Ein Gebäude wie eine Umarmung

Aus dem politischen Willen heraus, rund um Kataloniens Hauptstadt Barcelona ein weit verzweigtes Netzwerk von lokalen Gesundheitseinrichtungen zu schaffen, ist unter der Federführung von BAAS arquitectura in Kooperation mit CASA Solo ein Zentrum für Strahlentherapie und Hämodialyse in Granollers entstanden. Die schwungvolle Formensprache und eine markante Fassade aus Keramikziegeln setzen auch ein Zeichen im urbanen Umfeld.

Ein Gebäude wie eine Umarmung

Aus dem politischen Willen heraus, rund um Kataloniens Hauptstadt Barcelona ein weit verzweigtes Netzwerk von lokalen Gesundheitseinrichtungen zu schaffen, ist unter der Federführung von BAAS arquitectura in Kooperation mit CASA Solo ein Zentrum für Strahlentherapie und Hämodialyse in Granollers entstanden. Die schwungvolle Formensprache und eine markante Fassade aus Keramikziegeln setzen auch ein Zeichen im urbanen Umfeld.

 

 

„Wir haben versucht, ein Gebäude zu entwerfen, das die städtebaulichen Gegebenheiten einer Straße mit wenig Wert verbessern würde. Ein öffentliches Gebäude mit einer einzigartigen Form sowie Materialien und Texturen, die der Stadt Würde verleihen sollen“, erklärt Jordi Badia, Gründer von BAAS arquitectura, die Entwurfsidee der Tagesklinik. Die 62.000-Einwohner-Stadt Granollers befindet sich etwa 35 km nordöstlich des Stadtzentrums von Barcelona. Bislang mussten die Patient:innen lange Fahrten auf sich nehmen, um sich in Zentren für Strahlentherapie und Dialyse behandeln zu lassen. Nun befindet sich das Gebäude, das Tagesbehandlungen anbietet, losgelöst vom Krankenhaus für viele Patient:innen in nächster Nähe.

 

 

Eine Geste der Öffnung

Um den Eingangsbereich klar und einladend zu gestalten und den Gehweg zu verbreitern, rückten die Architekt:innen das Volumen von der Straße ab. Auf diese Weise ist ein kleiner Platz entstanden, der die Besucher:innen empfängt und den Hauptzugang zum Gebäude markiert. Der Grundriss selbst ist um zwei Innenhöfe herum organisiert, die den Innenraum mit natürlichem Licht durchfluten und dabei das gewünschte Maß an Privatsphäre gewährleisten.

 

 

Die abfallende Geländetopographie ermöglichte das Formulieren zweier unterschiedlicher Zugänge zu den beiden Stockwerken. Damit konnten BAAS arquitectura den Wunsch des Bauherrn nach der Verortung der Strahlentherapie auf der Straßenebene und der Hämodialyse auf der oberen Ebene erfüllen, wobei letztere Einheit einen weiteren Zugang vom Innenhof des Krankenhauses zulässt. Durch den Höhenunterschied ergab sich zudem die Ausbildung eines Zwischengeschosses, das einerseits als Technikebene fungiert und andererseits eine Überhöhung hierarchisch wichtiger Bereiche wie des Hauptwartezimmers umsetzbar machte.

 

 

Reminiszenz an den Raum

Indem sich die Gestalter:innen im Außenbereich für den geschickten Einsatz von Keramikziegeln entschieden, ist es ihnen gelungen, die Fassade optisch aufzulösen. So ergibt sich für den Vorbeispazierenden das Bild eines größtenteils blickdichten Gebäudes. Dabei passt sich die Verkleidung des Bauwerks vielmehr an die verschiedenen Innenraumsituationen an, wie vor allem das offene Gitterwerk in Bezug auf die gut durchlüftete technische Zwischenebene anschaulich zeigt.

 

 

Im Zuge der Gestaltung des Projekts war es BAAS arquitectura besonders wichtig, mit Hilfe der gewundenen Formen des Volumens und der verwendeten keramischen Materialien, einen Bezug zu den historischen Substanzen der Umgebung sowie eine einladende und weniger sterile Umgebung für die zu Behandelnden zu schaffen.

 

 

Nachgefragt bei BAAS arquitectura

Wie kam das Projekt zustande und wie lautete das Briefing?

Der Auftrag hat sich durch einen öffentlichen Wettbewerb ergeben, bei dem wir den ersten Preis gewonnen haben. Ziel war es, das erste einer Reihe von Satellitengebäuden eines der großen öffentlichen Krankenhäuser Barcelonas – Hospital Clínic – in der etwa 35 km entfernten Stadt Granollers zu bauen, damit Patient:innen, die täglich behandelt werden müssen, künftig keine langen Fahrten mehr auf sich nehmen müssen.

Was war die ursprüngliche Inspiration für die Entwurfsidee?

Krankenhausgebäude sind normalerweise zu steril und ungemütlich. Unsere Absicht war es von Anfang an, einen angenehmen Raum für die Patient:innen zu schaffen, in dem sie sich wohlfühlen. Mit natürlichen Materialien wie Keramik und Holz, weichen Formen und diffusem, natürlichem Licht. Ein Gebäude, das die Patient:innen begleitet und umarmt, das aus deren Sicht entworfen wurde und nicht nur basierend auf rein professioneller Funktionalität. Die Straße, in der sich das Gebäude befindet, war sehr schmal, so dass wir einen Platz geschaffen haben, der die Zufahrt verbreitert und einen angemessenen Zugang bietet. Die beiden differenzierten Programme der Strahlentherapie und Hämodialyse befinden sich auf zwei verschiedenen Etagen – hier nutzten wir die Topografie des Grundstücks, um zwei verschiedene Zugänge anzubieten. Backstein ist eines der Materialien des historischen Krankenhausgebäudes nebenan – wir haben es verwendet, damit sich das neue Gebäude in den Kontext einfügt.

 

 

Was macht die Fassade bei diesem Projekt so besonders?

Wir arbeiten gerne mit traditionellen Materialien, die sich auf den Ort beziehen und in diesem Kontext üblich sind – Materialien, die eine praktisch ewige Haltbarkeit gewährleisten, da das Gebäude mindestens zwei Jahrhunderte bestehen soll. In diesem Fall haben wir uns für Keramikziegel entschieden – die Form und die Merkmale der Fassade sind die direkte Folge der Materialwahl. Wir waren auf der Suche nach einem zeitlosen Bild der Architektur, das sich einerseits gut in die Umgebung einfügt – man bedenke, dass es sich um einen Anbau an ein historisches Gebäude handelt –, andererseits aber auch eine schöne Alterung sowohl in materieller als auch in formaler Hinsicht gewährleistet. Die gewählten Materialien weisen außerdem ein gutes bioklimatisches Verhalten mit einer großen thermischen Trägheit auf. In Kombination mit der Verschattung durch die Pilaster und Gitter der Fassade ist so ein kühles Sommerklima im Inneren ohne große Energiekosten möglich.

 

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Zentrum für Strahlentherapie und Hämodialyse
Granollers, Spanien

Bauherr: Hospital Clínic de Barcelona
Planung: BAAS arquitectura + CASA Solo
Statik:  Static lngeniería

BGF: 3.440 m2
Nutzfläche: 2.750 m2
Baufläche: 3.150 m2
Planungsbeginn: 12/2019
Bauzeit: 01/2022 – 06/2023
Baukosten: 8.452.702,24 EUR

www.baas.cat

 

 

Text: Linda Pezzei
Fotos: Gregori Civera Studio