Das Handwerk der Moderne – Architektur im Bregenzerwald

Die Architektur im Bregenzerwald gilt als „anders“ – ja fast schon mutig sind die einzigartigen Kombinationen aus Alt und Neu. Viel Holz und ein auffallend moderner Baustil prallen hier gekonnt aufeinander. Pensionen, Hotels und Bauernhöfe existieren nebeneinander, wobei einige der Gebäude in den letzten Jahren komplett neu gebaut oder renoviert wurden. Mit Feingefühl integrierten die Planer Holz in die Neubauten, sodass diese trotz ihres innovativen Designs mit einem regionalen Charakter überzeugen. Der Beitrag Das Handwerk der Moderne – Architektur im Bregenzerwald erschien zuerst auf architektur-online.

Das Handwerk der Moderne – Architektur im Bregenzerwald

Die Architektur im Bregenzerwald gilt als „anders“ – ja fast schon mutig sind die einzigartigen Kombinationen aus Alt und Neu. Viel Holz und ein auffallend moderner Baustil prallen hier gekonnt aufeinander. Pensionen, Hotels und Bauernhöfe existieren nebeneinander, wobei einige der Gebäude in den letzten Jahren komplett neu gebaut oder renoviert wurden. Mit Feingefühl integrierten die Planer Holz in die Neubauten, sodass diese trotz ihres innovativen Designs mit einem regionalen Charakter überzeugen.

 

Architektur im Bregenzerwald - Werkraumhaus von Peter Zumthor
Werkraumhaus, © Florian Holzherr

 

Nicht nur in der Baukunst, sondern auch im Handwerk fällt das gekonnte Zusammenspiel aus Tradition und Moderne auf. Planer schufen hier im Laufe der letzten Jahrzehnte ein schönes, genuss- und kunstvolles Ortsbild. Damit ist der Bregenzerwald ein Musterbeispiel für sensible Innovation im ländlichen Raum.

 

Tradition als Inspiration

In der ländlich geprägten Region Vorarlbergs leben an die 32.000 Menschen in 24 Gemeinden. Vielseitig und weitläufig ist allein die Geografie des Bregenzerwalds, die Wälder, weitläufige Täler und Gebirge beinhaltet. Die Gegend ist heute also kein reines Waldgebiet mehr – trotzdem hat Holz in der Baukunst nach wie vor einen hohen Stellenwert. Historische Holzbauten prägen das Ortsbild der Gemeinden. Doch nicht nur die charakteristischen, traditionsbehafteten Wohnbauten zieren die Region. Mittlerweile säumen die Straßen der Region auch prägnante Bauwerke, wie das bemerkenswerte Werkraumhaus des Schweizer Architekten Peter Zumthor. Das Gebäude errichtete er mit der Unterstützung lokaler Handwerker, die dieses heute auch nutzen. Ihnen dient das Haus in Andelsbuch als Schauraum, in dem sie Besuchern die Handwerkskunst des Bregenzerwalds näherbringen. Hier können sich interessierte Personen unter anderem über die Herstellungsprozesse von Möbelstücken aus dem Bregenzerwald informieren. Die vielschichtige, geschichtsträchtige Disziplin lässt sich damit aus nächster Nähe erleben.

 

Architektur im Bregenzerwald, Werkraumhaus von Peter Zumthor
Werkraumhaus, © Ralph Feiner

 

Der 2013 errichtete Glasbau ist minimalistisch gehalten. Blicke zieht er unter anderem mit seinem schwarzen, ausladenden Holzdach auf sich. Kennzeichnend für den Bau ist zudem die Glasfront. Sie gewährt Einblicke in die sogenannte „Bühne fürs Handwerk“, wobei das weitläufige und gleichzeitig minimalistische Design zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten gewährleistet. Eine Halle mit 700 Quadratmetern Fläche ist das Herzstück des Werkraumhauses – sie ist aufgrund ihrer großzügigen Gestaltung flexibel bespielbar und bietet ausreichend Raum für Ausstellungen und Veranstaltungen. Durch diese Eigenschaften ist die Einrichtung Versammlungsort und Schauraum zugleich.

 

Architektur im Bregenzerwald - Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg von Dietrich Untertrifaller Architekten
Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg, © Marion Hirschbühl

 

Eine weitere Würdigung der Bregenzerwälder Kultur und Geschichte ist das Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg. Dieses gewährt Einblicke in die Wohnkultur der Region im 19. Jahrhundert, während gleichzeitig die Werke der namensgebenden Künstlerin präsentiert werden. Neben den Ausstellungen ist auch das Bauwerk selbst ein Stück Vorarlberger Geschichte. Dietrich Untertrifaller Architekten realisierten in einem denkmalgeschützten Bauernhof in Holzbauweise den Umbau des Wirtschafts­traktes. In diesem Teil des sogenannten „Wälderhauses“ brachten sie das Kunstmuseum unter – das Heimatmuseum befindet sich bereits seit 1928 im ehemaligen Wohnbereich. Als Verbindung zwischen dem alten und dem modernen Trakt fungiert die Tenne, die heute auch das Museumsfoyer ist. Über eine breite Schiebewand erfolgt der Einlass in die Ausstellungshalle. Sie zeigt bereits aus weiter Entfernung an, ob das Museum geöffnet ist.

 


Angelika Kauffmann Museum Schwarzenberg, Ausstellungsansicht „das Beste. Ein Blick in die Sammlung“
© Marion Hirschbühl

 

Bewusst wurde das neue Element aus verwittertem Holz gestaltet, wodurch es sich optisch in die alte Seitenfassade einfügt. Als thermischer Übergang in das Foyer dient eine raumbreite Glaswand samt Holztür. Die verkleideten Wände in den Ausstellungsbereichen sind in einem hellen Holzton gehalten und bilden einen starken Kontrast zu den dunklen Wänden. Neue Träger aus Stahlprofilen fangen die Dachlast ab – sie wurden in den hölzernen Dachstuhl eingefügt und ersetzen dadurch die Stütze, die sich vor dem Umbau in der Mitte des Raumes befand.

Während der Innenbereich des ehemaligen Bauernhofs modern und minimalistisch gehalten ist, wurde die Außengestaltung nur minimal verändert. Damit fügt sich der Bau nahtlos in das Schwarzenberger Ortsbild ein.

 

Architektur im Bregenzerwald - Frauenmuseum Hittisau von den Architekten Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur-Sturm
Frauenmuseum Hittisau, © Johannes Fink

 

Kultur und Fortschritt im ländlichen Raum

Tradition ist nur ein Aspekt, der den Bregenzerwald so besonders macht. Denn diese Region verbindet Kultur auch mit Fortschrittlichkeit. So ist Hittisau der Standort des ersten und einzigen Frauenmuseums in Österreich. Im ländlichen Raum stellt dieses sogar das einzige seiner Art dar. Im einzigartigen Holzbau sind wechselnde Ausstellungen zu sehen, die die Frauengeschichte sowie das kulturelle Schaffen von Frauen sichtbar machen.

Mit der Errichtung des Bauwerks wurden die Architekten Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur-Sturm beauftragt. Kennzeichnend für das Gebäude ist dessen Vielschichtigkeit, was sich auch in seinen zahlreichen Funktionen äußert. So befindet sich das Frauenmuseum im Obergeschoss, während im Erdgeschoss ein Foyer, ein Musikprobelokal und ein Seminarraum untergebracht sind. Die weitläufigen Räume des Untergeschosses beherbergen schließlich die Freiwillige Feuerwehr.

Der Holzquader öffnet sich mit seiner verglasten Fassade in Richtung Ortszentrum und tritt mit diesem in einen visuellen Dialog. Über eine Türe in der Glasfront können Besucher das Museum betreten. Der Eingangsbereich wird zusätzlich durch eine filigrane Metallrampe erschlossen und ist damit barrierefrei zugänglich. Charakteristisch für den Bau ist die Verschalung aus heimischer Weißtanne. Auch bei der Innenraumgestaltung stützten sich die Architekten auf Holz – Wände, Zimmerdecken und Sitzmöbel strahlen mit ihrer Materialität Natürlichkeit und Wärme aus. Gleichzeitig integrierten die Planer durch eine punktuelle Beleuchtung und klare Linien zeitgemäße Elemente in das Projekt Innenraumdesign.

 

Architektur im Bregenzerwald - BUS:STOP Krumbach Glatzegg
BUS:STOP Krumbach, Glatzegg, © Felix Friedmann

 

Der Freiraum als Bühne

Prägend sind für den Bregenzerwald nicht nur die modernen Holzbauten. Auch der Freiraum hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung durchlebt. So ist die Gemeinde Krumbach ein Paradebeispiel für die Verbindung von Baukultur und Mobilität. Als 2013 die Bushaltestellen erneuert werden mussten, entschloss sich die Gemeindevertretung dazu, ihre „Wartehüsle“ von Architekten aus aller Welt entwerfen zu lassen – das Projekt BUS:STOP war damit geboren. Mit der Unterstützung von Dietmar Steiner, dem damaligen Direktor des Architekturzentrum Wien, machten sich die Gemeindevertreter Krumbachs auf die Suche nach unkonventionellen Baumeistern. Das Vorhaben war erfolgreich – gleich sieben aufstrebende Planer fingen für die Idee Feuer. Architekten wie Smiljan Radic aus Chile, Alexander Brodsky aus Russland und Sou Fujimoto aus Japan nahmen sich der Gestaltung der Haltestellen an. Nun befinden sich sieben einzigartige, bisweilen verrückte „Buswartehüsle“ in der Gemeinde.

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Die Entwürfe setzten die Jungstars unter der Berücksichtigung der Vorarlberger Baukultur, der lokalen Handwerkskunst und der regionalen Kultur um. An der Realisierung der Pläne beteiligten sich schließlich Handwerker aus dem Bregenzerwald, wobei ein Großteil der Arbeiten ehrenamtlich erfolgte. Sieben skurrile Haltestellen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, waren das Ergebnis der gelungenen Zusammenarbeit. Jetzt säumen unter anderem Gebilde, wie ein gläserner Pavillon mit schwarzer Betondecke, eine Station aus Holzstapeln sowie ein Wald aus weißen Stahlstangen mit Wendeltreppe die Straßen. Mit BUS:STOP schrieb Krumbach ein Stück Architekturgeschichte. Nicht nur den Architekten, sondern auch der Zusammenarbeit in der Bevölkerung ist das Gelingen des einzigartigen Vorhabens zu verdanken.

In Bezug auf die Baukunst und die regionale Entwicklung sind im Bregenzerwald in den nächsten Jahren weitere innovative Schritte zu erwarten. Geht es um Nachhaltigkeit in der Architektur, gehört die Region mit ihren vielschichtigen Holzbauten immerhin zu den Vorreitern.

 

Text: Dolores Stuttner

 

 

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