Alt und Neu um eine Platane
Zum typisch provinzialen Ortsbild der Gemeinde Pélissanne gesellt sich heute auch ein Bauwerk von Dominique Coulon & Associés. Die neue Pierre Bottero Mediathek geht eine Symbiose mit dem Bestand ein und macht das historische Ortszentrum um eine Facette reicher.
Zum typisch provinzialen Ortsbild der Gemeinde Pélissanne gesellt sich heute auch ein Bauwerk von Dominique Coulon & Associés. Die neue Pierre Bottero Mediathek geht eine Symbiose mit dem Bestand ein und macht das historische Ortszentrum um eine Facette reicher.
Pélissanne ist eine kleine französische Gemeinde in der Provence, die durch ihren historischen Ortskern ausgezeichnet ist. Wie erwartet findet man dort die charakteristischen Steinbauten mit Terrakotta-Dachziegeln, schmale gepflasterte Gassen und hölzerne Fensterläden. Viele der historischen Stadthäuser sind gut erhalten und gepflegt. Andere sind leider auch etwas verkümmert, wie es auch das Stadthaus Maureau aus dem 17. Jahrhundert war. Nach dessen Erwerb durch die Gemeinde wurde der Beschluss gefasst, es zu sanieren und einer öffentlichen Nutzung zuzuführen. Da eine 4.000 m² große Parkanlage zu diesem Haus gehört, sollte auch dieser Freiraum im Zuge der Sanierung gestaltet und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Als neue Nutzung des Stadthauses kristallisierte sich eine Mediathek heraus, wofür der etwa 600 m² große Bestandsbau aber zu klein war. So wurde Architekt Dominique Coulon nicht nur mit seiner Sanierung und Umgestaltung betraut, sondern auch mit einem daran anknüpfenden Erweiterungsbau. Der Vertikalität des dreigeschossigen Bestandsbaus wurde ein Zubau als horizontales Element gegenübergestellt, wobei die klar strukturierte bestehende Lochfassade dabei auf die Flächigkeit und stark hervortretende Materialität des Neubaus trifft. Im Inneren sind die beiden Teile im Erdgeschoss und auch im ersten Obergeschoss miteinander verbunden. Sie grenzen hier nicht hart aneinander, eher gehen sie an dieser Stelle durch einen gemeinsamen Verbindungstrakt feinfühlig ineinander über. Im Erdgeschoss ist an dieser Schnittstelle der Empfang und im Obergeschoss ein gemütlicher Lesebereich untergebracht.
Die kontrastierenden Charaktere von Alt und Neu ergänzen sich ausgezeichnet und scheinen gerade deshalb eine Symbiose miteinander einzugehen. Wie schon an den beiden Fassaden ablesbar, sind die Räume im Bestandsbau kleinteilig strukturiert. Die ursprüngliche Aufteilung ist weitgehend beibehalten und an die Bedürfnisse der Mediathek angepasst worden. Einzig der Veranstaltungsraum im Erdgeschoss sticht hierbei hervor. Dort wurde ein deutlicher Eingriff an der Struktur vorgenommen, um eine gewisse Größe und eine teilweise doppelgeschossige Höhe zu ermöglichen. Im Erdgeschoss des Bestandsbaus sind generell die gemeinschaftlichen Bereiche untergebracht, etwa ein Raum für Workshops und ein Lesebereich für Tageszeitungen. Im Geschoss darüber befinden sich dann Räume der Mediathek zum Aufbewahren und Lesen. Das oberste Geschoss ist schließlich nur noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Mediathek vorbehalten, die dort ihren Arbeitsplatz haben. Nach oben hin werden die Bereiche also immer privater und kleinteiliger.
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Anders sieht es im Zubau aus. Die Räume hier sind sehr großzügig und tragen klar Dominique Coulons architektonische Handschrift. Seine beiden Ebenen sind nicht unterteilt, sondern bestehen aus zusammenhängenden Bereichen. Diese sind durch einen Luftraum bei der Treppe auch vertikal miteinander verbunden. Er modelliert so das Raumvolumen und verleiht ihm dadurch Großzügigkeit. Diese wird auch durch die gelenkten Ausblicke in die Parklandschaft hervorgehoben. Die großen Glasflächen rahmen die Aussicht auf den Park wie ein Landschaftspanorama und stellen so eine atmosphärische Bindung zu ihm her.
Die Parklandschaft trägt im Wesentlichen dazu bei, dass Alt und Neu einen stimmigen Zusammenschluss finden. Im Unterschied zum Erweiterungsbau gibt es im Bestandsbau nur punktuelle Ausblicke in den Park durch vergleichsweise kleine Fenster. Stattdessen gibt es hier die Möglichkeit vom Park aus direkt in die Mediathek zu gelangen. Straßenseitig gibt es von einer der schmalen Gassen zwar auch einen Eingang, dieser ist aber sehr unscheinbar. Er lässt nicht erahnen, was sich hinter der Fassade befindet. Einzig ein Schild weist auf die Mediathek hin. Ein vollkommen anderes Bild eröffnet sich dann vom Park aus. Dort ist die Mediathek sehr präsent und vermag es dem Park sein außermittiges Zentrum zu verleihen.
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Für den Erweiterungsbau ist die Parklandschaft formgebend. Er schmiegt sich um eine alte Platane, die sich unmittelbar vor dem Bestandsbau befindet. Sie ist jetzt ein Bestandteil des parkseitigen Vorplatzes, ebenso wie die gekrümmte Außenhülle des Zubaus. An dieser Stelle reflektiert auf der Oberfläche des Sonnenschutzglases die mächtige Baumkrone und auch die Lochfassade des Bestandsbaus mit ihren Fensterläden in sattem Grün. Aufgegriffen wird dieser Farbton sowohl für die Möblierung im Innenraum als auch für die Bänke im Park. Das verbindende Kolorit wird ergänzt durch einen sanften Beige-Farbton. Er findet sich am glatten Putz des Bestandsgebäudes und auch der strukturierte Beton der Neubau-Fassade ist in dieser Farbe gehalten. Das farbliche Pendant im Park findet sich im sandigen Boden. Mit ihren farblichen Akzenten und Oberflächenstrukturen erzeugen die verwendeten Materialien eine spezielle Komposition, die das Erscheinungsbild der Mediathek maßgeblich prägt.
Die Mediathek ist ein weiterer hinzugekommener Baustein im Ort. Die zugehörige Parkanlage ist eine der wenigen im kleinteiligen und dichten Stadtgefüge. Der Park liegt mittig in einem von Häusern umschlossenen Block, der an zwei Stellen die Möglichkeit gibt, ins Grüne zu gelangen. Durch seine Öffnung wird er Bestandteil einer Fußgängerachse, die sich durch den Ort zieht. Diese wird dann nochmals mithilfe eines überdachten Fußgängerdurchganges verlängert, der auch zum Projekt gehört. Er verbindet den Park mit dem benachbarten Rathausplatz. Geschaffen wurde er, indem ein Bestandsbau bis auf seine Tragstruktur reduziert wurde. Auch die Fenster und Türen sind entfernt worden, sowie auch das Dach. Dieses ist mit Glasbausteinen ersetzt und erhellt und markiert die Fußgängerpassage.
Wie selbstverständlich stärkt in Pelissanne nun die Mediathek den historischen Ortskern und dient als sozialer Treffpunkt. Mit dem öffentlich zugänglichen Park wird ebenso eine stadträumliche Beziehung hergestellt. Dominique Coulon & Associés zeigen, wie man mit abgestimmten Feinheiten und auch Kontrasten ein harmonisches Gesamtbild erzeugen und so einen Bogen zwischen Alt, Neu und Landschaft spannen kann.
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Pierre Bottero Mediathek, Park und Passage
Pélissanne, Frankreich
Bauherr: Stadt Pélissanne
Architekt: Dominique Coulon & Associés
Mitarbeiter: Dominique Coulon, Jean Scherer, Gautier, Duthoit, David Romero-Uzeda, Javier Gigosos, Diego Bastos-Romero, Olivier Poulat, Margot Machin, Thomas Bukenmeyer, Florent Revel, Théo Petit, Yannick Signani
Statik: Batiserf Ingénieurie
Bebaute Fläche: 982 m² (Bestandsgebäude 615 m² + Erweiterungsbau 367 m²)
Planungsbeginn: 2015
Bauzeit: 2 Jahre
Fertigstellung: 2020
Baukosten: 3,3 Mio. € exkl. MwSt.
Text: Alexandra Ullmann
Fotos: Eugeni Pons