Gebäudeautomation: Home, Smart Home

Das smarte Haus verspricht mehr Komfort, Sicherheit und weniger Energieverbrauch. Bei der Beratung, Planung, Systemauswahl und Montage sollte man aber einiges beachten. Der Beitrag Gebäudeautomation: Home, Smart Home erschien zuerst auf architektur-online.

Gebäudeautomation: Home, Smart Home

Das smarte Haus verspricht mehr Komfort, Sicherheit und weniger Energieverbrauch. Bei der Beratung, Planung, Systemauswahl und Montage sollte man aber einiges beachten.

 


Haus mit IQ: Smarte Haustüren, Tore, Fenster oder Rollläden steigern den Komfort und die Sicherheit für die Bewohner.
© Somfy

 

Viele Gründe sprechen für Smart Home – die Automation und Vernetzung der Haus-, Geräte- und Unterhaltungstechnik: Die gestiegenen Sicherheitsbedürfnisse, die zunehmende Alterung der Gesellschaft und die Notwendigkeit, Energie einzusparen – für all das verspricht die intelligente Gebäudesteuerung passende Lösungen: Smarte Schließsysteme von Haustüren, Toren oder Fenstern steigern die Sicherheit der Bewohner. Rollladensteuerungen nehmen älteren oder behinderten Bewohnern das anstrengende Öffnen und Schließen ab. Sensorgesteuerte Fensterlüftungen und Rollläden unterstützen das Heizenergie-Sparen.

 

Wie funktioniert Smart Home?
Um Bauherren individuell beraten und das passende System auswählen zu können, sollte man einige „Basics“ kennen: Smart Home basiert auf einem vernetzten Zusammenspiel aus Sensoren, Aktoren, einem Datenübertragungssystem und einer zentralen Steuerung. Sensoren (Temperaturfühler, Bewegungsmelder etc.) geben per Datenleitung oder Funk digitale Signale direkt oder über eine Steuerzentrale an Aktoren (Antriebe, Schalter etc.) weiter. Daraufhin wird die programmierte Aktion (Lampe dimmen, Heizung drosseln, Sonnenschutz herunterfahren) ausgeführt. Die Aktionen können zeit-, temperatur-, wind-, regen-, anwesenheits-, App- oder sprachgesteuert erfolgen. Sensoren und Aktoren können neu programmiert oder zugeordnet werden, sodass die Gebäudesteuerung flexibel an neue Anforderungen angepasst werden kann. Schnittstellen (sogenannte Gateways) sorgen über entsprechende Protokolle dafür, dass die einzelnen Ebenen und Geräte eines Smart-Home-Systems miteinander kommunizieren können, auch wenn sie von unterschiedlichen Herstellern stammen. Die Übertragung dieser Informationen und Daten erfolgt per Kabel, Funk, das Stromnetz oder kombiniert über entsprechende Bussysteme. Aktuell erhältliche Hausautomationssysteme lassen sich in offene und geschlossene Systeme unterteilen. Offene Systeme bieten eine große Geräteauswahl, ermöglichen Kombinationen unterschiedlicher Produkte und sind damit weniger von einem Hersteller abhängig. Allerdings können Inkompatibilitäten auftreten. Nutzer geschlossener Systeme können zwar zwischen perfekt aufeinander abgestimmten Geräten wählen, allerdings nur eines Herstellers. Bei Störungen müssen sie sich dafür nicht mit mehreren Ansprechpartnern auseinandersetzen.

 


Auf dem Markt erhältliche Lösungen können viele Haustechnik-Elemente miteinander vernetzen und damit deren Zusammenspiel optimieren.
© Somfy

 

Kabel oder Funk?
Kabelgebundene Bussysteme übertragen Signale über spezielle Bus-Kabel, die in der Regel unter Putz verlegt werden und deshalb Schlitz- und Stemmarbeiten voraussetzen. Das ist bei Neubauten in der Ausbauphase kein Problem, bei Altbauten nur dann, wenn sie grundsaniert und ohnehin in den Rohbauzustand versetzt werden. Zu den genormten, herstellerunabhängigen kabelgebundenen Bussystemen (Binary Unit System) gehören der KNX-, LON- oder der BACnet-Standard. Kabelgebundene Bussysteme sollten bereits in einer früheren Projektphase geplant werden, da die Größe der Steigzone, des Wohnungs- bzw. Geschossverteilers, die Dimensionen der Leerrohre, die Anzahl und Art der Anschlusspunkte und die Anzahl und Typen der Kommunikationskabel bestimmt werden müssen. Die Kunst besteht darin, alles vorausschauend so festzulegen und möglichst geschickt im Haus zu verteilten, dass eine flexible Nutzung über viele Jahre möglich ist. Funksysteme sind einfacher installierbar, preiswerter, flexibler und in der Altbaumodernisierung optimal, weil Schlitz- und Stemmarbeiten entfallen. Zu den wichtigsten Funk-Standards zählen Bluetooth, EnOcean, WLAN, ZigBee oder Z-Wave, die sich vor allem in der Reichweite (ca. 10 bis 100 Meter) unterscheiden. Auch auf das aktuelle Marktangebot an passenden Systemkomponenten und Geräten, auf die Möglichkeit, bestehende Deckenlampen etc. einzubinden und die Kosten sollte man achten. Nachteilig nahezu bei allen Funksystemen ist, dass irgendwann die Batterien gewechselt werden müssen. Lediglich batterielose Systeme des Herstellers EnOcean sind praktisch wartungsfrei. Eine weitere Nachrüst-Alternative ist die Powerline- oder Powernet-Technik, die zur Signalübertragung das vorhandene Stromnetz nutzt. Allerdings sind die dafür notwendigen Bauteile und Komponenten teuer und das Stromnetz sollte nicht zu alt und marode sein. Darüber hinaus kann es von Außen durch Dimmer, Mehrfachsteckdosen, Elektrogeräte etc. zu Störeinflüssen kommen. Wichtige Powerline-Standards sind DigitalStrom oder LCN.

 


Funksysteme eignen sich insbesondere für die Nachrüstung vorhandener Gebäude. ©Enocean

 

Lokal oder global?
Je nachdem, wie Steuerungs- und Sensordaten verarbeitet und gespeichert werden, unterscheidet man zwischen lokalen und cloudbasierten Smart-Home-Systemen. Weil letztere die Daten zunächst online an einen externen Server senden, dort verarbeiten und zurück an den lokalen Aktor senden, haben sie eine Sicherheitsschwachstelle. Was dabei nämlich mit den Daten passiert, entzieht sich jeder Kontrolle. Schlimmstenfalls können das Nutzerverhalten der Bewohner ausgespäht und für Manipulationen genutzt werden. Funktioniert das cloudbasierte Smart-Home-System nur mit Internetverbindung, können zudem eigene Verbindungsprobleme oder technische Störungen beim Internetprovider Smart-Home-Funktionen beeinträchtigen oder ganz lahmlegen. Deshalb sollte eine App-Steuerung oder die Ausführung programmierter Funktionen auch offline möglich sein. Prinzipiell sicherer in Bezug auf die Daten- und Ausfallsicherheit sind lokale Insel-Systeme, bei denen die Sensordaten ausschließlich im hauseigenen Server oder Steuergerät gespeichert und verarbeitet werden. Das ist zwar mit einigen Funktions- und Komforteinbußen verbunden (kein Fernzugriff, keine Push-Nachrichten, kein Sprachassistent). Dafür sind lokale Systeme sicher vor Hackerangriffen und funktionieren in vollem Umfang auch offline.

 


Das komplexe Zusammenspiel aller Bauteile, etwa einer smarten Haustür, setzt Know-how bei der Planung und Montage voraus. © GEZE

 

Kosten und Nutzen
Die Mehrkosten gegenüber konventioneller Installation sind abhängig von der verwendeten Technik und den Ansprüchen. Bussysteme kosten etwa 30 Prozent mehr, je nach eingesetzter Technik und Ausbaustufe. Einstiegsangebote auf Basis von Funkstandards beginnen bei mehreren hundert Euro, wobei es sinnvoll ist, zunächst eine Grundausstattung auf Basis eines offenen Systems zu wählen, die bei Bedarf erweitert werden kann. Eine Vollverkabelung eines durchschnittlichen Mehrfamilienhauses mit Licht-, Heizungs- und Verschattungssteuerung kostet ab etwa 5.000 Euro pro Wohneinheit. Bei der Konzeption und Auswahl von Technik und Produkten sollte man neben den technischen Möglichkeiten und den Mehrkosten für smarte Endgeräte auch auf die Praxistauglichkeit, Unempfindlichkeit der Anlage gegenüber Störsignalen, die Wartungshäufigkeit und vor allem die Sicherheit (s.o.) achten. Bedenken sollte man bei Kosten-Nutzenrechnungen auch, dass Smart Home zwar das Energiesparen unterstützt, selbst aber auch Strom kostet. Jedes funkgesteuerte Systembauteil (Steckdose, Lampe, Heizkörperventil etc.), jedes smarte Gerät im Standby-Modus braucht eine Batterie oder bedient sich aus dem Netz, was den Energieeinspar-Effekt mindert. Aktuellen Studien zufolge wird der Trend zur Heimautomatisierung insgesamt sogar für einen Anstieg des Stromverbrauchs sorgen. Danach wird sich der Verbrauch von Energie und Ressourcen mit der zunehmenden Verbreitung vernetzter Geräte im Haushalt deutlich erhöhen – nicht nur aufgrund der Geräte-Herstellungsprozesse, sondern auch durch deren laufenden Betrieb.

 


Während Smart Home-Hersteller einen Milliardenmarkt wittern, zögern potenzielle Kunden noch aus unterschiedlichen Gründen. © KFV/APA

 

Beispiel: Smarte Fenster
Zahlreiche smarte Lösungen gibt es bereits im Bereich Fenster und Fassade: So vernetzt beispielsweise die Systemplattform Building Skin Control (BSC) von Schüco Gebäude-Fassadenelemente miteinander und ermöglicht durch offene Schnittstellen eine Anbindung an standardisierte Gebäudeleitsysteme wie KNX oder BACnet. Darüber hinaus kann BSC an die Schüco Cloud angebunden werden. So kann der Fenster-/Fassadenbauer per Fernzugriff den Status von Wartungsintervallen oder Ereignissen abrufen und auf Kundenanfragen reagieren. Per Fernzugriff oder App lassen sich Einstellungen und Konfigurationen element­übergreifend und individuell vornehmen – etwa eine automatische Raumlüftung oder Nachtauskühlung. Eine sprachgesteuerte Bedienung der Elemente verspricht mehr Komfort. In eine andere Richtung zielt das Smart Window von Drutex ab. Die Studie für ein interaktives Fenster soll eine Präsentation von Multimediainhalten und neue funktionelle Gebrauchsmöglichkeiten des Fensters ermöglichen: Fernsehen, Filme streamen, im Internet surfen, E-Mails checken. Smart Window besteht aus einem interaktiven Fenster sowie einer Steuereinheit, die über Benutzerschnittstellen für die Kontrolle und Interaktion mit dem Nutzer verantwortlich ist. Das Fenster ist mit einem energieeffizienten Prozessor ausgestattet und besitzt ebenfalls Schnittstellen zur drahtlosen Kommunikation (WIFI, Bluetooth, Bluetooth Low Energy). An das Fenster kann ein USB-Stick oder eine externe Festplatte mit Multimediadateien, eine Tastatur und Maus angeschlossen werden. Mitbewerber Oknoplast offeriert ein ähnliches Konzept. Über das im Fenster integrierte Touch-Panel kann man im Internet surfen oder in Full-HD-Qualität einen Film anschauen. Das Smart Window soll ein Tablet oder Notebook ersetzen können und auch als Sonnenschutz dienen. Schaltet man die Smart Window-Funktion ab, funktioniert es wie ein normales Fenster. Das Fenster der Zukunft wird kein isoliertes Bauteil mehr sein, sondern Teil einer vernetzten Gebäudehülle, die flexibel auf Wetter- und Umweltbedingungen reagiert und mit der Umgebung interagiert. Zu den bisherigen Funktionen Belichtung und Belüftung, Wärme- und Schalldämmung sowie Einbruchschutz kommen smarte Funktionen hinzu: Lüftung, Beleuchtung, Sichtschutz, Verschattung und Kühlung, aber auch Information und Entertainment. Was sich davon am Markt durchsetzen wird, bleibt allerdings abzuwarten.

 


Smarte Fenster als persönliche Assistenten, mit denen die Bewohner interagieren können. © Oknoplast

 

Chancen und Herausforderungen
Es muss nicht immer gleich Smart Home sein. Häufig reicht auch schon ein Zeitschalter, ein Temperatur-, Regen- oder Windsensor. Sollen aber möglichst viele Haustechnik-Komponenten miteinander vernetzt werden, sind Gebäudeautomationssysteme gefordert. Die smarte Technik muss aber störunempfindlich und manipulationssicher sein sowie aktuelle Sicherheitsstandards erfüllen. Experten warnen immer wieder vor Risiken, die von unzureichend verschlüsselten, veralteten Funkprotokollen ausgehen und teilweise noch immer in neue Systeme verbaut werden. Problematisch ist auch die in jedem smarten Gerät integrierte Betriebssoftware (Firmware), die selten oder überhaupt nicht aktualisiert wird und dadurch zunehmend anfälliger für Schadsoftware und Hackerangriffe wird. Zudem lassen sich mechanische oder elektronische Manipulationen beispielsweise bei Keyless-Haustürsystemen nicht ausschließen, was zum Teil auch an unzureichenden Sicherheitsstandards liegt. Dennoch sollten Planer die Chancen des wachsenden Smart Home-Markts erkennen und nutzen. Die Themen Komfort und Sicherheit werden aufgrund des demografischen Wandels und des zunehmenden Sicherheitsbedürfnisses vor allem älterer Bevölkerungskreise immer wichtiger. Komfort und Sicherheit steigern zudem den Marktwert von Immobilien. Allerdings sollte man bei der Auswahl bewährte, einfach zu installierende und bedienbare Systeme von namhaften Anbietern favorisieren und wichtige Grundregeln bei der Planung und Realisierung beachten (siehe Infokasten).

 

 

Das sollten Planer beachten
– Kabelgebundene Bussysteme bevorzugen, da sie störunempfindlich, einfacher und kostengünstiger im Betrieb sind.
– Bei funkbasierenden Systemen auf Reichweite, Störsicherheit und Wartungszyklen (Batterieverbrauch) achten.
– Da Aktoren viel Energie benötigen, müssen unmittelbar an smarten Bauelementen stets Elektroanschlüsse vorhanden sein.
– Eine 24-V-Spannungsversorgung ermöglicht eine einfache Montage auch ohne Elektrofachkraft und minimiert Leitungsquerschnitte.
– Elektronische Bauteile stets so einbauen, dass sie vor Feuchtigkeit,  extremer Temperatur oder mechanischer Belastung geschützt sind.
– Anlagensicherheit beachten: verschlüsselte Funkprotokolle, aktuelle Sicherheitsstandards, sichere Webzugänge und ‑übertragungen etc.
– Frühzeitig mit dem Elektrofachplaner, Hersteller und Handwerker Details wie Leitungsführung, Übergabepunkte etc. abstimmen.
– Mit anderen Gewerken zusammenarbeiten, um Licht, Heizung, Kühlung und Lüftung in das Smart-Home-Konzept einzubinden.

 

Weitere Infos/Quellen
www.baunetzwissen.de  Rubrik „Elektro“
www.gebaeudedigital.de   B2B Gebäudetechnik-Magazin
www.intelligenteswohnen.com Initiative Intelligentes Wohnen
www.smarthomes.de   B2C Gebäudetechnik-Magazin
www.wikipedia.at  Suche: „Raum-/Gebäudeautomation“ etc.

 

Text: Marian Behaneck

 

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