Lernen mit Leichtigkeit
Die 100 Jahre alte und denkmalgeschützte Volksschule Angedair in Landeck in Tirol kann dank der Architekten Franz&Sue heute mit einer äußerst modernen Erscheinung und einem innovativen Lernkonzept aufwarten. Nach nur drei Jahren Bau- und Planungszeit konnte die Volksschule 2018 nach erheblichen Renovierungs-, Um- und Neubauarbeiten für die Schüler wiedereröffnet werden. Der Beitrag Lernen mit Leichtigkeit erschien zuerst auf architektur-online.
Die 100 Jahre alte und denkmalgeschützte Volksschule Angedair in Landeck in Tirol kann dank der Architekten Franz&Sue heute mit einer äußerst modernen Erscheinung und einem innovativen Lernkonzept aufwarten. Nach nur drei Jahren Bau- und Planungszeit konnte die Volksschule 2018 nach erheblichen Renovierungs-, Um- und Neubauarbeiten für die Schüler wiedereröffnet werden.
Mit ihren 100 Jahren war die denkmalgeschützte Volksschule mitten im Zentrum der Tiroler Bezirkshauptstadt Landeck eindeutig in die Jahre gekommen. Dringendster Handlungsbedarf: mehr Platz für die Schülerinnen und Schüler, größere Transparenz, und eine neue Raumorganisation, die zeitgemäße Lehrmethoden möglich machen sollte. Den daraufhin ausgelobten EU-weiten, nicht offenen Wettbewerb konnte das Architekturbüro Franz&Sue mit seinem Vorschlag letztlich für sich entscheiden.
Die Aufgabenstellung: der “alten Dame” Volksschule Landeck ein zeitgemäßes Facelift verpassen. Die Antwort des Entwurfsteams von Franz&Sue: ein großes Wohnzimmer mit vielen Lern- und Spielmöglichkeiten im Innen- und Außenbereich. Dieses kindgerechte Konzept des Wiener Architekturbüros überzeugte die Stadtgemeinde Landeck zur Vergabe des ersten Preises, sodass 2017 mit den Renovierungs-, Um- und Neubauarbeiten begonnen werden konnte. Nach weniger als drei Jahren Bau- und Planungszeit lernen die Kinder der Volksschule Angedair seit 2018 nun in einem ganz besonderen Umfeld auf spielerische Art und Weise.
“Unsere Bedürfnisse nach Licht und Platz wurden von allen Seiten ernstgenommen. Das Architekturbüro hat sich nach innen verwirklicht und nicht nach außen ein Denkmal gesetzt,” zeigte sich Daniela Lehmann, die Direktorin der Volksschule, nach der Eröffnung erleichtert. Tatsächlich sind die Architekten, was die Außenhülle betrifft, sehr zurückhaltend darangegangen, diese gestalterisch anzufassen. Vielmehr wurde die historische Substanz grundsaniert und nur punktuell, wo es wirklich sinnvoll erschien, ein modernes Ausrufezeichen gesetzt. Unter dem Motto „Stärken stärken“ präsentiert sich der historische Baukörper nach dem Umbau noch klarer und steht heute so ruhig und selbstbewusst da wie eh und je. Dessen denkmalpflegerisch schützenswerte Qualität mit der dominanten Stellung am Platz wurde durch die Maßnahmen letztlich sogar noch unterstrichen.
Die daher beim Betreten des Schulgeländes auffälligste Neuerung nach dem Umbau: der im Schulhof schwebend wirkende Zubau, der jetzt den Zugang zur Schule markiert. In dem in der Erde versenkten Glaskubus befindet sich neben der Aula die Sporthalle, die tageslichtdurchflutet eine besondere Qualität bietet. Auf der großzügigen Dachterrasse oberhalb der Halle finden die Kinder in den Pausen viel Platz zum Toben, die Lehrer ihren Freiraum zum Durchatmen. Das Geländer bildet eine dichtstehende Holzlattung, welche die schwarz gestrichene Attika des Zubaus optisch verschwinden lässt. Die Plattform der Dachterrasse wirkt so von Weitem wie ein schwebender Zauberteppich – zum Abheben allzeit bereit – inmitten des Schulhofs.
Diese Wahrnehmung erklärt sich auch aus der konsequenten Fortführung der im Bezug auf den Blick barrierefrei und offen konzipierten Flächen im erdgeschossig liegenden Inneren des Kubus. Anstatt die im Erdboden versenkte Turnhalle mit massiven Wänden oder klobigen Geländern abzugrenzen, setzten die Architekten auf raumhoch aufgespannte Stahlnetze, die gleichzeitig als Absicherung und auch als Sichtfenster funktionieren. Transparenz, Licht und Platz lauteten die wichtigsten Schlagworte auf der Wunschliste der Direktorin, denen die Architekten nicht nur bei der Planung des Neubaus, sondern auch bei der Umgestaltung der bestehenden Gebäudeteile Rechnung trugen.
Während die erhaltenswerte Bausubstanz des Bestandsgebäudes äußerst behutsam saniert wurde, konnte ein anderer Teil abgerissen und in die entstehende Lücke ein neuer Klassentrakt eingefügt werden. Nachdem bestehende Wände aufgebrochen und zum Teil durch mobile Raumteiler ersetzt wurden, präsentieren sich die beiden oberen Geschosse nun als offene, lichtdurchflutete Lernlandschaft. Die wenigen verbliebenen Wände wirken durch ihre weiße Farbe in Kombination mit hellem Holz, transparenten Glastüren und niedrigen Kriechdurchgängen beinahe entmaterialisiert und werden hier und da zusätzlich durch Fenster ergänzt, in denen die Schüler gemütlich sitzen und sich austauschen können.
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“Wir haben eng mit Schulleitung und Gemeinde zusammengearbeitet – das Ergebnis ist eine sympathische, moderne Schule, in der sich LehrerInnen und SchülerInnen rundum wohlfühlen,” erklärt Erwin Stättner, Partner bei Franz&Sue, den reibungslosen Ablauf in der Planungs- und Umsetzungsphase. Dieses Wohlfühlen hängt mit Sicherheit auch mit der neuen Flexibilität der Räumlichkeiten zusammen. Die offene Lernlandschaft bietet eigene Lernzonen, die jeweils an den Gebäudeecken positioniert und dadurch von zwei Seiten belichtet sind. Mobile Raumteiler anstelle von starren Wänden ermöglichen das individuelle Weg- oder Zuschalten von Klassenräumen – je nach Bedarf.
Das Ergebnis der neuen Volksschule Angedair beweist den offenen Geist der Schulleitung, offenbart aber auch die kindliche Freude der Architekten bei der Planung der neuen Räumlichkeiten und Außenanlagen. Anders als in den vielfach gewohnten Schu(h)lschachteln, die sich vielerorts Klassenzimmer nennen, werden in der Volksschule Angedair die Neugier und Lust am Lernen spielerisch gefördert und gefordert. Die sprichwörtliche kindliche Leichtigkeit des Seins darf an diesem Ort voll und ganz gelebt werden.
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Volksschule Angedair
Landeck in Tirol, Österreich
Bauherr: Stadtgemeinde Landeck
Planung: Franz&Sue
Mitarbeiter: Lucie Vencelidesová (PL), Anna Ladurner, Bernd Stuffer, Wolfgang Fischer, Joseph Suntinger, Philipp Stromer, Philipp Wenzl, Joshua Meighörner, Simon Frey
Statik: DI Georg Pfenninger
Grundstücksfläche: 5.223 m2
Bebaute Fläche: 1.269 m2
Nutzfläche: 4.280 m2
Planungsbeginn: 2016
Bauzeit: 2017 – 2018
Fertigstellung: 08/2018
Baukosten: 5,5 Mio. Euro
Text: Linda Pezzei
Fotos: Franz&Sue/Lukas Schaller
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