Die Kunst zeitlosen Designs
Die Designphilosophie von Studio F. A. Porsche ist tief verwurzelt in den Grundsätzen ihres Gründers Prof. Ferdinand Alexander Porsche. Bereits 1963 begann die Erfolgsgeschichte mit dem Entwurf des ikonischen Sportwagens „Porsche 911“. 1972 folgte die Gründung des eigenen Studios für Produkt design in Stuttgart, dessen Sitz er zwei Jahre später nach Zell am See in […]
Die Designphilosophie von Studio F. A. Porsche ist tief verwurzelt in den Grundsätzen ihres Gründers Prof. Ferdinand Alexander Porsche. Bereits 1963 begann die Erfolgsgeschichte mit dem Entwurf des ikonischen Sportwagens „Porsche 911“. 1972 folgte die Gründung des eigenen Studios für Produkt design in Stuttgart, dessen Sitz er zwei Jahre später nach Zell am See in Österreich verlegte. Weitere Niederlassungen in Berlin, Ludwigsburg, Los Angeles und Shanghai folgten. Im Interview gewährt Henning Rieseler, Design Director bei Studio F. A. Porsche, Einblicke in die Designphilosophie und den kreativen Prozess des Studios. Die Grundprinzipien von „Design must be honest“ und die Symbiose von Form und Funktion stehen dabei im Mittelpunkt.
Welche Grundsätze und Prinzipien leiten die Designphilosophie von Studio F. A. Porsche?
Unsere Grundsätze sind noch bis heute stark geprägt von unserem Gründer Prof. Ferdinand Alexander Porsche, der nach seiner ersten Erfolgsgeschichte, dem Design des legendären Porsche 911, 1972 dann sein eigenes Designstudio gründete. Die vier einfachen Worte von ihm „Design must be honest“ bringen noch heute unser Denken auf den Punkt. Sie bedeuten, dass Design für uns nicht Ästhetik oder oberflächliche Verschönerung ist, sondern die möglichst perfekte Symbiose von Form und Funktion. Diese entsteht erst dann, wenn man die Funktionalität eines Produkts vollkommen erfasst hat. Die Faszination für das aus diesem Grundsatz entstehende puristische und zeitlose Design treibt uns bis heute an.
Können Sie uns Einblicke in den kreativen Prozess des Studios geben? Wie entstehen neue Ideen und Designs?
Für den Erfolg eines Projektes ist es ungemein wichtig, mit dem Warum zu starten und als Designer ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Problemlösung oder welche Zielsetzung das Produkt erfüllen soll. So steht am Anfang eines jeden kreativen Prozesses ein enger Austausch mit unserem Kunden, um die Erwartungen an das Design und die individuelle Aufgabenstellung zu formulieren. Geht es bei dem Projekt beispielsweise um ein alleinstehendes Produkt oder soll damit auch die Designsprache der folgenden Produkte geprägt werden? Welche Bedeutung kommt dem Produkt damit innerhalb des Portfolios des Kunden zu?
Nach diesem initialen, engen Austausch mit dem Kunden folgt eine für den kreativen Prozess unverzichtbare Phase, in der wir uns als Designstudio isolieren und die Aufgabenstellung aus unserer Sichtweise heraus interpretieren. So wird ein kreativer Designprozess angestoßen, in dem alles Bekannte hinterfragt wird und erst einmal losgelöst von gelernten Einschränkungen ehrliche Innovationen entstehen können. Während jeder Designer in dieser Phase seinen eigenen kreativen Prozess verfolgen kann, ist die Arbeitsweise des Studios möglichst iterativ. Ideen und gestalterische Ansätze werden innerhalb des Teams in vielen Runden aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert, infrage gestellt und so konkretisiert.
So entstehen erste visuelle Konzepte, die niemals gleichwertig sind, sondern möglichst unterschiedliche Aussagen für den Kunden repräsentieren sollen. Bei der Vorstellung und Diskussion dieser Konzepte mit dem Kunden wird so final die Grundrichtung des Projektes bestimmt und formuliert. Während bei der initialen Aufgabenstellung Aussagen oftmals noch auslegbar sind, helfen die visuellen Konzepte zu verstehen, was eine bestimmte Richtung für das Unternehmen bedeutet. So kann eine fundiertere Entscheidung für eine Grundrichtung gefällt werden.
In der nächsten Bearbeitungsstufe folgt in enger Absprache und Austausch mit dem Kunden die detaillierte Ausarbeitung des Konzeptes. In regelmäßigen Terminen wird das Design mit Einbezug von Fachabteilungen wie Engineering, Verkauf und Marketing finalisiert. So können aktuelle Erkenntnisstände aus z.B. der Produktion direkt ins Design aufgenommen werden. Nach der Finalisierung des Designs steht das Studio dem Kunden selbstverständlich auch bei der Umsetzung beratend zu Seite, um Lösungen für mögliche aufkommende Herausforderungen bei der Herstellung gemeinsam zu finden. Dabei gibt es für uns als Designstudio keinen einheitlichen Ablauf eines Projektes, vielmehr passen wir uns als Designdienstleister den Bedürfnissen unserer Kunden an. Die Länge und Intensität der jeweiligen Phasen werden dabei maßgeblich von der Komplexität des Produktes, der Zielsetzung sowie der Arbeitsweise des Kunden definiert.
Badezimmerserie AXESS für KEUCO © Keuco
Welche Schritte unternimmt Ihr Studio, um sicherzustellen, dass Ihre Konzepte nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch funktional und benutzerfreundlich sind?
Schon aus der Philosophie des Studios heraus ergibt sich eine Arbeitsweise, die einen starken Fokus auf die Funktion und Bedienung eines Produktes setzt. Die Funktion eines Objektes bestimmt unseren Grundsätzen nach nicht nur dessen Form, sondern sollte durch das Design verdeutlicht und verbessert werden. So entsteht bei uns die Gestaltung in erster Linie über die Funktion eines Produktes.
Die barrierefreie Badezimmerserie AXESS, die für KEUCO entstanden ist, ist dafür ein gutes Beispiel. Klarer Startpunkt der Zusammenarbeit war die Aufgabenstellung, eine Badezimmerserie zu gestalten, die den maximalen Komfort barrierefreier Funktionalität mit einem minimalistischen Erscheinungsbild kombiniert. So wurde speziell für diese Serie ein neuer Mechanismus entwickelt, der es ermöglicht, Griffe im Bad möglichst flach und elegant einzuklappen.
Das Portfolio von F. A. Porsche ist erstaunlich vielfältig und reicht von diversen Alltagsgegenständen, über Badkollektionen, einen Dachziegel, Straßenbahnen bis hin zu ganzen Hochhäusern. Wie schafft es das Studio F. A. Porsche, sich an so unterschiedliche Aufgabenstellungen anzupassen?
Tatsächlich spiegelt diese Vielfältigkeit klar die Kernkompetenz unseres Studios wider. Wir verstehen uns seit der Gründung weniger als Experten einer bestimmten Branche oder Industrie, viel mehr als universell aufgestelltes Designstudio, das sich so die Fähigkeit bewahrt, Produkte aus der Sicht des Kunden zu betrachten. Daraus ergibt sich für uns der Anspruch, bei jedem Projekt Bekanntes infrage zu stellen und so innovative Lösungen zu entwickeln, die aus Sicht des Kunden dem Produkt Mehrwert und Relevanz verleihen. Wichtiger und zusammenführender Fokus unserer Projekte liegt dabei auf dem Anspruch, Premium -Produkte zu gestalten.
Sind die Grundprinzipien von gutem Design in all diesen Bereichen dieselben?
Ja, da sich unsere Grundprinzipien aus einer Haltung ableiten, wenden wir den Anspruch von Purismus, Qualität und Relevanz auf alle unsere Projekte an und interpretieren sie für jede Branche und jedes Produkt individuell.
Können Sie einige Ihrer bevorzugten Tools, Technologien oder Methoden im Produkt-Design-Prozess teilen und erklären, wie diese dazu beitragen, bessere Ergebnisse zu erzielen?
Aus unserer Historie und Philosophie leitet sich ein gewisser Anspruch ab, zeitlose Produkte zu gestalten, die losgelöst von aktuellen Trends und mit dem höchsten Anspruch an Qualität über Dekaden hinweg Relevanz behalten. Dieser Anspruch spiegelt sich auch in unserer Arbeitsweise als Designstudio wider. Über unsere Studios in Zell am See, Berlin, Shanghai und L.A. hinweg ist es uns wichtig, unseren Designern den größtmöglichen Spielraum im eigenen kreativen Prozess zu ermöglichen und wir unterstützen dabei die eigene Wahl an benötigten Tools und Methoden. Die wichtigste Grundlage für die Zusammenarbeit bildet dabei ein klarer Fokus auf intensive Kommunikation. Offenheit und Austausch auf Augenhöhe sind die Grundpfeiler unseres Schaffensprozesses – sowohl in der
internen Kommunikation als auch beim Austausch mit dem Kunden.
Badezimmerserie Qatego für Duravit © Duravit
Wie balancieren Sie die Bedürfnisse der Kunden mit Ihrer eigenen kreativen Vision, um innovative und gleichzeitig marktfähige Designs zu erstellen?
Auch hier steht ein intensiver und offener Austausch auf Augenhöhe im Mittelpunkt. Dieser Austausch zwischen Designstudio und Kunde ist die Grundvoraussetzung für umsetzbare, aber vor allem für marktfähige Innovation. Als Designagentur betreuen wir seit Jahrzehnten auch unsere eigene Marke Porsche Design sowie die gesamte Porsche Lifestyle Produktkollektion und haben so ein ungewöhnlich tiefes Verständnis dafür, dass Gestaltungsansätze nicht nur dem kreativen Prozess standhalten, sondern, vor allem auch im Kontext der Marke und des Marktes funktionieren müssen. Dieses Verständnis erlaubt es uns als Designagentur, unsere Kunden auch strategisch unterstützen zu können und Produkte zu entwickeln, die sich erfolgreich etablieren.
Nichtsdestotrotz sehen wir, dass Kunden gerade auch wegen unserer klaren Haltung eine Zusammenarbeit anstreben und sich von uns kreative Lösungen wünschen, die Innovation ins Unternehmen bringen. Im engen Austausch mit Kunden ist der gesamte Designprozess daher ein Zusammenspiel von Innovation, Kommunikation, Überzeugungsarbeit, aber auch gegenseitigem Lernen. Ein gutes Beispiel für eine solche Zusammenarbeit ist dabei die Badezimmerserie Qatego, die für Duravit entwickelt und dieses Jahr auf den Markt gekommen ist. Zielsetzung hier war es, eine möglichst umfassende Serie zu gestalten, die durch ihre Vielfalt jedoch nicht an Qualität und Relevanz verliert. Durch die Kombination minimalistischer Formgebung und hochwertiger Naturmaterialien ist so eine maximal individualisierbare Premiumserie entstanden.
Wie arbeitet Ihr Studio mit anderen Fachleuten und Disziplinen, wie beispielsweise Architekten oder Marketingexperten, zusammen, um Produkte zu entwickeln?
Aus unserem Anspruch, als branchenübergreifendes Designstudio tätig zu sein, ergibt sich schon die klare Notwendigkeit des Austausches. Wir pflegen über alle Projekte hinweg einen Netzwerkgedanken und arbeiten je nach Kunde sowie Komplexität und Umfang eines Projektes mit Fachleuten wie Architekten und Ingenieuren zusammen. Ein großer Vorteil ist dabei, dass wir auf die Kapazitäten unseres Konzerns zurückgreifen können. Je nach Projekt haben wir so die Möglichkeit, Experten aus der Automobil-, aber auch IT- und Wirtschaftsbranche mit einzubinden.
Wie gehen Sie mit Herausforderungen und unerwarteten Problemen in Designprojekten um?
Ein großer Vorteil im Umgang mit Problemen ist sicher die Vielfältigkeit unserer Projekte, Kunden und damit auch Branchen, in denen wir tätig sind, die gar nicht zulassen, dass wir als Designstudio in starren und vordefinierten Prozessen arbeiten. Bei jedem Projekt passen wir uns individuell auf unseren Kunden, dessen Arbeitsweise, aber auch dessen Erwartungen an, was uns in der Konsequenz einen maximal hohen Spielraum verschafft, auf Herausforderungen flexibel zu reagieren und diese im Austausch mit dem Kunden zu bewältigen.
Gerade auch dieser enge und direkte Austausch, so hat sich über die Jahre gezeigt, beugt zudem oft Problemen vor. Anders als in vielen Agenturen kommunizieren unsere verantwortlichen und beteiligten Designer direkt mit dem Kunden, was Missverständnissen und langen Kommunikationswegen vorbeugt und Probleme oft frühzeitig aufdeckt.
Koramik V11 Dachziegel für Wienerberger © Wienerberger
Welche Ratschläge würden Sie jungen Designern geben, die in die Branche einsteigen möchten?
Wiederkehrend nehmen wir seit einigen Jahren schon das Problem wahr, dass junge Designer:innen in ihrer Arbeit unglaublich von äußeren Reizen beeinflusst sind. Leider findet dieses Thema auch in der Ausbildung oft nicht die nötige Aufmerksamkeit, und führt vermehrt dazu, dass eine eigene Meinungsbildung bei jungen Designer:innen nicht mehr stattfindet. So recherchieren viele Designer:innen zu Beginn eines Projektes beispielsweise oft tagelang im Internet, mit dem Ergebnis, dass oftmals nur reproduzierte, aber keine innovativen Ansätze entstehen.
Dabei ist es ungemein wichtig für den kreativen Schaffensprozess, sich immer wieder radikal von äußeren Einflüssen – die dabei natürlich hauptsächlich über das Internet kommen – zu trennen und so seine eigene Persönlichkeit zu finden. Denn diese spiegelt sich immer auch in den eigenen Entwürfen wider und macht sie erst einzigartig.
Gibt es ein besonderes Produkt, das Sie unbedingt gestalten wollen, aber noch keine Gelegenheit dazu hatten?
Tatsächlich habe ich über die Jahre gelernt, dass es gar nicht so sehr um das eine Produkt geht, als vielmehr um die Freude über neue gestalterische Herausforderungen. Diese Herausforderung ist meist dann am stärksten, wenn man als Designer die Möglichkeit bekommt, das Potenzial in einem Produkt zu finden, bei dem man es am wenigsten erwartet hätte. Denn wer hätte wohl erwartet, dass eines unserer spannendsten Projekte der letzten Jahre, die Gestaltung eines Dachziegels war?
Für das österreichische Traditionsunternehmen Wienerberger durften wir uns mit der Funktion und Gestaltung eines Dachziegels beschäftigen. Mit dem V11 ist ein hochwertiges, minimalistisches Produkt entstanden, dessen Gestaltung einzigartig und dabei direkt aus der Funktion des Ziegels abgeleitet wurde.
Koramik V11 Dachziegel für Wienerberger © Wienerberger
Interview: Andreas Laser