierbar werden.
Foto: Friedl Steinwerke/renderwerk.at
Diese neuen Sickersteine sind – wie auch die herkömmlichen Pflastersteine – mit der Verschiebesicherung VG4 ausgestattet. Durch diesen Verschiebeschutz erhalten die einzelnen Steine einen festen Sitz, die Fugen bleiben dadurch auch bei höheren Beanspruchungen und über einen langen Zeitraum gleichmäßig und formschön.
Neu im Programm von Friedl Steinwerke ist mit Öko Plus VG4 ein Drainfugenstein, dessen 13 mm breite Fugen mit Splitt befüllt werden. Der Rasenfugenstein Cupro Verde VG4 erzeugt 30 mm breite Fugen, die auch mit Pflanzsubstrat befüllt werden können. Mit Linea Verde VG4 ist ein Längsrasenfugenstein erhältlich, bei dem nur an einer Steinlängsseite Abstandhalter für eine 30 mm große begrünbare Fuge angebracht sind.
Die Steine sind in rechteckigem und quadratischem Format verfügbar. Neben der Pkw-befahrbaren Variante mit 8 cm Steindicke gibt es diese Steine auch für Lkw-befahrbare Flächen. Bei der Farbwahl haben Architekten und Planer alle Freiheiten: Die Sickersteine können in einer Farbe aus der Friedl Farbpalette umgesetzt werden, die Realisierung eines individuellen Farbwunsches ist ebenso möglich. Alle neuen Sickersteine sind mit den Pflastersteinen und -platten der Linea VG4-Serie, der Classic Pflaster VG4-Serie sowie diversen Kombipflastern kombinierbar.
Intelligentere Betonfertigteile
Vorgefertigte Bauteile ermöglichen ein effizientes und kostengünstiges Bauen, können durch den Einsatz moderner Robotertechnologie noch präziser und schneller gefertigt werden und sind zudem nun noch umweltfreundlicher: Vorgefertigte Bauteile lassen sich etwa mit einem Barcode versehen, sind dadurch zunehmend ‚intelligenter‘ und können so auch leichter wiederverwertet werden.
Durch die Automatisierung und die Robotertechnologie können die österreichischen Fertigteilwerke in der Produktion auf die steigende Nachfrage von vorgefertigten Bauteilen schnell und effizient reagieren. Insbesondere die innovative Produktionsweise, wie die Indoor-Fertigung auf Palettenumlaufanlagen, gewährleistet höhere Maßhaltigkeit, immer kürzere Vorlaufzeiten sowie gleichbleibende Herstellungsbedingungen. Dies ist etwa am Beispiel von Doppelwänden, einem häufig eingesetzten vorgefertigten Bauteil, sichtbar.
Die österreichischen Fertigteilwerke sind mittlerweile imstande, rund zwei Millionen Quadratmeter Doppelwände im Jahr zu produzieren. Die fortschreitende Automatisierung unterstützt die Produktion, indem sie mittlerweile manche Produktionsabschnitte vollautomatisch übernimmt und dadurch hohe Präzision oder immer kürzere Produktionszeiten ermöglicht.
Die Zukunft der Fertigteilproduktion sehen Experten auch in der weiteren Nutzung der Digitalisierung, besonders bei den sogenannten intelligenten Bauteilen. Diese werden mit einem Barcode versehen, können nachverfolgt und zielgerichtet recycelt werden. In Zukunft sollen so auch Grundprodukte wie Zement oder die Bewehrung nachverfolgbar sein.
Über diese und andere Themen wurde beim letzten Expertenforum Beton diskutiert, das als Webinar vom Verband Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB) in Zusammenarbeit mit der Vereinigung Österreichischer Zementindustrie und der Peikko Austria GmbH organisiert wurde.
Weitere Informationen:
voeb.com/webinar-serielles-bauen/downloads.asp
Neues Gesicht für den Busverkehr
Das umtriebige Treiben eines Verkehrspunktes wird in der Busstation Vilkaviškis in Litauen als Potenzial genutzt, um urbanen Mehrwert zu schaffen. Die Funktion als Bushaltestelle ist dabei nur eine Facette. Architekt Gintaras Balčytis verlieh der Busstation mit ihrem ungewöhnlichen Erscheinungsbild gleich mehrere wegweisende Gesichter, die allesamt unter der durchlöcherten Betonplatte Zusammenschluss finden.
In der Kleinstadt selbst wohnen etwa 13.000 Menschen. Berechnet man das Einzugsgebiet mit ein, verdreifacht sich diese Zahl. Da die umliegenden kleinen Ortschaften nur wenig Infrastruktur bieten, finden sich die Dinge des täglichen Bedarfs, Schulen und Arbeitsstätten in Vilkaviškis, das als Dreh- und Angelpunkt für den Umkreis fungiert. Ein Netz an regionalen Busverbindungen stellt die Verbindung zwischen Land und Stadt sicher und deren Haltestellen sind für Tausende die Tore zur Versorgung, zur Arbeit und zur Bildung. Im Zentrum dieses öffentlichen Verkehrsnetzes liegt die von Architekt Gintaras Balčytis entworfene Busstation, die unter ihrem markanten Flachdach zeigt, welche Potenziale in einem solchen Verkehrspunkt stecken.
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Zahlreiche Menschen der umliegenden Gemeinden nutzen diesen zentrumsnahen Knotenpunkt mit seinen acht Busterminals, die sich auf der straßenabgewandten Kante des spitz zulaufenden Grundstücks befinden. Die Busparkplätze schmiegen sich in gewohnter Manier aneinander und Passagiere erreichen sie über einen breiten gepflasterten Weg entlang der Fassade. Das prägnante Sichtbeton-Dach bildet für die Wegverbindung und die Warteplätze ein Vordach, indem es gestützt durch filigrane Stahlsäulen beinahe neun Meter über die Fassade herausragt.
Das Stationsgebäude selbst ist eingeschossig und seine Außenhülle komplett mit weißen Aluminiumpaneelen verkleidet. Sie schützen die tragende Betonstruktur vor Nässe und verleihen dem Bau ein kompaktes Erscheinungsbild. An nur zwei Stellen wird dieses durch große Glasflächen aufgebrochen. Sie markieren die beiden Hauptseiten mit ihren Zugängen ins Gebäudeinnere.
Auf der einen Hauptseite wirkt das Gebäude durch die Busterminals wie ein Verkehrsbau. Ein vollkommen anderes Bild zeichnet sich auf der anderen Hauptseite ab. Die 43 mm dicke Betondecke ragt an dieser Stelle noch weiter hervor und lässt einen überdachten Platz entstehen. Sie ruht auf den schlanken weiß lackierten Stahlsäulen, die sich hier ebenso wie auf der Terminalseite wiederfinden.
Einen wesentlichen Anteil am Charme und der Atmosphäre dieser Architektur hat die Integration der am Grundstück vorgefundenen Bäume – für den Architekten eine elementare Komponente seines Entwurfs. Realisiert wurde dieses Vorhaben durch charakteristische Durchlöcherungen in Kreisform, durch die sich die mächtigen Kronen der Bäume hindurch zu winden scheinen. Der Außenraum unter der um 6,58 m erhöhten Betondecke geht schließlich in einen Park über, der sich bis zur äußersten Spitze des Grundstücks zieht. Das Café, das als gläserner Pavillon auf dem Platz steht, ist ebenfalls ein signifikanter Bestandteil des hier entstandenen öffentlichen Raumes. Als Treffpunkt und Veranstaltungsort belebt es die eigentliche Busstation und bringt mit sich, dass nicht nur Buspassagiere, sondern auch Einheimische vom Ort angezogen werden. Auch der öffentlich zugängliche Kräutergarten bei der größten Kreisöffnung in der Decke vermag das zu unterstützen.
Die Busstation trachtet danach ein öffentlicher Raum für alle zu sein. Durch die runden Formen und hellen Oberflächen in Zusammenspiel mit den Bäumen und den Grünflächen entsteht ein Ort, der dieses Vorhaben bestärkt und ermöglicht.
Die beiden Gesichter, die das Stationsgebäude an seinen beiden Hauptseiten – als Busterminal und als öffentlicher Raum – annimmt, könnten unterschiedlicher in ihrem Wesen nicht sein. Das verbindende Element zwischen beiden ist das Stationsgebäude selbst, das sowohl von der einen als auch von der anderen Seite aus zugänglich ist. Die beiden anderen Fassadenseiten präsentieren sich hingegen vollends geschlossen – keinerlei Fensteröffnungen oder Zugangsmöglichkeiten ins Innere sind hier vorhanden. Diese Gestaltungsentscheidung führt dazu, dass die Verbindung zwischen den Busterminals und dem Platz gestärkt wird. Im Gebäude selbst entsteht so eine zentrale Mitte, zu der alle im Raum enthaltenen Geschäfte und Gewerbeflächen hin orientiert sind. Ebenfalls Teil des Raumkonzepts ist ein witterungsgeschützter Wartebereich und die notwendigen Servicebereiche für den Busverkehr.
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Die Busstation in Vilkaviškis ist somit nicht nur Verkehrsknoten und Arbeitsplatz für die Busbediensteten sowie die Beschäftigten in den Läden, sondern auch Teil der Nahversorgungskette. Die lokale Wirtschaft soll so gefördert und die Kleinstadt gestärkt werden. Nicht zu unterschätzen ist auch die touristische Wirkung des Baus. Innerhalb Litauens ist er seit seiner Eröffnung im Jahr 2020 eine kleine Sehenswürdigkeit geworden. Aus dem ganzen Land reisen Menschen an, um seine Architektur zu bewundern.
Die Busstation von Vilkaviškis hinterfragt nicht nur das herkömmliche Wesen von Verkehrshaltestellen. Sie verleiht einem Funktionalbau Charakter und sorgt dafür, dass Menschen sich damit identifizieren können. Über kurz oder lang profitiert die gesamte Stadt davon: Sie bekommt mit der Busstation ein neues Aushängeschild und ihre Bewohnerinnen und Bewohner einen gemeinschaftlichen Raum.
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Busstation Vilkaviškis
Vilkaviškis, Litauen
Bauherr: Transportunternehmen „Kautra“ und Gemeinde Vilkaviškis
Architekt: Gintaras Balčytis/ Balčytis Studija
Statik: UAB Ekointera
Grundstücksfläche: 11.297 m²
Bebaute Fläche: 3.300 m²
Nutzfläche: 2.146 m²
Planungsbeginn: 2017
Bauzeit: 1 Jahr
Fertigstellung: 2020
Text: Alexandra Ullmann
Fotos: Norbert Tukaj
Energieeffiziente Innovationen
Beton ist ein Baustoff aus natürlichen Rohstoffen, regional verfügbar, hat eine hohe Speicherfähigkeit, ist unverwüstlich, brennt nicht und kann immer wieder rezykliert und zu neuem Beton verarbeitet werden. Aktuelle Beispiele zeigen die breite Palette an Innovationen, die durch und mit dem Baustoff Beton möglich sind.
Bis 2022 entsteht in „Baumgarten“ im 14. Wiener Gemeindebezirk ein bemerkenswertes neues Plus-Energie-Wohnbauprojekt mit insgesamt 380 geförderten Mietwohnungen, 97 freifinanzierten Wohnungen, Generationenzentrum sowie Bildungscampus der Stadt Wien. Das innovative, effiziente Energiekonzept auf Basis eines Niedrigstenergiehaus-Standards ermöglicht eine von fossilen Brennstoffen unabhängige autarke und nachhaltige Wärme-/Kälteversorgung der gesamten Wohnhausanlage mit Bauteilaktivierung, Photovoltaik, Wärmepumpen sowie einer Anlage zur Wärmerückgewinnung aus Abwässern. „Ohne den Einsatz des Baustoffs Beton wäre ein solches Plus-Energie-Quartier nicht realisierbar“, ist Thomas Mühl, Vorsitzender des Vereins Beton Dialog Österreich (BDÖ) überzeugt.
Auch private Bauherren erkennen die Vorteile, die Beton für eine nachhaltige Bauweise bietet. Herbert Ritter errichtet in der Nähe des Grazer Flughafens eine viergeschossige Wohnhausanlage mit vier Blöcken und 51 Wohneinheiten. Für ihn stand die Frage im Zentrum, mit welchen Energiekonzepten im Wohnbau auf die globale Erwärmung und den Temperaturanstieg in unseren Breiten reagiert werden kann. Ritter hatte rasch ein Lösungspaket geschnürt: Betonbauweise, Bauteilaktivierung, Wärmepumpentechnik, Photovoltaik sowie Raumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Das alles gesteuert über eine dezentrale Gebäudeautomatisierung mit Feldbus-Anbindungen der Aktoren und Sensoren im KNX-Standard. An kritischen Stellen in Decken und Wänden der oberen Geschosse wurden über 200 Meter faseroptische Temperaturmessleitungen verlegt. Sie ergänzen die Sensorik der kontinuierlichen Messung von Innen- und Außen-Temperaturen, der Raumluftfeuchtigkeit sowie des CO2-Gehalts in den Innenräumen der Wohneinheiten und liefern wichtige Parameter über die Trägheit im Energiespeicher Beton. Mit Hilfe der ausgeklügelten Gebäudeautomatisierung, gekoppelt an einen Wetterdienst, reagiert die Heizung im Winter bzw. die Kühlung im Sommer autonom.
Harmonie im Gegensätzlichen
Das interdisziplinär arbeitende tschechische Kreativ-Team von Formafatal durfte in der wilden Naturlandschaft Costa Ricas ein Ensemble von drei Atelier-Villen sowie einem multifunktionalen Pavillon konzipieren. Im Mittelpunkt steht die in Beton gegossene Art Villa, ein gleichermaßen üppig wie puristisch gestaltetes Gebäude, das die Bewohner dazu einladen soll, ihre Herzen der Schönheit der wilden, tropischen Naturlandschaft zu öffnen.
Mitten im dichten Dschungel Costa Ricas und mit atemberaubendem Blick auf die unendliche Weite des Pazifischen Ozeans befindet sich das Art Villas Resort, das drei konzeptionell einzigartige Villen sowie einen multifunktionalen tropischen Pavillon umfasst. Laut den Inhabern inspiriert von der rauen Schönheit und wilden Natürlichkeit vor Ort, bieten die Luxusvillen ihren betuchten Gästen Komfort und Design, vermeintlich fernab jeglicher Zivilisation. Zumindest darf man sich diesem Gefühl hier getrost hingeben, auch wenn das bunte Leben mit der Hauptstadt Puntarenas des gleichnamigen, touristisch geprägten Bezirks freilich quasi um die Ecke liegt.
Bettenburgen sucht man hier dennoch vergeblich. Wegen seiner Fortschrittlichkeit wird das lateinamerikanische Land mit einem Augenzwinkern auch als die „Schweiz Mittelamerikas“ bezeichnet. Costa Rica (spanisch für „reiche Küste“) setzt zudem auf einen nachhaltigen Ökotourismus, der sich naturnah (rund 27 Prozent der Landfläche stehen unter Naturschutz) und unkompliziert präsentiert. Der Tourismus boomt und mit ihm sind in letzter Zeit einige aufsehenerregende touristische Bauprojekte entstanden. Eines davon ist die Art Villa, architektonisch konzeptioniert von Refuel Works und inhaltlich ausgestaltet von Formafatal, einem interdisziplinär arbeitenden, renommierten Designteam aus Tschechien.
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Das Art Villas Resort lebt von seiner Vielfalt – kein Wunder, denn drei unterschiedliche Architekten haben die drei sehr verschiedenen Villen gestaltet: Da gibt es die tropisch angehauchte und minimalistisch gehaltene Atelier-Villa, die aus fünf eiförmigen Kokons bestehende Coco Villa und schließlich die Art Villa, deren konstruktives und materielles Thema der Beton darstellt. Formafatal durften aber nicht nur letztgenannte Villa maßgeblich gestalten, denn letztlich stand der gesamte Komplex in seiner künstlerischen Umsetzung unter der Leitung von Dagmar Štěpánová.
“Die Art Villa liegt versteckt inmitten der Dschungelhügel von Costa Rica. Wir wollten ein solides Haus schaffen, das sozusagen nackt in der üppigen Vegetation steht und viele Jahre überdauern wird, modern und gleichzeitig zeitlos, minimalistisch und trotzdem opulent, tropisch, aber robust”, legt Dagmar Štěpánová von Formafatal ihr Entwurfskonzept dar. Von Anfang an setzten die Architekten auf das Spiel der Kontraste – ganz im Sinne des Investors, der einen Ort schaffen wollte, an dem die Besucher mit der umgebenden Natur verschmelzen, ihren Geist klären und gleichzeitig Luxus und Abenteuer erleben können.
Auf dem zwei Hektar umfassenden naturbelassenen Gelände sollte ein Rückzugsort entstehen, der die Herzen seiner Besucher berührt und tief in ihr Inneres dringt. Um dem Projekt seinen einzigartigen Charakter und eine eigene, unverwechselbare Identität zu verleihen, holte der Bauherr daher – noch während Refuel Works mit der Umsetzung der ersten Villa beschäftigt waren – Formafatal zum Zwecke der künstlerischen Oberleitung ins Boot. Das Kreativ-Team bestehend aus Architekten, Designern und Szenografen ließ sich in der Folge nur allzu gerne von der Atmosphäre und der Farbenpracht Mittel- und Südamerikas begeistern: “Inspiriert von den Symbolen, die wir ausgewählt, durcheinandergemischt, weiterentwickelt und neu zusammengesetzt haben, hat sich vor unseren Augen das Bild der idealen Villa geformt.”
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Minimalistisch und etwas archaisch anmutend, ist die zweistöckige Villa auf einem 25.000 m2 umfassenden Grundstück situiert. Die Grundfläche umfasst stolze 570 m2, wirkt dank ihrer Hanglage aber dennoch zurückhaltend und keinesfalls opulent. Neben dem großzügigen Gemeinschaftsbereich mit Foyer, Lounge, Wohnküche sowie überdachter Terrasse und Pool verfügt die Villa über insgesamt fünf Schlafzimmer, jeweils mit eigenem Bad. Das “Untergeschoss” bietet ein Spielzimmer für die Kinder, einen Fitnessraum, einen Tanzsaal, einen begehbaren Kleiderschrank, eine Waschküche und Hauswirtschaftsräume. Die Architektursprache bedient sich einfacher, klarer Formen. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Opulenz der Natur, der Ausblick, die Verbindung zur Umgebung. Refuel Works lassen die Strukturen trotz der Massivität des Betons elegant und leicht erscheinen, nichts wirkt gewollt, die Hülle wird zum Statisten der Szene und behauptet sich gleichzeitig selbstbewusst inmitten dieses grünen Blättermeers. Kleine Details, wie die mit einem dreidimensionalen Muster versehene, durchgehende Betonscheibe tragen das verspielte Interieurdesign auch nach außen. Spätestens bei diesem Anblick wird dem Betrachter klar, diese Villa hat mehr zu bieten hat, als die in Europa so beliebte aalglatte Interpretation von Sichtbeton.
Bei der Gestaltung der Innenräume haben sich die Designer aber nicht nur vom umliegenden wilden Dschungel inspirieren lassen, sondern auch von der Arbeit des brasilianischen Architekten Paulo Mendez da Rocha: “Die Betonwände wurden bewusst roh belassen und ergänzen so die einzelnen Komponenten der Innenraumgestaltung. Ausgesuchte Materialien, die Wasser- und Grünflächen – das alles schafft in Kombination ein ungewöhnliches Ambiente, gleichsam roh wie luxuriös.” Wieder betont Štěpánová die Gegensätzlichkeiten, die den Entwurfsgedanken im Kern widerspiegeln. Eben das Schroffe lässt das Zarte in seiner Schlichtheit umso eindrucksvoller wirken.
Der Materialmix der Widersprüchlichkeiten funktioniert gerade deshalb so gut, weil es keinerlei Zufälligkeiten gibt – Farbwelt, Formenwahl und Oberflächen sind bis ins kleinste Detail durchkomponiert und aufeinander abgestimmt. Die Böden der Schlafzimmer und Badezimmer sind mit Zementfliesen belegt, deren sich ständig ändernden Muster und Farbnuancen eine Momentaufnahme der schwer zu greifenden und einzigartigen Naturlandschaft bedeuten. Schritt für Schritt verändert sich die Wahrnehmung, Innen und Außen verschmelzen unmerklich und den Gästen offenbart sich eine stets im Wandel begriffene tropische Traumwelt. Ein weiteres Highlight des Innenraums stellt das handgemalte Aquarell-Dschungelmotiv auf der Küchenrückwand dar. Die Fliesen dienen den Gestaltern als metaphorischer Spiegel, der das Leben hinter der Wand zeigen soll – die Wand wird so zum imaginären Fenster, das einen ganz anderen Blick auf die umgebende Naturlandschaft offenbart.
Alle Atelier-Villen sind größtenteils mit Möbeln ausgestattet, die von lokalen Handwerkern entworfen und nach Maß gefertigt wurden. Diese Einzelstücke harmonieren wiederum mit den ausgesuchten (Vintage) Objekten – allesamt Entwürfe von südamerikanischen Designern und Architekten. Die dominierenden Materialien Teakholz, Metall und Leinen lassen das Innere der Art Villa in Kombination mit den Pastelltönen der maßgefertigten Möbelstücke und der hellen, weichen Farbpalette des monolithisch gestalteten Interieurs aus Rohbeton trotz der unbehandelten Oberflächen einladend und gemütlich wirken.
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Selbst bei der Gestaltung der Außenräume hatten Formafatal ihre Finger mit im Spiel. Das vom Atelier Flera umgesetzte Vegetationskonzept ist sehr spezifisch, da sich das Grundstück an einem sehr steilen Hang befindet. Um Fläche zu gewinnen und das Grundstück offener zu gestalten, wurde das Gelände terrassiert. Eine farbenfroh gestaltete Installation ist Blickfang für Groß und Klein. Bei der Pflanzenauswahl setzten die Landschaftsplaner auf lokale, nicht invasive sowie essbare Pflanzen aus der Region. Das so entstandene “künstliche” Grün verschwimmt scheinbar mit dem Gebäude und verbindet dieses wiederum mit der umgebenden wilden Natur.
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Das nackte Bauwerk kleidet sich metaphorisch in ein grünes Dschungelgewand – für die Bewohner verschmelzen Architektur und Landschaft auf der Gefühlsebene, obwohl sie physisch klar getrennt wahrnehmbar bleiben. Die Opulenz des Interieurs spiegelt wiederum die Fülle und Vielfalt der tropischen Landschaft wider – gleichsam der Natur farbenfroh und authentisch in Materialien und Oberflächen. Die Gegensätze sind dabei so perfekt ausbalanciert, dass letztlich ein durch und durch harmonisches Gesamtbild entsteht.
Art Villa
Bahia Ballena, Playa Hermosa, Costa Rica
Bauherr: Filip Žák
Planung: Formafatal [interior design]
Refuel Works [architectural concept of Art Villa]
Mitarbeiter: Dagmar Štěpánová [Formafatal]
Jan Skoupý, Zbyněk Ryška [Refuel works]
Grundstücksfläche: 25.000 m2
Bebaute Fläche: 618 m2
Nutzfläche: 570 m2
Planungsbeginn: 2016
Bauzeit: 2016-2019
Fertigstellung: 12/2019
www.formafatal.cz
www.refuelworks.com
Nachhaltiges & kreatives Bauen
In Sachen Kreislaufwirtschaft ist ÖKOBETON ein echter Alleskönner. Richtig eingesetzt, schafft er damit einen wesentlichen Beitrag zum ökologischen Bauen. Aber auch gestalterisch hat er einiges zu bieten, denn von außen betrachtet sieht man optisch keinen Unterschied zu herkömmlichem Beton. Es besteht aber die Möglichkeit die Betonstruktur durch Sandstrahlen, Schleifen oder Stocken sichtbar zu machen, wenn dies aus Designgründen gewünscht wird.
Mit der Produktlinie ÖKOBETON führt die Wopfinger Transportbeton Ges.m.b.H. als erstes Unternehmen in Ostösterreich Baurestmassen durch hochwertige Aufbereitung wieder der Betonproduktion zu und schließt somit den Kreislauf des Gesteins. Teure Deponieflächen, für kommende Generationen wiederum Altlasten, können damit fast gänzlich eingespart werden. Ebenso werden Sand- und Kiesressourcen geschützt, wodurch der Fußabdruck in der Kategorie „Land Use“ signifikant gesenkt wird.
Um hochwertig rezyklierte Gesteinskörnung mit gleichbleibender Qualität herzustellen, sind moderne Aufbereitungstechnik und strikte Vorgaben im Prozesskreislauf einzuhalten. Den Kernprozess des von Wopfinger in Pionierarbeit entwickelten Nassaufbereitungsverfahrens stellt das Waschen und Sieben der zerkleinerten Baurestmassen nach vorheriger Entfernung unerwünschter Fremdstoffe dar.
Rund 98% des Ausgangsmaterials können so dem Stoffkreislauf wieder zugeführt werden. Dieses hochwertige Recyclingmaterial kann problemlos natürliche Sande und Kiese bei gleichbleibender Betonqualität ersetzen. Das so hergestellte Recyclingmaterial wird nach geltenden Regelwerken kontrolliert und fremdüberwacht.
Unter Beachtung gewisser grundlegender Voraussetzungen können so hergestellte hochwertige Ökobetone, neben Anwendungen als Füllbeton oder Magerbeton, auch im konstruktiven Betonbau verwendet werden. Damit steht nun im Vergleich zu herkömmlichen Transportbetonen ein ÖNORM geprüftes, gleichwertiges Transportbetonprodukt zur Verfügung, welches sowohl Ressourcen schont als auch Deponievolumen spart.
Das Ziel von Wopfinger ist es, durch gezielte Forschung die Einsatzmöglichkeiten des ÖKOBETONS noch mehr zu erweitern sowie die Ressourcenschonung zu erhöhen. ÖKOBETON ist beim Österreichischen Institut für Bauen und Ökologie mit dem IBO-Gütesiegel zertifiziert, im „baubook“ gelistet und darüber hinaus mehrfach als innovatives, nachhaltiges Produkt ausgezeichnet (z.B.: NÖ-Innovationspreis 2020, ÖGUT Umweltpreis 2019, Energy Globe Award 2019).
Von der Idee zum Erfolg
Bereits 2.500 vor Christus wurden Bauwerke und auch Gebrauchsgüter aus keramisch veredeltem Ton hergestellt. Aber erst mit der technischen Revolution zur Jahrhundertwende und der Entwicklung von geeigneten Maschinen und Produktionsstätten konnte in größeren Mengen produziert werden.
Die ersten großen Drehrohröfen entstanden 1949 in Dänemark, in Österreich nahm im November 1961, damals noch unter der Flagge von Leca, die Leca Österreich Ges.m.b.H die Produktion von Blähton auf. Heute findet Liapor Blähton traditionell im Baubereich in zementgebundenen Wandbaustoffen wie Mauersteinen und Fertigteilen wie Kaminen und Mauermörteln Verwendung. Aber auch zur Sanierung von Altbauten werden Liapor- Produkte verwendet. Zum einen als wärmedämmender Stoff und zum anderen als schallisolierender Werkstoff. Weitere Anwendungsgebiete sind Abwassereinigung, Dachbegrünung, Hydrokulturen oder Winterstreu.
Im Bereich „konstruktiver Leichtbeton“ sind bekannte Liapor-Objekte z.B. die Skiflugschanze Oberstdorf, das BMW-Hochhaus oder das Hypo-Haus in München. Aber auch im Wohnpark Alterlaa in Wien, der nach wie vor ein Highlight in der Architekturszene darstellt.
Stadel neu interpretiert
Diskretion nach Außen und Modernität im Innenraum, das waren die Vorgaben des Bauherrn an die Planer von Bergmeisterwolf Architekten. Diese setzten seine Wünsche in gelungener Verbindung von traditioneller Bauweise und zeitgemäßer Materialanwendung beim Einfamilienhaus Villa b um. Als formale Inspirationsquelle dafür diente ihnen der klassische Stadel mit Satteldach aus Holz und einem Sockel aus Stein. Daraus leiteten sie einen selbstbewussten Baukörper aus Beton ab, der sich in Form und Volumen perfekt in die Umgebung integriert.
Das klassische Satteldach neu zu definieren haben sich die Planer hier zur Aufgabe gemacht und zu diesem Zweck etwa fünfzig Modelle erstellt. Dabei wurde die klassische Faltung des Satteldaches versetzt, erhöht sowie vertieft und diverse Einschnitte in den Baukörper erprobt, bis schlussendlich die gesuchte Form entstanden ist. Zur Straße hin zeigt sich das Gebäude einfach und sehr kompakt mit gezielt inszenierten, unterschiedlich großen Öffnungen, die teils fix verglast, teils bündig mit der Fassade ausgeformt sind. Weder Dachrand noch Regenrinne stören die formale Klarheit. Gartenseitig präsentiert sich das Einfamilienhaus scheinbar zweigeteilt: Ein Baukörper mit Satteldach und von dessen Trauflinie ansteigend ein zweiter mit Pultdach, das sich von der Straße zur Landschaft hin keilförmig öffnet.
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Auch für die verwendeten Materialien wird der bäuerliche Stadel zur Referenz. „Traditionell war der Sockel dieser Bauwerke aus Stein“, erläutert Architektin Michaela Bergmeisterwolf. Die Zugangsrampen zu Haus- und Garageneingang und deren Verbindung sind in Waschbeton ausgeführt, ebenso wie eine Mauer die straßenseitig als Abgrenzung dient. Als Metapher für den Sockel setzt sich diese in der Fassade fort. „Je mehr sich Waschbeton auswäscht, desto ähnlicher wird er dem Naturstein“, so die Architektin. „Die zeitgemäße Interpretation des Steins ist für uns der Beton.“ Die Gebäudehülle ist großteils in doppelschaligem Beton ausgeführt, der verputzt wurde, um sich – dem Wunsch des Bauherrn entsprechend – bestmöglich in die Umgebung zu integrieren. In Anlehnung an die Bauernhöfe der Umgebung wurde im Außenbereich schwarzbraun lackiertes Lärchenholz zur Eindeckung des Daches, für Schiebeläden aber auch für Fenster- und Türrahmen verwendet, die einen klaren Kontrast bilden.
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Während sich der Außenbereich stark an der Umgebung orientiert, sind die Innenräume das Ergebnis eines gekonnten Zusammenspiels von Proportionen, Perspektiven und Materialität. „Der Innenraum sollte bewusst einen Kontrast zur Gebäudehülle bilden“, erklärt die Architektin. „In diesem Sinne ist das Dach innen in Sichtbeton ausgeführt.“ Zur Schalung kamen Holzbretter zum Einsatz, deren Positionierung beim Satteldach vom First ausgehend vertikal und beim Pultdach parallel zum First eingesetzt wurde. Diese bewusste Anordnung macht die Dachfaltungen klar spür- und erlebbar. Eine Treppe mit vertikaler Holzverschalung unterteilt als zentrales Element die Freiflächen im Erdgeschoß. Analog dazu wurde die dahinterliegende Sichtbetonwand mit vertikalen Brettern geschalt. Naturbelassene Holzverkleidungen sowie Schwarzstahl für Küche, Eingangsportal und Wandelement ergänzen die puristische Auswahl der Materialien, deren Übergänge mit äußerster Präzision und visueller Einfachheit scheinbar fugenlos ausgeführt wurden. Die dynamische Raumabfolge orientiert sich auf die Ausblicke in die umgebende Landschaft und bildet mit dieser eine Einheit. Eine selbstbewusste Geste, bei der Sichtbeton die Modernität zum Ausdruck bringt – für eine private Idylle mit Blick in die Zukunft.
www.bergmeisterwolf.it
www.baustoff-beton.at
www.natürlich-beton.at
Mit Bauteilaktivierung in Richtung CO2-neutral
Ab sofort unterstützt der österreichische Klima- und Energiefonds im Rahmen des Programms „Energieflexibilität durch thermische Bauteilaktivierung“ die Anwendung der thermischen Speicherkapazität von Bauteilen und hat damit die Bauteilaktivierung als wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele in sein Programm aufgenommen. Kern des Programms ist die Beauftragung von Planungsdienstleistungen für Geschosswohngebäude mit optimierter Nutzung erneuerbarer Energie bei der Raumwärme bzw. -kühlung auf Basis der Bauteilaktivierung.
„Ein Meilenstein für Österreichs Klimaschutz“, zeigt sich Stefan Schleicher, Professor am Wegener Zentrum für Klima und globalen Wandel an der Universität Graz und Berater des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Wien, begeistert, „darauf warte ich bereits seit Jahren, jetzt ist es endlich so weit, die Bauteilaktivierung ist nicht nur ein wesentlicher Baustein für die Energieautarkie ganzer Stadtquartiere, sondern sorgt auch für eine wohlige Strahlungswärme oder -kühle. Klimaanlagen im Wohnbau werden mit dieser einfachen Technologie obsolet – ein Mehrwert für alle.“
Das Programm des Klima- und Energiefonds versteht sich als Impulsgeber und will die Bauteilaktivierung nun tatkräftig forcieren. „Seit einigen Jahren ist die Bauteilaktivierung als die günstigste und klimafreundlichste Heiz- und Kühlmethode auch im sozialen Wohnbau angekommen. Doch mit dem Vorstoß des Klima- und Energiefonds wird die Verbreitung nun rasant vorangehen“, ist Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, überzeugt. Die Vorgaben in puncto Klimaschutz sind ambitioniert, der Gebäudebestand muss bis 2040 CO2-neutral werden. „Das gelingt uns nur mit der Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs wie auch dem Einsatz von erneuerbaren Energieträgern. Beton als natürlicher Baustoff bietet sich aufgrund seiner Speicherfähigkeit perfekt an, die Technologie ist so simpel wie eine Fußbodenheizung und die zahlreichen Referenzen versprechen eine starke Zukunft“, so Spaun.
www.zement.at/energiespeicher-beton
https://tba.klimafonds.gv.at
www.bauteilaktivierung.info
Kleine Lücke, großes Potenzial
Für ein Paar konzipierte das Büro rethmeierschlaich architekten in Kooperation mit Stefan Nix-Pauleit ein maßgeschneidertes Stadthaus in Köln. Das Planerteam verwandelte einen heruntergekommenen, konventionellen Bau in ein Schmuckstück, das sich perfekt in die Umgebung einfügt und doch sofort auffällt. Auf raffinierte und gleichzeitig unaufgeregte Art und Weise entstand auf minimaler Fläche ein maximaler Wohn(t)raum.
Wohnen, Arbeiten und mehr, privat und städtisch zugleich – das waren die Wünsche der Bauherren an ihr Eigenheim. Um das in der deutschen Großstadt zu finden, machten sie sich kurzerhand selbst auf die Suche und stießen auf ein baufälliges Haus. In einem für die Stadt typischen Viertel im Kölner Südwesten gelegen, brachte es gleich mehrere Herausforderungen mit sich: wenig Platz und geringes Budget. Die Architekten ließen sich davon nicht entmutigen und machten aus der Not eine Tugend. Sie nutzten die Rahmenbedingungen perfekt aus und schafften ein wahres Raumwunder.
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Vom Bestandsgebäude durfte lediglich der Keller bleiben. Dieser wurde aus Kostengründen erhalten. Darüber ergab sich eine sehr schmale, lang gezogene Baulücke. Von den 98 m2 des Grundstücks, sind 40 Gartenfläche. Außerdem schrieb das Bauamt vor, dass das Haus die beiden Nachbarbauten, von denen es eingefasst wird, weder überragen noch niedriger als sie sein darf. Aus all diesen Vorgaben entwickelten die Architekten ein Konzept, das nicht nur sämtliche Besonderheiten, sondern auch den begrenzten Budgetrahmen berücksichtigte.
Schon von außen erkennt man nun, dass sich in dem kleinen Stadthaus einiges getan hat. Während die Straßenansicht im unteren Bereich mintgrün verpackt wurde und in ihrer Gestaltung fast an eine Art Schaufenster erinnert, ist die darüberliegende Putzfassade in schlichtem Grau gehalten. Die zum Garten orientierte Gebäudeseite prägen raumhohe Fenster in den Obergeschossen und große Schiebetüren im Erdgeschoss. Sonnengelbe Sonnenschutzelemente sorgen für einen freundlichen Farbtupfer. Sämtliche Verglasungen werden von Rahmen im selben Grünton wie im Eingangsbereich eingefasst und runden die Außenhülle stimmig ab.
Im Inneren teilte das Duo rethmeierschlaich, Nix-Pauleit den begrenzten Platz in vier Etagen auf – genauer gesagt in drei komplette Stockwerke und ein Dachgeschoss. Durch den erhaltenen Keller liegt das Eingangsniveau des Stadthauses um 65 cm über dem des angrenzenden Gehwegs. Beim Betreten des Hauses gelangt man zuerst in eine kleine Garderobe. Rechter Hand befinden sich hier raumhohe Einbauten aus graubraunem Holz. Diese beinhalten ein Gäste-WC, bieten reichlich Stauraum und gehen nahtlos in den anschließenden Treppenkörper über. Ein zentrales Esszimmer verbindet die übrigen Bereiche. Es lädt mit einem langen Tisch zum An- und Zusammenkommen sowie zum Essen und Leben ein. Mit seiner großzügigen Raumhöhe von 3,5 m ist es zudem einen Meter höher als das restliche Level.
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Links neben dem Entree schließt die zur Straße gewandte Küche an. Die Möbel sind, wie der Unterbau der Stiege, ebenfalls in dunklem Holz gefertigt. Auch sonst findet man hier viele dunkle Akzente: In Kombination mit einer schwarzen Wand, schwarzen LED-Lichtleisten und der Sichtbetondecke versprüht der kleine Raum eine edle, fast mystische Atmosphäre. Die raumhoch verglaste Fensterfront lässt bei schönem Wetter ein wenig Leben der ruhigen Straße nach drinnen. Zum Garten hin öffnet sich das Erdgeschoss in Form eines einstöckigen Anbaus, dem Gartenzimmer. Mit ihm ergänzten die Architekten das kleine Stadthaus um eine Art Veranda. Durchgänge, die wie Arkaden wirken, sowie flache Oberlichter trennen die Erweiterung optisch vom Essbereich ab. Sitznischen zu beiden Seiten bieten hier Platz zum Lesen oder Hinausschauen. Ein besonderes Highlight, das zum Zeitpunkt des Fototermins noch nicht umgesetzt worden war, komplettiert inzwischen den Garten: eine Sommerküche. Sie wurde an der rückwärtigen Wand eingebaut und bietet dem Bauherrenpaar in den warmen Monaten zusätzlichen Raum zur persönlichen Entfaltung.
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Auch im ersten Stockwerk wechseln sich unterschiedliche Höhen und langgezogene Bereiche ab und ergeben ein spannendes Raumgefühl. Man gelangt hier zuerst in ein kleines Wohnzimmer. Fünf Stufen führen vorbei an der Bibliothek in das anschließende Büro. Versteckt hinter der Bücherwand, bietet es einen ungestörten Arbeitsplatz mit Blick in den Garten. Über Eck führt die Treppe weiter ins zweite Obergeschoss. Dieses teilt sich in ein großes Schlafzimmer und die zur Straße gewandte Gebäudehälfte mit Ankleide- und Badezimmer auf. Ein flexibel bespielbares Studio, welches auch als zusätzlicher Gästeschlafbereich dient, sowie ein weiteres Bad unter dem Dach vervollständigen das Raumprogramm des kompakten Stadthauses und nutzen die begrenzte Fläche bestmöglich aus.
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Das reduzierte aber raffinierte Design der Ansichten setzt sich auch in den Innenräumen fort. Der charakteristische, mintgrüne Farbton hält in den Badezimmern in Form von Fliesen Einzug. Neben Einbauten ziert das dunkle Holz auch sämtliche Fensterrahmen und die Böden in den oberen Niveaus. Im Erdgeschoss gibt es dagegen einen funktionalen, grauen Bodenbelag. Die weißen Wände werden von vereinzelten Textilakzenten ergänzt. An den rohen Sichtbetondecken zeichnet sich die Struktur der Schalung klar ab. Sie verleihen der Materialpalette den letzten Feinschliff.
Nicht groß, aber großzügig – dies war einer der Leitgedanken, rund um den rethmeierschlaich architekten und Stefan Nix-Pauleit das Mini-Haus entwickelten und der in allen Geschossen spürbar wird. Das Spiel von Höhe, Tiefe und Breite erwies sich als perfektes Werkzeug, um das Motto baulich umzusetzen. Auf den unterschiedlichen Etagen erscheint der Wohnraum mit seinen 140 m2 dank dem bunten Mix an Funktionen und Materialien vielfältiger als so manche anderen Projekte mit größerer Nutzfläche.
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Stadthaus Köln
Köln, Deutschland
Bauherr: Privat
Planung: rethmeierschlaich architekten mit Stefan Nix-Pauleit
Mitarbeiter: Christoph Schlaich, Andre Rethmeier, Martin Stöcker, Stefan Nix-Pauleit, Johannes Müller
Statik: Stracke Ingenieurgesellschaft
Grundstücksfläche: 98 m2
Bebaute Fläche: 58 m2
Nutzfläche: 140 m2
Planungsbeginn: 2017
Bauzeit: 2019-2020
Fertigstellung: 04/2020
Baukosten: 330.000 €
Text: Edina Obermoser
Fotos: Lisa Beller
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