Vollpension statt Vollzug
Wo bis Anfang des 20. Jahrhunderts Häftlinge ihre Strafe absaßen oder auf die Vollstreckung ihres Urteils warteten, können Gäste nun eine Übernachtung in geschichtsträchtigem Ambiente buchen. Mit dem Bodmin Jail Hotel verwandelte das britische Büro Twelve Architects einen Teil eines ehemaligen Gefängnisses in Cornwall in ein luxuriöses Boutique-Hotel mit besonderem Flair und erweiterte so die Touristenattraktion.
Wo bis Anfang des 20. Jahrhunderts Häftlinge ihre Strafe absaßen oder auf die Vollstreckung ihres Urteils warteten, können Gäste nun eine Übernachtung in geschichtsträchtigem Ambiente buchen. Mit dem Bodmin Jail Hotel verwandelte das britische Büro Twelve Architects einen Teil eines ehemaligen Gefängnisses in Cornwall in ein luxuriöses Boutique-Hotel mit besonderem Flair und erweiterte so die Touristenattraktion.
Die Haftanstalt wurde bereits in den frühen 1770er-Jahren von Kriegsgefangenen errichtet. Mit Einzelzellen, Warmwasser, hellen Gemeinschaftsräumen und getrennten Männer- und Frauenbereichen galt Bodmin Jail damals als modernstes Gefängnis Großbritanniens und stellt auch heute noch einen wesentlichen Bestandteil der Vergangenheit Cornwalls dar. Nach Überbelegung, diversen Erweiterungen der Originalstruktur und mehr als 50 Hinrichtungen erfolgte 1927 zunächst die Schließung und dann der Verkauf des Komplexes an eine Abrissfirma.
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Anstatt eines Abbruchs entschied man sich schließlich für die schrittweise Revitalisierung und Umnutzung des Gefängniskomplexes. Heute lockt das Areal am Rande des Bodwin Moors mit einem Besucherzentrum, Gastronomie- und Gewerbeflächen Touristen aus aller Welt an und verlängert die Geschichte der Strafanstalt um ein neues Kapitel. 2015 sollte die Attraktion in einer zweiten Bauphase um ein Luxushotel ergänzt werden. Dafür galt es, ein zweiflügeliges Hauptgebäude mit dem „Civil Wing“ und „Naval Wing“ sowie dem Gefängnisturm zu sanieren und zu revitalisieren.
Die Substanz des vierstöckigen Bestands befand sich in einem ruinösen Zustand. Die Architekten entwickelten deshalb ein Konzept, welches die historische Struktur bestmöglich erhält, moderne Elemente hinzufügt und dabei Alt und Neu klar voneinander abgrenzt. Sämtliche Außenwände aus Stein wurden renoviert und im Charakter des 300 Jahre alten Originals wiederaufgebaut. Neue Teile bilden in schlichtem Schwarz und Glas gehalten einen zeitgemäßen Kontrast. Die Innenräume organisieren sich in beiden Gebäudeteilen jeweils rund um ein zentrales Atrium. Dieses beinhaltet die galerieartigen Erschließungsflächen der zwei Trakte. Außerdem wird es durch große Dachfenster – welche die völlig zerstörten Dächer ersetzen – von oben belichtet.
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Über die Atrien gelangt man in die 70 Boutique-Zimmer des Hotels. Jedes von ihnen setzt sich aus drei Zellen zusammen und verfügt über entsprechende Merkmale der Typologie, ohne dabei auf den nötigen Komfort zu verzichten: Neben vergitterten Fenstern erwarten Übernachtungsgäste gewölbte Steindecken und Graffitis von Insassen. Dem Planerteam ging es im Bodmin Jail Hotel darum, ein authentisches Erlebnis zu schaffen, in dem die ursprüngliche, beklemmende Atmosphäre bis heute spürbar bleibt. Wem das noch nicht reicht, der kann in einer interaktiven Ausstellung im benachbarten Besucherzentrum das Gefängnisleben hautnah erforschen. Das Verwaltungsgebäude in der einstigen Kapelle komplettiert mit Restaurant, Café, Cocktailbar und Fitnessraum das bunte Angebot auf dem historischen Areal im Nordosten von Cornwall.
Text: Edina Obermoser
Fotos: Jack Hobhouse