WEG-Novelle 2022 ante portas

Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimapolitik plant der Gesetzgeber eine Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Die Begutachtung des Ministerialentwurfs zur WEG-Novelle 2022 ist mittlerweile abgeschlossen. Sie soll plangemäß mit 01.01.2022 in Kraft treten. Dadurch soll die Stellung des einzelnen Wohnungseigentümers in bestimmten „klimarelevanten“ Bereichen gestärkt werden. Mit einem Blick auf die praktischen Auswirkungen widmet sich dieser Beitrag den wesentlichen Inhalten der Novelle.

WEG-Novelle 2022 ante portas

Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimapolitik plant der Gesetzgeber eine Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Die Begutachtung des Ministerialentwurfs zur WEG-Novelle 2022 ist mittlerweile abgeschlossen. Sie soll plangemäß mit 01.01.2022 in Kraft treten. Dadurch soll die Stellung des einzelnen Wohnungseigentümers in bestimmten „klimarelevanten“ Bereichen gestärkt werden. Mit einem Blick auf die praktischen Auswirkungen widmet sich dieser Beitrag den wesentlichen Inhalten der Novelle.

 


© slavun

 

Die WEG-Novelle hat im Wesentlichen zwei Schwerpunkte. Zum einen soll die neue Rechtslage die Position des einzelnen Wohnungseigentümers stärken, indem diesem etwa die Errichtung von Ladevorrichtungen für Elektrofahrzeuge oder Einzel-Photovoltaikanlagen oder andere Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt unter vereinfachten Bedingungen ermöglicht werden soll. Zum anderen soll die Willensbildung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft erleichtert werden.

Die Novelle soll damit auch zur Verringerung des Energiebedarfs von Gebäuden beitragen, indem die Rahmenbedingungen für den Umstieg auf umweltfreundliche Technologien und Energieträger verbessert werden sollen. Der Gesetzgeber versucht damit, sich sowohl dem Themenbereich Verkehr, als auch jenem des Gebäudesektors anzunehmen. In beiden Bereichen ist es ein Ziel des Gesetzgebers, den Energieverbrauch zu verringern und zunehmend den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu forcieren. Der Grundgedanke hierbei ist, dass der Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge wohl nur vorangetrieben werden kann, wenn gleichzeitig der Weg zur Schaffung einer Lademöglichkeit im Bereich von Wohngebäuden geebnet wird.

Damit solche Änderungen in Wohngebäuden auch durchgeführt werden können, soll im Rahmen des ersten Schwerpunkts der Novelle deren Durchsetzbarkeit erleichtert werden. Wünscht ein Wohnungseigentümer die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs und werden dafür allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so ist er zu einer solchen Änderung nach der aktuellen Rechtslage (§ 16 Abs 2 WEG 2002) nur dann berechtigt, wenn die Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer zur Folge hat (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002) und überdies entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dient (§ 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002).

 


© Dana Kenedy

 

Nach der Novelle des WEG wird nun unterstellt, dass die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs der Übung des Verkehrs entspricht bzw. einem wichtigen Interesse des jeweiligen Wohnungseigentümers dient. Die anderen Wohnungseigentümer sollen sohin künftig nicht mehr die Möglichkeit haben, dem änderungswilligen Wohnungseigentümer die Anbringung einer solchen Ladevorrichtung mit den Argumenten des § 16 Abs 2 Z 2 WEG zu untersagen.

Darüber hinaus sieht die WEG Novelle 2022 in bestimmten Fällen eine Zustimmmungsfiktion vor; das heißt, bei bestimmten genehmigungsbedürftigen Änderungen – wie z.B. der nun schon erwähnten Schaffung von Vorrichtungen zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs oder im Falle der Anbringung von Photovoltaikanlagen an einem Reihenhaus oder Einzelgebäude oder bei Anbringung von sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Beschattungsvorrichtungen – gilt die Zustimmung eines Wohnungseigentümers als erteilt, wenn er den geplanten Änderungen nicht binnen zwei Monaten nach Zugang der Verständigung davon (i) mittels Anschlag an einer für alle Wohnungseigentümer deutlich sichtbaren Stelle des Hauses („schwarzes Brett“) und (ii) mittels schriftlicher Übersendung widerspricht. In der Verständigung muss die geplante Änderung nach der Novelle klar und verständlich beschrieben werden; zudem müssen darin die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden.

Die Novelle bewirkt sohin eine erhebliche Erleichterung für den änderungswilligen Wohnungseigentümer, weil er nicht mehr die aktive Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer benötigt. Vielmehr reicht es demnach aus, wenn er die anderen Wohnungseigentümer von der beabsichtigten Änderung formgerecht verständigt hat und diese in der Folge nicht widersprechen. Diese Zustimmungsfiktion soll nach der Novelle auch für solche Änderungen gelten, die unter Inanspruchnahme anderer Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekte erfolgen; davon ausgenommen sind solche Änderungen, die eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung eines anderen Wohnungseigentums- oder Zubehörobjektes bewirken. In einem solchen Fall muss der beeinträchtigte Wohnungseigentümer die Änderung auch dann nicht dulden, wenn er einen Widerspruch gegen die Änderung unterlassen hat.

 


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Was den zweiten Schwerpunkt der Novelle anlangt, ist nach der aktuellen Rechtslage für das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft die Zustimmung von so vielen Wohnungseigentümern erforderlich, die – gemessen am Verhältnis der Miteigentumsanteile – eine Mehrheit aller Wohnungseigentümer repräsentieren. Dies ist insbesondere problematisch, wenn sich nicht alle Wohnungseigentümer an den Geschehnissen in der Wohnungseigentümergemeinschaft beteiligen, was in der Praxis nicht selten der Fall ist.

Beabsichtigen nun Wohnungseigentümer Verbesserungsmaßnahmen am Haus, erfordern diese prinzipiell als Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung die Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer. Dies gilt nach aktueller Rechtslage mitunter für die Optimierung der energietechnischen Ausgestaltung des Gebäudes, weshalb sich solche Projekte relativ einfach torpedieren lassen, indem sich Wohnungseigentümer an der Willensbildung in der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht beteiligen und so eine Beschlussfassung verhindern.

Um die Willensbildung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erleichtern, soll die Novelle neben der bisherigen Möglichkeit eine weitere Variante der Mehrheitsbildung schaffen. Bei dieser weiteren Variante soll es künftig nicht mehr auf die Mehrheit aller Miteigentumsanteile, sondern auf eine qualifizierte Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen ankommen. Zusätzlich muss diese Mehrheit jedoch zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen.

Durch diese Regelung soll also auch bei einer geringen Beteiligung der Wohnungseigentümer an der Willensbildung ein wirksamer Beschluss erzielt werden können. Durch die Schwelle von einem Drittel aller Miteigentumsanteile soll jedoch weiterhin gewährleistet werden, dass ein Beschluss möglichst immer noch die Meinung der Wohnungseigentümer korrekt abbildet. 

Wie sich die Novelle in der Praxis auswirken wird, insbesondere die vom Gesetzgeber gewünschten, klimarelevanten Innovationen im Verkehrs- und Gebäudesektor bewirkt, bleibt abzuwarten. Unbestreitbar stellt diese Novelle jedoch einen ersten Versuch dar, dem aktuellen Zeitgeist im Verkehrs- und Gebäudesektor rechnen zu tragen und die oft schwierige Willensbildung in der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erleichtern.

 

Text: Mag. Theresa Stachowitz und Mag. Matthias Nödl