Erfolgsrezept: Hotels, die begeistern

Interview: Alexander Meissl ist einer von vier Partnern von MEISSL Architects. Das Büro mit Sitz in Seefeld in Tirol und Zweigstellen in Wien und Berlin hat es sich zur Aufgabe gemacht, Projekte und Gebäude zu entwerfen, in denen Menschen nicht nur wohnen, sondern sich auch erholen und ihre Freizeit genießen können. Mit dem Schwerpunkt Hospitality wollen der Architekt und sein Team bei Hotelgasten für einen Wow- und einen Hmmm-Effekt sorgen und zugleich Traume wahr werden lassen, die sich zu Hause nicht erfüllen lassen. Im Interview gibt der Tiroler Einblicke in die Besonderheiten der Hotelplanung und spricht über Herausforderungen sowie aktuelle Entwicklungen. Außerdem geht es um zukunftsweisende Konzepte und Maßnahmen für einen nachhaltige(re)n Tourismus.

Erfolgsrezept: Hotels, die begeistern

Alexander Meissl ist einer von vier Partnern von MEISSL Architects. Das Büro mit Sitz in Seefeld in Tirol und Zweigstellen in Wien und Berlin hat es sich zur Aufgabe gemacht, Projekte und Gebäude zu entwerfen, in denen Menschen nicht nur wohnen, sondern sich auch erholen und ihre Freizeit genießen können. Mit dem Schwerpunkt Hospitality wollen der Architekt und sein Team bei Hotelgasten für einen Wow- und einen Hmmm-Effekt sorgen und zugleich Traume wahr werden lassen, die sich zu Hause nicht erfüllen lassen. Im Interview gibt der Tiroler Einblicke in die Besonderheiten der Hotelplanung und spricht über Herausforderungen sowie aktuelle Entwicklungen. Außerdem geht es um zukunftsweisende Konzepte und Maßnahmen für einen nachhaltige(re)n Tourismus.

 

MEISSL Architects
© Birgit Pichler

 

Einer der Schwerpunkte von MEISSL Architects ist der Bereich Hospitality. Was fasziniert Sie dabei am meisten?

Die Faszination ist einfach erklärt – es macht unglaublichen Spaß, Orte zu erschaffen, an und in denen sich Gäste wohlfühlen, je nach Wunsch verwöhnen lassen (können) und mit sehr vielen Eindrücken und Erinnerungen wieder nach Hause fahren. Wir erzählen doch am liebsten stundenlang von unseren Urlaubserlebnissen und nicht von unserem Arbeitsalltag. Auch das ist ein Indiz für den Stellenwert der Auszeit vom Alltag. Für uns machen Hotels einfach mehr Spaß als Büros.

Der Hospitality-Fokus des Büros besteht bereits seit der Gründung 1958 – was sind die größten Veränderungen? Was gilt nach wie vor?

Da muss ich etwas weiter ausholen. In den 60er-Jahren gab es in Tirol als Tourismusregion Aufholbedarf beim Hotelangebot. Während man anfangs noch ein Faible für zeitgemäße Architektur hatte, entwickelten sich die Hospitality-Projekte durch den Einfluss der Urlaubsgäste – bis in die 70er und 80er hinein – zunehmend in eine romantische Richtung, die in einer völlig willkürlichen Gestaltung resultierte. Ab den 90ern entstanden erstmals wieder Hotels mit Fokus auf Wertigkeit und Materialität. Gepaart mit neuen Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten der Urlaubenden differenzierte sich das Design dann immer mehr. Heute gibt es nicht mehr nur klassische 4- oder 5-Sterne-Hotels unterschiedlicher Preisklassen, sondern spezialisierte Spa-, Low Budget-, Adult Only- oder Single-Angebote. Was sich also verändert hat, ist die Vielfalt der Angebotspalette, die Schnelligkeit, in der sich Reisegewohnheiten ändern, und der Freizeitmarkt, der darauf rasch zu reagieren hat. Es geht auch nicht mehr um das Bedürfnis Urlaub. Die Gäste wissen heute im Detail, wie sie sich einen Urlaub vorstellen. Je treffsicherer das Angebot, desto eher wird gebucht.

 


Als Massivholzbau überzeugt das MALIS Gartenhotel in Zell am Ziller mit einer flexiblen Gestaltung, kurzer Bauzeit und ökologischen Vorteilen – das brachte ihm auch eine Anerkennung beim Tiroler Holzbaupreis 2023 ein. © ZillerSeasons, Dirk Tacke

 

Welchen großen Herausforderungen begegnet man bei der Hospitality-Planung?

Einerseits brauchen Hotels eine gute Performance, um gut gefüllt die wirtschaftlich erforderlichen Preise durchsetzen zu können. Anstatt Interior-Trends zu folgen, wollen wir nachhaltige Projekte realisieren, die

auf die Bedürfnisse der Gäste abgestimmt sind und dadurch einen längeren Lebenszyklus haben. Andererseits gibt es viele Gegenwartsprobleme, die es stets zu berücksichtigen gilt: z.B. der Umgang mit höheren Baukosten, Personalknappheit und gestiegene Energiekosten. Ökologische Baustoffe treiben zwar zunächst die Kosten in die Höhe, machen sich aber über eine längere Nutzungsdauer bezahlt. Auf Personalknappheit reagiert man unter anderem mit kürzeren Wegen und einem pflegeleichten, langlebigen Interieur.

Auf Ihrer Website sprechen Sie von zukunftsweisenden Konzepten. Wie sehen diese im Bereich Hospitality aus?

Intelligent geplant, nachhaltig gebaut und zeitlos gestaltet, fasst es gut zusammen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Neu- oder Umbau, und um welches Hotelprodukt es sich handelt, spielt ebenfalls keine Rolle. Auch die Größe eines Hotels schließt diese Grundsätze nicht aus. Was bei all dem ewig gilt, ist meines Erachtens der Grundsatz: Qualität siegt über Quantität.

 


MEISSL Architects finden: Auch (wenig effiziente) Infinity Pools dürfen in Hotels sein – solange man die Gesamtenergiebilanz im Blick hat und Einsparungspotenziale identifiziert.

 

Sind die Voraussetzungen dafür gegeben? Gibt es Aufholbedarf oder ungenutztes Potenzial?

Ich denke für gute Konzepte ist vieles vorhanden. Jedoch sind jeder Ort und jede Aufgabe anders, weshalb es dazu kein allgemeingültiges Regelwerk gibt. Generell steckt in der Umnutzung viel Potenzial. Heute lässt sich – mit Ausnahme mancher Bestandsobjekte aus den 60er-, 70er- und 80er-Jahren, bei denen es sich aufgrund von Technik und Baustoffauswahl eher um gebauten Sondermüll handelt – aus nahezu jeder „alten Bude“ ein Hotel machen und so der ökologische Fußabdruck eines Projektes verbessern. Leider ist die Regulative insbesondere bei Umbauten mittlerweile erdrückend und macht diese oft zur Herkulesaufgabe. Die zu berücksichtigenden Baugesetze und Normen (z.B. hinsichtlich des Brandschutzes) stehen in keinem Verhältnis zum Risiko und bedürften einer sinnvollen Entrümpelung, um die Grundlage für mehr Sanierungsprojekte zu schaffen. Das Thema Material wird in der Zukunft unser größtes Problem werden, da wir zu schnell zu viele Ressourcen verbrauchen.

Wie sollten Architekt:innen vorgehen, um ein gutes Konzept zu entwickeln, das auch in vielen Jahren noch funktioniert?

Die Anstrengungen sollten darauf abzielen, zeitlos Menschliches, Natürliches und Nachhaltiges zu planen, das für sich selbst spricht und überzeugt. Mir ist klar, dass dies leichter gesagt als getan ist, aber dieser Anspruch ist wichtig in unserer Branche. Generell bin ich z.B. ein Verfechter davon, keine geschlossenen Hotels zu planen, in denen es keinerlei Interaktion zwischen Gast und Einheimischen gibt. Indem ich das ökosoziale Umfeld berücksichtige, miteinbeziehe und eine Verbindung mit dem Ort herstelle, schaffe ich lebendige Projekte – was sich wiederum positiv auf die Umsätze auswirkt.

 


Der Komfort im das MAX Boutiquehotel in Seefeld soll „wie zu Hause, aber besser“ sein. Hier kombinierte man hochwertige Materialen mit sanften Farbakzenten und sorgte so für ein modernes Ambiente. © Stephanie Lohmann

 

Passen die Themen Tourismus und Nachhaltigkeit zusammen?

Ich denke sie werden – vor allem in Zukunft – zusammenpassen müssen. Dabei reicht es nicht, lediglich über Nachhaltigkeit zu reden, sei es beim Tourismus oder in anderen Bereichen. Nachhaltigkeit allein ist auch kein Buchungskriterium per se. Es wird nicht mehr lange dauern, da gehört ein respektvoller Umgang mit unserer Umwelt als Grundvoraussetzung zur Wahl des Ortes und der Unterkunft dazu. Deshalb würde ich beispielsweise kein Geld in Umweltzertifikate investieren, denn das ist reine Geldmacherei und in wenigen Jahren sind diese Zertifikate wenig wert. Stattdessen kann man mit dem Geld direkt in die gebaute Umwelt, in Energieeinsparungen oder in die Steigerung der Behaglichkeit investieren. Davon profitiert man auch in 20, 30 Jahren noch.

Gibt es gute, nachhaltige Ansätze? Was muss sich verändern?

Aus meiner Sicht gibt es zwar gute, aber viel zu wenige Ansätze. Bei der Nachhaltigkeit geht es zuallererst um eine räumliche Strukturierung, bei der nicht nur ein Hotel selbst, sondern auch dessen bauliche Umgebung und schließlich die Natur eigene Schwerpunkte erfordern. In Bezug auf den Ort spielt z.B. die Mobilität eine wichtige Rolle: Wie sieht die An- bzw. Abreise der Gäste aus? Wie funktioniert der Transport während des Aufenthalts? In dieser Hinsicht werden Gegenden mit guter, öffentlicher Anbindung künftig an Attraktivität gewinnen. Auch sonst gibt es in der Hospitality-Architektur viele klimarelevante Aspekte wie Abfallmanagement oder Flächenversiegelung (durch großflächige Parkplätze etc.), die Optimierungspotenzial bieten. Ich sehe hier auch uns Architekt: innen in der Verantwortung, nachhaltige, ressourcenschonende Konzepte – trotz Kostendruck – ins Gespräch zu bringen und so mit gutem Beispiel voranzugehen.

 


Unter dem Motto Asian Fusion meets Schwarzwald gestalteten MEISSL Architects das KURO.MORI Restaurant. Rund um die offene Küche warten neben kulinarischen Highlights auch haptische Erlebnisse wie unbehandeltes Holz. © Kirchgasser Photography

 

Welche spannenden Entwicklungen gibt es im Bereich Hospitality?

Es gibt nicht die eine Entwicklung, aber am Ende steht immer eines: die Begeisterung. Wer begeistern kann, hat viel richtig gemacht. Gegenwärtige Herausforderungen wie höhere Energie- und Baukosten sowie weniger Personal führen in manchen Bereichen zu interessanten, typologischen Veränderungen. Während man früher Speisesaal und Hotelhalle plante, versucht man heute unter dem Begriff „Shared Spaces“ Flächen möglichst effizient zu nutzen.

Spannende Neuerungen gibt es auch in Hinblick auf smarte Technologien. Diese sollten aber nie die Dienstleistungsbereitschaft ersetzen, sondern nur den Umgang mit dem Gast unterstützen, um z.B. lange Wartezeiten zu vermeiden. Vollautomatisierte Gebäudekonzepte funktionieren hingegen nur bedingt. Wenn ein Gast in ein Hotel in der Natur fährt, möchte er selbst entscheiden, wann er die Balkontüre öffnet oder die Sonne hereinlässt. Wenig effiziente Outdoor-Pools gehören für viele ebenso zum Urlaubserlebnis. Deshalb gilt es beim Thema Energie, auf Komfort und Nutzer:innenfreundlichkeit zu achten, gleichzeitig aber Einsparungspotenziale zu identifizieren und z.B. auf hauseigene Systeme zur Energierückgewinnung zu setzen. Auch abseits der Haustechnik kann man baulich intelligente Lösungen wählen und so die Gesamtbilanz optimieren.

Wenn Sie selbst verreisen, nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Bleiben aus?

Als erstes entscheide ich, in welche Region ich will und welchen Urlaub ich plane – ans Meer oder einen See, ins Gebirge oder in eine Stadt. Wenn es dann um die Auswahl des Hotels geht, werde natürlich auch ich als designaffiner Mensch von Bildern angelockt. Für mich sind mehrere Faktoren ausschlaggebend: Ich mag altehrwürdige Häuser mit Charakter, ein 08/15-Design spricht mich nicht an. Neben der Umgebung sowie Freibereichen, Rückzugs- und Unterhaltungsmöglichkeiten ist mir vor allem die Größe wichtig. Dabei ziehe ich kleine, persönliche Hotels ganz klar vor und bin auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Der Preis spielt hingegen erst kurz vor der Buchung eine Rolle.

www.meissl.at

 

 

Interview: Edina Obermoser