Künstliche Intelligenz Teil 1: KI im Architekturbüro

Die Künstliche Intelligenz (KI) ist im Baubereich angekommen – und beeinflusst damit auch den Praxisalltag von Architekten. Was gibt es schon und was kommt morgen? Dieser Beitrag beschäftigt sich mit KI-Werkzeugen und deren Einsatzmöglichkeiten in Planungsbüros.

Künstliche Intelligenz Teil 1: KI im Architekturbüro

Die Künstliche Intelligenz (KI) ist im Baubereich angekommen – und beeinflusst damit auch den Praxisalltag von Architekten. Was gibt es schon und was kommt morgen? Dieser Beitrag beschäftigt sich mit KI-Werkzeugen und deren Einsatzmöglichkeiten in Planungsbüros.

 


KI-Werkzeuge haben das Potenzial, neben den Planungsabläufen auch die Formensprache von Planern zu prägen und zu verändern. © Studio Tim Fu

 

KI-Software nutzen inzwischen auch viele Architekten – beispielsweise für Recherchen, Schreibarbeiten und Bürotätigkeiten oder für die Entwurfs- und Designoptimierung. Welche aktuellen Anwendungen und Entwicklungen gibt es, welche Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen entstehen dadurch? Teil 1 dieses zweiteiligen KI-Beitrags stellt KI-Werkzeuge für Architekturbüros vor, Teil 2 geht in der nächsten Ausgabe auf KI-Anwendungen auf Baustellen ein.

 


KI-basierte Dialogsysteme, können nicht nur Fragen beantworten, komplexe Recherchen oder Konzeptentwicklungen assistieren, sondern auch Schreibarbeiten übernehmen. © YouChat

 

KI für Bürotätigkeiten

Smarte Dialogsysteme wie ChatGPT, YouChat oder Microsoft Bing KI sind zu einem Synonym für KI-Anwendungen in vielen Lebens- und Wirtschaftsbereichen geworden. Auch im Architekturbüro können sie zeitraubende Tätigkeiten übernehmen: die Formulierung von Kundenanschreiben, Stellenanzeigen, Marketingtexten, Pressemitteilungen, Webtexten oder Social-Media-Posts. Smarte Dialogsysteme basieren auf einem mit maschinellen Lerntechnologien trainierten Künstlichen Neuronalen Netz und können nicht nur selbstständig Texte verfassen. Sie beantworten auch Fragen, führen Dialoge oder erstellen Programmcode. Sie sind auch in der Lage, einfache Kundenfragen automatisiert zu beantworten oder das Recherchieren im Internet zu vereinfachen. So können komplexe Suchanfragen in natürlicher Sprache formuliert und ebenso beantwortet werden. Das spart Zeit, weil man keine langen Ergebnislisten durchsuchen muss. Ist die Antwort nicht zufriedenstellend, fordert man das System zum Nachbessern auf. Allerdings ist es ratsam, jede Antwort auf Fakten und Plausibilität zu prüfen und rechtlich Relevantes – etwa die Formulierung von Mängelrügen, Behinderungsanzeigen oder Abmahnungen etc. – weiterhin konventionell zu erledigen.

 


KI-Bildgenerierer benötigen für die Bilderstellung, beispielsweise eines Holzstuhls in einem bestimmten Designstil, nur wenige Sekunden. © Prodia

 

Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Webseitengestaltung mit KI-Website Buildern wie Durable, GetResponse oder Wix, die in wenigen Schritten ein Webseiten-Grundgerüst erstellen können, das man individuell anpassen kann. Im Gegensatz zu Standardprogrammen wie Microsoft 365, Microsoft Paint oder Deepl verfügen praktisch noch keine bauspezifischen Büro- und Projektmanagement- (BMSP), Dokumenten-Management- (DMS) oder AVA-Programme über KI-Funktionen. Dabei könnten etwa eingehende E-Mails, Anschreiben oder Rechnungen per KI-gestützter Texterkennung digitalisiert, analysiert, die Daten extrahiert und im BMSP-System verarbeitet werden. So ließen sich zeitaufwendige Prüf- und Zuweisungsarbeiten erübrigen. Diese oder ähnliche Funktionen sind vermutlich gerade in der Entwicklung – schließlich ist die KI auch zu einem wichtigen Marketing-Zugpferd geworden. Allerdings ist nicht immer, wo KI draufsteht, auch KI drin. Manchmal stehen hinter den angeblichen smarten Funktionen lediglich konventionelle Algorithmen.

 


Entwürfe, etwa eines Stuhls, können KI-gestützt statisch oder im Hinblick auf den Materialeinsatz optimiert werden. © Arthur Harsuvanakit

 

KI für Entwurf und Planung

Auch für das ureigenste Betätigungsfeld von Architekten – für den Entwurf und die Planung – werden inzwischen zahlreiche KI-Werkzeuge angeboten. KI-Bildgeneratoren zum Beispiel nutzen neuronale Netze und maschinelles Lernen, um große Mengen von Bilddaten zu analysieren, Muster und Zusammenhänge zu erkennen und daraus Neues zu generieren. Damit lassen sich unter anderem Design- oder Entwurfsideen entwickeln – etwa für ein Möbelstück, eine Küchen- oder Badeinrichtung oder ein komplettes Gebäude – ohne diese Objekte skizzieren oder dreidimensional modellieren zu müssen. Es genügt eine textliche Anweisung, „Prompt“ genannt, was abgebildet werden soll. Je genauer die Beschreibung ist, desto besser entsprechen die Ergebnisse den Anforderungen. Durch präziser formulierte Prompts können sie optimiert und als Inspiration für die weitere Entwurfsausarbeitung benutzt werden. Vereinzelt nutzen auch schon CAD-Programme KI-Bildgeneratoren. Diese können anhand eines beschreibenden Textes erste Konzeptmodelle für das Interieur oder ein komplettes Gebäude generieren und entsprechend den Wünschen des Nutzers anschließend variieren. Darüber hinaus kann um KI-Funktionen erweitertes CAD das Zeichnen oder dreidimensionale Modellieren unterstützen oder Konstruktionen im Hinblick auf die Statik oder den Materialverbrauch optimieren. KI erweitert auch die Möglichkeiten Generativer Designprozesse, die eine mit konventionellen CAD-Planungsmethoden nicht erzielbare Form- und Gestaltungsfreiheit ermöglichen. So können die automatisch generierten Entwurfsvarianten einer maschinellen Vor­auswahl unterzogen und diese anschließend vom Anwender bewertet werden, der daraus schließlich die bestmögliche Lösung auswählt. Da der Computer sehr viele Alternativen in sehr kurzer Zeit generieren kann, lassen sich für eine Entwurfsaufgabe mit weniger Zeitaufwand weitaus mehr Lösungen finden, als dies herkömmlich möglich und wirtschaftlich vertretbar wäre.

 


Die Bandbreite der architekturspezifischen KI-Werkzeuge reicht von „einfachen“ Text-zu-Bild- oder Bild-zu-Bild-Generatoren … © Evolvelab, Veras


… bis hin zu KI-Anwendungen, die planerische Abläufe nicht nur unterstützen und optimieren, sondern auch verändern werden. © Smart Scapes Studio, Architechtures

 

Architekturspezifische KI-Anwendungen

Es gibt auch schon für Architekten, Innenarchitekten oder Designer zugeschnittene KI-Werkzeuge mit unterschiedlichem Anspruch. Die Bandbreite reicht von „einfachen“, speziell für Architekten und Innenarchitekten zugeschnittenen Text-zu-Bild- oder Bild-zu-Bild-Generatoren bis hin zu KI-Anwendungen, die planerische Abläufe von der Grundriss-Entwurfsskizze bis zum BIM-Modell nicht nur unterstützen und optimieren, sondern auch verändern werden. So verspricht zum Beispiel die webbasierte Entwurfsplattform Architechtures neuartige Entwurfsprozesse für Wohngebäude im Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine. Anwender können damit in einem iterativen Prozess Lösungen finden, die am besten zu den vorgegebenen Geometrien, Zielen und Entwurfskriterien passen. Die Ergebnisse werden in Echtzeit als BIM-Modell angezeigt, das im IFC-, XLSX- und DXF-Format heruntergeladen werden kann. (www.architechtures.com). Über die KI-Plattform Ark können Architekten auf spezifische Projektanforderungen zugeschnittene und im Hinblick auf Faktoren wie Raumnutzung, Rentabilität, Energieeffizienz etc. optimierte schematische Entwürfe erstellen (www.arkdesign.ai).

 


In CAD-Programme integrierte KI-Visualisierer generieren Konzeptmodelle anhand beschreibender Texte. © Graphisoft

 

RoomGPT erzeugt auf der Grundlage eines hochgeladenen Raum- oder Gebäude-Fotos und des gewählten Design-Stiles Ideen für eine Neu- oder Umgestaltung (www.roomgpt.io). Getfloorplan generiert aus einem hochgeladenen Grundriss wahlweise einen 2D-Grundrissplan oder ein 3D-Modell, das modifiziert und optional auch per VR-Brille virtuell erkundet werden kann (www.getfloorplan.com). Finch 3D ist ein von Architekten entwickeltes parametrisches Designwerkzeug, mit dem Grundriss-Varianten entsprechend den Vorgaben des Anwenders automatisiert erstellt und beispielsweise bezüglich der Flächengrößen optimiert werden können (www.finch3d.com). Mit der cloudbasierten KI-Software Forma von Autodesk lassen sich beispielsweise städtebauliche Entwurfsvarianten in früher Projektphase in Echtzeit unter verschiedenen Aspekten, wie Sonnenexposition, Tageslichtpotenzial, Wind und Mikroklima oder CO2-Emissionen untersuchen, vergleichen und optimieren (www.autodesk.at). Skema ist ein in das BIM-Autorenprogramm Revit integrierbares Online-Designwerkzeug, mit dem Schemapläne auf der Grundlage von Anwendervorgaben und früherer Entwürfe generiert und daraus automatisiert BIM-Modelle bis zum Detaillierungsgrad LOD 350 erstellt werden können (www.skema.ai). Maket generiert individuelle Wohnungsgrundrisse, macht Designvorschläge beispielsweise zur Raum­einrichtung, die anschließend individuell modifiziert werden können, bietet eine virtuelle Beratung zu Kosten-, Design- und Materialfragen oder Bauvorschriften und soll so die Architekturplanung vereinfachen (www.maket.ai). Swapp beschleunigt das Entwerfen, Modellieren und Planen individueller Gebäude. Auf der Grundlage einfacher Raumlayouts können entsprechend den konstruktiven Vorgaben des Anwenders komplette Revit-Modelle inklusive aller Grundriss-, Schnitt- und Detailzeichnungen erstellt werden (www.swapp.ai). Veras ist ein KI-unterstütztes Visualisierungswerkzeug, das als Plugin für Autodesk Revit und Forma, Rhino, Sketchup oder Vectorworks aus 3D-Modellen nicht nur Renderings, sondern mithilfe komfortabler Schieberegler auch Gestaltungsvorschläge für ein vorgegebenes 3D-Modell oder einen markierten Bildbereich generieren kann (www.evolvelab.io/veras). Auch beim Bauen im Bestand können KI-unterstützte Funktionen wie Scan-to-BIM oder Photo-to-3D Object Entwurfs- und Planungsprozesse beschleunigen. KI-Werkzeuge wie Aurivus, Voxelgrid, Alpha3D, Luma AI oder MagicScan scannen Innenräume, Gebäude oder Objekte und wandeln sie automatisch in digitale 3D- oder BIM-Modelle um (www.aurivus.com, www.voxelgrid.com, www.alpha3d.io, www.lumalabs.ai, www.magiscan.app).

 


Städtebauliche Entwürfe lassen sich unter verschiedenen Aspekten miteinander vergleichen und optimieren. © Autodesk

 

Chancen und Risiken der KI

KI ist auch in die Arbeitswelt von Architekten eingezogen – und sie wird bleiben. Dass die KI kreative Prozesse nicht nur unterstützen, sondern teilweise auch selbst kreativ werden kann, mag für einige beunruhigend, für andere inspirierend sein. Diese unterschiedlichen Reaktionen rief aber auch schon CAD-Software hervor, als sie vor über 30 Jahren in den Architekturbüros Einzug hielt. Die KI kann eine ganze Menge mehr, ist aber letztlich auch nur ein unterstützendes Werkzeug, das richtig eingesetzt werden will. Spontanität, Genialität, Intuition, künstlerisch-schöpferische Fähigkeiten oder das „Bauchgefühl“ wird die KI (bis auf weiteres) nicht ersetzen können. Auch die Berücksichtigung wichtiger Entwurfsparameter und deren Wechselwirkungen, wie städtebaulicher Kontext, Raumprogramm, Raumbeziehungen, Sichtachsen, Material und Konstruktion, Kosten, Öko- und Nachhaltigkeitsaspekte oder baurechtliche Vorgaben etc. sind noch Schwachpunkte von KI-Systemen. Die Einsatzmöglichkeiten sind dennoch vielversprechend und werden nicht nur Software-Werkzeuge wie BMSP, CAD und AVA verändern, sondern auch die Arbeitsweise von Architekten. Ungeklärt sind noch urheberrechtliche Aspekte oder juristische Fragen von KI-Anwendungen: Wem gehören KI-generierte Inhalte, wer haftet für KI-Fehler? Auch die dahinterstehende Technik wirft Fragen auf: KI-Systeme setzen große Datenmengen (Big Data) voraus, anhand derer sie ihre Algorithmen, etwa zur Mustererkennung, trainieren und optimieren. Je größer die Datenbasis ist, umso besser sind die KI-Ergebnisse. Welche Quantität und Qualität diese Trainingsdaten allerdings haben, wie sie verknüpft sind und welche Bewertungs- und Entscheidungskriterien herangezogen werden, bleibt häufig im Dunkeln. Das ist aus vielen Gründen problematisch. Das KI-Gesetz der EU (AI-Act) ist ein wichtiger Schritt in Richtung rechtlich reglementierter, sicherer, transparenter und nachvollziehbarer KI-Anwendungen. Bleibt zu hoffen, dass es sich bewährt und auch weltweit Schule macht.

 


Auch für eine fiktive Baulücke kann die KI mithilfe komfortabler Schieberegler individuelle Entwurfsvorschläge machen. © Evolvelab, Veras

 

Link- und Literaturtipps (Auswahl)

www.aecmag.com/ai KI-News vom AECMagazine
www.designundki.de     Infos zum Thema „Design und KI“
www.ki-campus.org       Kostenlose Online-Kurse zur KI
www.handwerkdigital.de            Themen, Künstliche Intelligenz

Engenhart, M., Löwe, S.: Design und künstliche Intelligenz. Theoretische und praktische Grundlagen der Gestaltung mit maschinell lernenden Systemen, Birkhäuser, Basel, 2022
Giannakidis, A., Weber-Lewerenz, B., Stolze, D.: KI in der Bauwirtschaft. Einsatzmöglichkeiten für Planung, Realisierung und Betrieb von Bauwerken, Fraunhofer IAO, Eigenverlag, Stuttgart 2021
Haghsheno, S., Satzger, G., Lauble, S., Vössing, M.: Künstliche Intelligenz im Bauwesen. Grundlagen und Anwendungsfälle, Springer-Verlag, Heidelberg 2024

 

 

Text: Marian Behaneck