Eine Box mit vielen Facetten
Mit der “Boxen Studio Gallery” haben Dehlin Brattgård Arkitekter einen völlig neuen und vielschichtigen Ausstellungsraum für das Schwedische Architekturmuseum “ArkDes” geschaffen. Als Raum im Raum grenzt sich die minimalistische Struktur aus Stahlträgern aber nicht vom restlichen Ausstellungsbereich ab, sondern tritt vielmehr auf vielfache Art und Weise mit ihr und den Besuchern in Kontakt. Der Beitrag Eine Box mit vielen Facetten erschien zuerst auf architektur-online.
Mit der “Boxen Studio Gallery” haben Dehlin Brattgård Arkitekter einen völlig neuen und vielschichtigen Ausstellungsraum für das Schwedische Architekturmuseum “ArkDes” geschaffen. Als Raum im Raum grenzt sich die minimalistische Struktur aus Stahlträgern aber nicht vom restlichen Ausstellungsbereich ab, sondern tritt vielmehr auf vielfache Art und Weise mit ihr und den Besuchern in Kontakt.
Das Schwedische Zentrum für Architektur und Design “ArkDes” befindet sich auf der Insel Skeppsholmen in Stockholm. Es besteht aus zwei Gebäudeteilen – dem Exercishuset, der alten Exerzierhalle der Marine, und einem moderneren Bauwerk des spanischen Architekten Rafael Moneo, welches 1997 fertiggestellt wurde. Architekturgeschichte in geballter Form: Historismus trifft Funktionalismus und Minimalismus. Für Letzteres zeichnen die ortsansässigen Dehlin Brattgård Arkitekter verantwortlich, die das Architekturmuseum 2018 um einen temporären Ausstellungsbereich ergänzen durften.
Die neue Studio Gallery trägt den trefflichen Namen Boxen, zu Schwedisch wie zu Deutsch “Die Box”, und wurde ähnlich einem Haus im Haus in eine der bestehenden Ausstellungshallen implementiert. Die Besonderheit liegt in der Konzeption der Struktur dieser Box, die sich in ihrer Gesamtheit nutzen lässt: von innen wie von außen, vom Boden bis zur Decke. Dabei sind es nicht nur die Aussteller und Kuratoren, die diese Box bespielen und befüllen, auch die Besucher sollen in direkten physischen Kontakt treten können. Die Gestalter übersetzten das Bedürfnis, Architektur mit allen Sinnen zu erleben, in eine eigens dafür konzipierte, robust gefertigte Ausstellungsmaschine. Die leeren Leinwände des als White Box gestalteten Innenraums stehen in scharfem Kontrast zu der mit Maschendrahtdrahtgeflecht versehenen Außenhaut. Die Hülle ist als informelle Ausstellungsfläche gedacht, die zusätzlichen Platz für Exponate bietet.
Über eine Rampe gelangen die Besucher auf eine Galerie, von der aus sich unterschiedliche Blickwinkel auf die präsentierten Objekte eröffnen. Der Mensch wird beim Betreten der Architektur im Raum ein Teil des Gesamtkunstwerks und kann über Rampe und Galerie mit der umgebenden Halle in Kontakt treten – ebenso wie die Box neue räumliche Beziehungen zu ihrer Umgebung schafft. Dabei verstärken gerade die Durchlässigkeit und teilweise Entmaterialisierung der Struktur diesen Effekt.
Durch die zentrale Lage inmitten der Halle und neben der Dauerausstellung ergeben sich bereits beim Betreten der Hauptlobby erste Blickbeziehungen zur Box, die wiederum in direkter Verbindung mit der temporären Ausstellungshalle steht. Gezielt gesetzte Öffnungen in der Konstruktion lassen den Blick ungehindert durch die Ausstellungshallen schweifen. Ganz den alten architektonischen Regeln der Lenkung der Blickachsen folgend, findet der Blick des Besuchers so vom Haupteingang an der Exercisplan aus sein Ziel in dem neuen Gebäude von Rafael Moneo.
Es sind gerade die Konstruktion und die zurückgenommene Gestaltung der Box, die diese so natürlich in den Bestand integrieren. Hierfür wurde eine vorgefertigte Stahlkonstruktion auf Basis von Standardprofilen entworfen, die im Inneren mit Birkensperrholz und weißen Gipskartonplatten ausgekleidet ist. Den oberen Abschluss bildet ein Dach aus stahlverzinktem Wellblech. Die Primärstruktur zeigt sich in Trägern, die in regelmäßigem Abstand stehend den Hauptrahmen der Galerie bilden. Von außen ist der verzinkte Stahl frei sichtbar und nur mit einem Maschendrahtgewebe versehen. Dahinter blitzt das auf deren Rückseite silber lackierte Birkensperrholz der Innenwände teilweise hervor. Das mit weißem Textilgewebe versehene Geländer an der Außenkante der Rampe fügt dem Ganzen eine zusätzliche Ebene hinzu. Die als Gitterroste aus verzinktem Stahl ausgeführte Rampe startet an der Hauptöffnung der Box und führt an deren Wand entlang und an einer kreisförmigen Öffnung mit zugehöriger Aussichtsplattform vorbei, ehe sie in einen Balkon mündet, der sich über die gesamte Länge der Galerie erstreckt. Über eine verborgene Treppe gelangen die Besucher von hier aus wieder auf die eigentliche Galerie. Das Dach scheint aufgrund der ausgesparten Verkleidung der Stahlkonstruktion im oberen Bereich losgelöst über der Box zu schweben. Dies verstärkt zum einen den Eindruck des Verschwimmens der räumlichen Trennung von Box und Halle, zum anderen gelangt auf diese Weise natürliches Tageslicht ins Innere der Box.
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Durch drei Türen gelangen die Besucher in den Ausstellungsraum. Dessen großzügige Dimensionen bieten in Kombination mit der reduzierten und neutralen Gestaltung in zurückhaltenden Weißtönen den perfekten Hintergrund für Ausstellungen und Veranstaltungen jeglicher Art. Ein Schwellenraum am Haupteingang setzt den Übergang von der temporären Ausstellung in der benachbarten Halle zusätzlich als trennendes Element in Szene.
“Boxen” besticht trotz der Einfachheit der Struktur gerade beim zweiten Blick durch seine Vielschichtigkeit. Einerseits verleiht die Schichtung von Materialien auf der Außenseite dem Gebäude einen filigranen Ausdruck und eine visuelle Tiefe. Andererseits lässt die Vielzahl der Öffnungen die Grenzen zwischen dem innenliegenden Galerieraum, der nach außen gestülpten Ausstellungsfläche und dem umgebenden Museumssaal verwischen. Auf diese Weise werden alle Flächen und sich ergebenden Räume als gleichwertig wahrgenommen – durch den Wechsel der Perspektive können diese aber wiederum immer wieder neu erlebbar gemacht werden. Das spannende daran, die vielen Facetten dieser Box zu entdecken, liegt aber wohl darin begründet, dass jeder Besucher für sich selbst entscheiden kann, welcher Blickwinkel der bevorzugte ist.
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Boxen Studio Gallery im ArkDes
Stockholm, Schweden
Bauherr: ArkDes – The Swedish Centre for Architecture and Design
Planung: Dehlin Brattgård Arkitekter
Mitarbeiter: Johannes Brattgård, Johan Dehlin
Statik: DIFK Dipl.-Ing. Florian Kosche
Bruttogeschossfläche: 273 m2
Nutzfläche: 156 m2
Bauzeit: 6 Wochen
Fertigstellung: 06/2018
Baukosten: 196.000 Euro
Text: Linda Pezzei
Fotos: Johan Dehlin, Mikael Olsson
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