Potentiale und Möglichkeiten der Stadt(Landschaft)
Statement - Das Architektenduo Steinkogler Aigner Architekten legt Wert auf einen behutsamen Umgang mit der Umgebung, die Anpassung an den lokalen Maßstab und auf den Bezug zu traditionellen Bauweisen und Bauformen. Rudolf Steinkogler und Michael Aigner sind dabei überwiegend im ländlichen Raum tätig. Für ihre Architektur setzen sie auf einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Einsatz der Baustoffe und Materialien. So soll über den Zweck der Gebäude hinaus ein sozialer Wert geschaffen werden. Der Beitrag Potentiale und Möglichkeiten der Stadt(Landschaft) erschien zuerst auf architektur-online.
Statement – Das Architektenduo Steinkogler Aigner Architekten legt Wert auf einen behutsamen Umgang mit der Umgebung, die Anpassung an den lokalen Maßstab und auf den Bezug zu traditionellen Bauweisen und Bauformen. Rudolf Steinkogler und Michael Aigner sind dabei überwiegend im ländlichen Raum tätig. Für ihre Architektur setzen sie auf einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Einsatz der Baustoffe und Materialien. So soll über den Zweck der Gebäude hinaus ein sozialer Wert geschaffen werden.
Eine Antwort auf die Frage nach den Grenzen der Stadt hängt vom Betrachtungsstandpunkt ab. In den letzten Jahren etablierten sich verschiedene Theorien, um jene Städtethematik neu zu bewerten. Denn die Trennlinien zwischen Stadt und Land verschwimmen immer mehr zu einer gemeinsamen (Stadt)landschaft, deren Bewohner je nach Bedarf und Bedürfnis zwischen den einzelnen Polen hin und her pendeln. Polemisierend könnte man gar die ganz Welt als eine Stadt betrachten.
Statistisch gesehen ist es einfach, Stadt und Land auseinander zu halten: In Österreich leben ca. 58% der Bevölkerung in Städten, wobei per Definition hierzulande Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohner als Städte gelten. International gesehen liegt Österreich somit etwas über dem Durchschnitt – allerdings weist es verglichen mit anderen (west-)europäischen Ländern einen deutlich geringeren Urbanisierungsgrad auf.
Die Verstädterung, gepaart mit fortschreitender Digitalisierung, generiert die Frage, inwieweit es heutzutage überhaupt noch sinnvoll ist, eine Aufteilung in Stadt und Land vorzunehmen? Das Bild vom Gegensatzpaar Stadt vs. Land ist weitestgehend überholt, denn weder die Eine noch das Andere stehen heute ausschließlich für Fortschritt, Konsum, Tradition oder Natur.
Am Ortsplatz gelegen bietet das „Arzthaus“ als Neubau an Stelle eines nicht mehr nutzbaren eingeschossigen Gebäudes Raum für Wohnungen, Praxen und Co-Working-Büros.
© www.bokehdesign.at
Deutlich drückt sich das in der Angleichung der Lebensstile aus – speziell das Landleben hat sich weit vom althergebrachten Idyll entfernt, folgt nicht mehr im gleichen Maß dem Lauf der Jahreszeiten und ist unabhängig von Vieh und Ernteertrag. Selbst das gesteigerte Interesse an Selbstversorgung, lässt Supermärkte und Einkaufszentren als Grundlage der Versorgungssicherheit nicht obsolet werden.
Eine auffällige Veränderung der letzten Jahre ist die vermehrte Nutzung von Möglichkeitsräumen außerhalb der dichten, urbanen Zentren. Waren es etwa einstmals in Vergessenheit geratene Stadtviertel oder von Industrie und Gewerbe geprägte Zonen, sind es heute oft kleine Gemeinden im Umland der alten Stadtzentren, in denen sich entsprechende Freiheiten bieten. Dabei haben sich auch die Formen der Aneignung mit der Zeit verändert – waren frühere Werkzeuge der Urbanisierung etwa Underground Clubs, so sind dies heute Bäckereien oder Bekleidungsmanufakturen.
‚Wohnen im Schinagl‘ ist die Umnutzung und Transformation eines ehemaligen Hotels am Rand des Nationalparks Kalkalpen in einen Wohnbau, der mit extra Platz für Sportausrüstung und Nähe zur Sportstätten punktet.
© Steinkogler Aigner Architekten
Angetrieben wird diese Entwicklung von unterschiedlichen Fraktionen. Oft sind es gut ausgebildete Rückkehrer, die in der Stadt oder im Ausland berufliche Erfahrungen gesammelt haben, beziehungsweise engagierte Zugezogene, die Neues initiieren und entstehen lassen. War es im vergangenen Jahrhundert erstrebenswert, in einer Metropole zu leben, hat sich nun das Ideal dahingehend gewandelt, aus dem Hamsterrad auszubrechen und Ruhe und Beschaulichkeit zu finden. Tatsächlich kommt es dabei aber vielfach zu einer Vermischung städtischer Gedankenwelten und Lebensweisen auf dem Land.
Wo aber lassen sich die hierfür nötigen Möglichkeitsräume finden? Eine wesentliche Strategie ist dabei die Nutzung bereits bestehender Gebäude. Die Beispiele reichen vom ungenutzten Feuerwehrdepot oder Bezirksgericht über umgebaute Hotels bis hin zum Co-Working-Space im ehemaligen Stadel. Aber nicht jeder Leerstand hat das gleiche Potential, weil dessen Nutzung auch immer stark von den handelnden Personen abhängt. Oft sind es eben jene zugezogenen Einzelpersonen oder kleine Gruppen, die Projekte lancieren und Initiativen starten.
Zur verträglichen Nachverdichtung eines Einfamilienhausgebiets im Umland von Wiener Neustadt, wurden vier Baukörper mit insgesamt 28 Wohnungen auf ursprünglich sechs Einfamilienhausparzellen errichtet.
© Steinkogler Aigner Architekten
Hier gilt es, Anreize für die Nutzung jener Leerstände zu setzen. Darauf können Gemeinden durchaus steuernd und unterstützend Einfluss nehmen – selbst jenseits einer aktiven Bodenpolitik. So können Ortszentren gestärkt werden, indem man dort Funktionen konzentriert und verdichtet. Dies lässt sich beispielsweise über Umbau und Sanierung erreichen, aber ebenso gut über Neubau und Rückbau. Dabei wäre es jedoch wesentlich, auf eine Mischung der Nutzungen in den Gebäuden zu achten, damit bei Fluktuation erneuter Leerstand vermieden werden kann. Wenig Erfahrung, aber großes Potential gibt es darüber hinaus auch bei der Umnutzung technischer Anlagen und stillgelegter Infrastrukturen.
Der Fokus des Architekturdiskurses liegt nach wie vor auf den urbanen Zentren, die jedoch nur einen Teil Stadtlandschaft ausmachen. Und in dieser entstehen auch abseits der Netzwerkknoten spannende Projekte, welche den neuen Lebenswelten gerecht werden.
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