Mies van der Rohe Awards 2024: Europas beste Bauten

Einer der wichtigsten europäischen Architekturpreise, welcher mit insgesamt 90.000 Euro dotiert ist, wurde vergeben. Der Hauptpreis 2024 geht erneut an einen Bildungsbau, das Studierendenhaus auf dem Campus der TU Braunschweig von Gustav Düsing und Max Hacke.

Mies van der Rohe Awards 2024: Europas beste Bauten

Einer der wichtigsten europäischen Architekturpreise, welcher mit insgesamt 90.000 Euro dotiert ist, wurde vergeben. Der Hauptpreis 2024 geht erneut an einen Bildungsbau, das Studierendenhaus auf dem Campus der TU Braunschweig von Gustav Düsing und Max Hacke.


© Lemmart

 

Die Ausstellung „Europas besten Bauten“ der Fundació Mies van der Rohe, Barcelona und der Europäischen Union wird vom 03. 10. 2024 bis zum 20. 01. 2025 in der Ausstellungshalle 2 des Az W in Wien zu sehen sein. Aus den 362 nominierten Projekten aus 38 europäischen Ländern hat die hochkarätige, international besetzte Jury, unter Vorsitz des französischen Architekten Frédéric Druot, insgesamt 40 Projekte in die Shortlist gewählt, die nun Teil der Ausstellung sind. Darunter fünf kollektive Wohnbauten, sieben Kultureinrichtungen und sechs Projekte mit gemischter Nutzung. Auch zwei Projekte aus Österreich sind Teil der Auswahl: das Stadthaus Neubaugasse von PSLA Architekten und IKEA wien westbahnhof von querkraft architekten. Ein Katalog zur Ausstellung präsentiert alle nominierten Projekte und ist im Rahmen der Ausstellung im Az W erhältlich.

„Wie schaut eine Architektur für die Klimawende aus? Wird sie neben neuen Bauweisen auch neue Ästhetiken bringen? Europas beste Bauten überzeugen sowohl mit extrovertierten als auch nüchternen Antworten“, so Angelika Fitz, Direktorin des Az W. Die Auswahl ist ein Seismograf aktueller gesellschaftlicher Prozesse. Mit neuen Nutzungskonzepten, kollektiven Wohnformen, Kreislauffähigkeit und dem ressourcenschonenden Weiterbauen von Bestand geben die Projekte beispielgebende Antworten auf zeitbedingte Fragen wie Klimakrise und soziale Polarisierung.

 


© Iwan Baan

 

Preisträger „Mies van der Rohe Awards 2024“
Studierendenhaus der TU Braunschweig, Deutschland

Architektur: Gustav Düsing, Büro Max Hacke

Das Studierendenhaus konnte mit der Schaffung einer flexiblen und innovativen Lernumgebung überzeugen, die den sozialen Austausch, das Entstehen von interdisziplinärem Wissen und den Dialog zwischen Studierenden und Lehrenden fördert. Das zweistöckige Gebäude aus weißem Stahlrahmen und Glas ist ein leichtes, luftiges und filigranes Bauwerk. Die dezentrale Erschließung über neun Eingänge und neun Treppenbereiche gliedert den Raum und es verschmelzen Verkehrs- und Nutzflächen miteinander. Der rund 1.000 m² große Pavillon mit Platz für bis zu 200 Studierende zeichnet sich durch technische Raffinesse in Verbindung mit einem hohen Maß an Abstraktion und visueller Reduktion aus. Die schlanke Stahl-Holz-Hybridkonstruktion ist vollständig demontierbar und folgt dem Prinzip des „Design for Disassembly“ – kann also jederzeit erweitert, verändert und andernorts aufgebaut werden. Außerdem ist das Gebäude ein seltenes Beispiel für zirkuläres Bauen, da Bauteile nur punktuell verschraubt und nicht verklebt und damit wiederverwendbar sind. Gustav Düsing und Max Hacke haben ihr Studio erst 2015 gegründet und sind damit die jüngsten Gewinner des EUmies Awards.

 


© Jesús Granada

 

Nachwuchspreis „Emerging Architecture 2024“
Bibliothek Gabriel García Márquez in Barcelona, Spanien
Architektur: SUMA Arquitectura (Orte Elena, Sevillano Guillermo)

Die Bibliothek Gabriel García Márquez in Barcelona trägt zur Umgestaltung des benachteiligten Arbeiterviertels Sant Martí bei, indem sie sich als neuer öffentlicher Raum nach außen und innen öffnet. Mit einer begrenzten Anzahl von tektonischen Ressourcen wurde hier eine große Vielfalt von Räumen geschaffen, die einen einheitlichen Eindruck vermitteln. Die Lese-, Arbeits- und Begegnungsräume sind rund um die vertikale Verteilerhalle über die Geschosse verteilt und überzeugen mit jeweils eigenständigem, ihrer Funktion entsprechendem Charakter. Durch Hinterfragen klassischer Bibliotheksmodelle schaffen die Architekt*innen ein Raumprogramm das Zugang, Austausch und Produktion von Wissen ganzheitlich fördert.

 

Finalisten „Mies van der Rohe Awards 2024“

 


© José Hevia

 

Colegio Reggio in Madrid, Spanien
Architektur: Andrés Jacque / Office for political Innovation

Das Projekt weist eine lebendige Bildsprache und eine Dramaturgie verschiedener Materialien und räumlicher Elemente auf sowie die ständige Präsenz der Natur. In einem partizipativen Prozess wurden offene Räume, eine üppige Vegetation im Inneren und Gärten für Insekten und Vögel entworfen und gestaltet – Elemente, die diese Schule zum idealen Ort machen, um über die Interaktion mit der Natur zu lernen.

Siehe auch architektur 6/23

 


© Thibaut Dini

 

Revitalisierung des Klosters von Saint-François in Sainte-Lucie-de-Tallano, Korsika
Architektur: Amelia Tavella Architectes

Das Gebäude, das hoch oben auf einem Felsvorsprung gelegen ist, war ursprünglich eine Verteidigungsburg, bevor es zu einem Ort des Gebets und der Einkehr wurde. Innerhalb des Gebäudes hat sich die Natur zwischen den Steinen ausgebreitet und in eine Panzerung aus Pflanzen verwandelt, die vor Erosion und Einsturz schützt. Amelia Tavella hat sich entschieden, die Ruinen zu erhalten und den abgerissenen Teil durch ein Bauwerk aus Kupfer zu ersetzen, das als Maison du Territoire [Kommunalverwaltung] genutzt wird.

Siehe auch architektur 1/22

 


© Peter Westrup

 

HAGE in Lund, Schweden
Architektur: Brendeland & Kristoffersen architects

Auf einem weitläufigen Feld entstanden drei Mauern und eine Dachkonstruktion. Hage bietet einen sozialen Raum an, dessen Funktion sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln wird. Mit der zunehmenden Bebauung um die Konstruktion herum wird es zu einem Symbol für jene Dinge, die durch ewiges wirtschaftliches Wachstum verloren gegangen sind. Als undefinierter Raum, der von den zukünftigen Bewohner*innen programmiert und genutzt werden kann, wohnt dem Projekt vorsichtiger Optimismus inne. Zudem enthält es eine radikale Idee für die Stadtentwicklung: den ersten Teil bewusst leer zu lassen.

 


© Jakub Certowicz

 

PLATO Städtische Galerie für zeitgenössische Kunst in Ostrava, Tschechien
Architektur: KWK Promes

Einst ein verfallener Schlachthof in der tschechischen Stadt Ostrava, nun PLATO Städtische Galerie für zeitgenössische Kunst.  Die abgerissenen Gebäudeteile und klaffenden Wunden in der Fassade wurden mit Mikrobeton gefüllt, wobei die historische Ornamentik der Backsteinwände erhalten blieb. Der zentrale Gedanke lautete, die Funktionalität dieser „Öffnungen“ als schnelle Verbindungen zur Stadt zu erhalten. Dank drehbarer Wandabschnitte können die Ausstellungsräume nach außen erweitert werden. Der kontaminierte Boden im Außenbereich wurde saniert und ein artenreicher Park mit wasserdurchlässigen Böden, Blumenwiesen und Rückhaltebecken angelegt.

 

Finalist des Nachwuchspreises „Emerging Architecture 2024“

 


© Frederico-Martinho

 

Dorfplatz und Touristeninformation in Piódão, Portugal
Architektur: Branco del Rio

Der Dorfplatz von Piódão in Zentralportugal hatte seine einstige Funktion als Treffpunkt und Aufenthaltsort verloren. Das Projekt umfasste sowohl die Umgestaltung des Platzes in eine verkehrsfreie Zone sowie die Sanierung des Tourismusinformationsgebäudes. Branco del Rio befreiten den Platz von Autos und anderen Hindernissen und definierten den Raum neu. Die vorhandenen Bäume, die Statue und die öffentliche Beleuchtung wurden allesamt beibehalten. Die verwendeten Materialien stammen aus der näheren Umgebung und auch die Verarbeitung dieser entspricht der lokalen Bautradition, wodurch das Gefühl entsteht, als sei alles schon immer so gewesen.