Verbundstofffrei & rückbaubar

Im Berliner Süden entwarfen Praeger Richter Architekten mit dem Ausbauhaus Südkreuz ein Gebäude in Holz-Beton-Hybridbauweise und berücksichtigten dabei den gesamten Lebenszyklus der eingesetzten Materialien. Auf sieben Geschossen kombiniert der Bau qualitativen und gleichzeitig erschwinglichen Wohn- und Gemeinschaftsraum und lässt sich dank verbundstofffreiem Innenausbau zukünftig einfach um- oder zurückbauen.

Verbundstofffrei & rückbaubar

Im Berliner Süden entwarfen Praeger Richter Architekten mit dem Ausbauhaus Südkreuz ein Gebäude in Holz-Beton-Hybridbauweise und berücksichtigten dabei den gesamten Lebenszyklus der eingesetzten Materialien. Auf sieben Geschossen kombiniert der Bau qualitativen und gleichzeitig erschwinglichen Wohn- und Gemeinschaftsraum und lässt sich dank verbundstofffreiem Innenausbau zukünftig einfach um- oder zurückbauen.

 

Ausbauhaus Südkreuz

 

Das Projekt entstand in der sogenannten Schöneberger Linse, dem Gelände zwischen Bahnhof Südkreuz und S-Bahnhof Schöneberg, das sukzessive in ein vielfältiges, urbanes Stadtquartier transformiert wird. Eingefasst von den Nachbarbauten der Blockrandstruktur wächst das Ausbauhaus über sieben Geschosse in die Höhe. Es umfasst 13 Eigentums- und drei förderfähige Wohnungen mit zwischen 38 und 130 Quadratmetern Fläche. Im 4,5 Meter hohen Eingangsniveau sind Gewerbeflächen für Start-ups aus dem Kiez und den kulturellen und sozialen Austausch sowie ein kollektiver Garten untergebracht. Ein gemeinschaftliches Gästeappartement mit Terrasse im Dachgeschoss komplettiert das Raumprogramm. An beiden Fassaden erstrecken sich über die gesamte Breite Balkone und Loggien mit bodentiefen Fenstern. Sie erweitern den Wohnraum nach draußen und verbessern die Wohnqualität. Für einen Farbklecks sorgen rote Sonnenschutzvorhänge aus landwirtschaftlichem Lowtech-Textil. Diese laufen auf externen Schienen, lassen sich von den Bewohnern bei Bedarf auf- und zuziehen und verleihen dem Gebäude lebendige Außenansichten.

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Das Planerteam agierte mit Weitblick und bedachte mit seinem nachhaltigen Konzept für das Wohn- und Gemeinschaftshaus nicht nur heutige, sondern auch zukünftige Bedürfnisse. Neben der kosteneffizienten Umsetzung des Neubaus lag der Fokus vor allem auf der Möglichkeit zur späteren Umgestaltung. Dafür wurde das Gebäude als Materiallager konzipiert. Die Baumaterialien wählte man anhand ihrer Rückbaubarkeit und Wiederverwendung aus und erfasste alle verwendeten Einzelteile mittels BIM-Technologie. So können die Produktdaten der einzelnen Komponenten selbst Jahrzehnte später schnell abgerufen werden.

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Brandwände, Geschossplatten und der zentrale Erschließungskern sind als langlebige Stahlbeton-Tragstruktur ausgeführt. Diese bildet die Grundlage für den flexiblen Kern und bleibt in den Nutzflächen teils in Form von rohen Oberflächen sichtbar. Bei der Fassade handelt es sich um eine nicht-tragende, komplett rückbaubare Holzkonstruktion. Sie besteht aus hinterlüfteten, recyclefähigen Ständerwänden mit Holzfaserdämmung und einer vorvergrauten Lärchenschalung. Im Inneren setzte man weitgehend auf verbundstofffreie, 100 % rückbaubare Materialien, die künftig eine sortenreiche Trennung möglich machen. Deshalb wurde auch ausschließlich geschraubt, gelegt und gesteckt. Die trocken montierten Zwischenwände errichtete man auf der Rohdecke, bevor man den schwimmend verlegten Fußbodenaufbau mit Eichenparkett fertigstellte. Wo nötig, ergänzte man die leimfreien Module um nachwachsende Baustoffe. Das Ergebnis ist eine günstigere Alternative zu herkömmlichen Verbundkonstruktionen, mit der das Ausbauhaus am Südkreuz Berlin gleichzeitig den Grundstein für eine einfache – partielle oder gänzliche – Nutzungsänderung in der Zukunft legt.

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Text: Edina Obermoser
Fotos: Andreas Friedel