Himmelsschnecke

Das Verwaltungszentrum des Bundes in Ittigen wurde von Berrel Kräutler Architekten mittels zweier gleichgerichteter, langgezogener und kompakter Baukörper weitergestrickt. Das Ergebnis: eine Campusanlage mit rhythmisch versetzten Platz- und Gassenräumen. Um einen zentralen Betonkern gliedern sich sieben umlaufende Geschosse aus einer Holz-Beton-Verbundkonstruktion, die ein Atrium mit vielfältigen Begegnungszonen einschließen.

Himmelsschnecke

Das Verwaltungszentrum des Bundes in Ittigen wurde von Berrel Kräutler Architekten mittels zweier gleichgerichteter, langgezogener und kompakter Baukörper weitergestrickt. Das Ergebnis: eine Campusanlage mit rhythmisch versetzten Platz- und Gassenräumen. Um einen zentralen Betonkern gliedern sich sieben umlaufende Geschosse aus einer Holz-Beton-Verbundkonstruktion, die ein Atrium mit vielfältigen Begegnungszonen einschließen.

 

Verwaltungsgebäude Pulverstraße UVEK-Campus lttigen von Berrel Kräutler Architekten

 

Das Verwaltungszentrum des Bundes in Ittigen beherbergt seit 2006 verschiedene Ämter des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation. Im offenen und anonymen Wettbewerb zur Erweiterung des Standortes im Kanton Bern um 900 Arbeitsplätze in zwei Etappen, konnten Berrel Kräutler Architekten die Jury von ihrem Konzept überzeugen. Neben dem ausgeprägten Gespür für Formen und Funktionen, konnte das Büro mit Sitz in Zürich für den Entwurf auf eine langjährige Erfahrung mit organisatorisch komplexen, großmaßstäblichen Bauten zurückgreifen.

 

Verwaltungsgebäude Pulverstraße UVEK-Campus lttigen von Berrel Kräutler Architekten

 

Im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) engagieren sich insgesamt über 2.500 Menschen für eine nachhaltige Entwicklung und den Service public. Dazu zählen moderne Verkehrswege, Kommunikations- und Stromnetze, aber auch Belange von Umwelt, Gesundheit und Sicherheit. Der Standort in Ittigen soll nun etappenweise erweitert werden. Im ersten Schritt ergänzten die Architekten das vorgefundene Bebauungsmuster um zwei gleichgerichtete, langgezogene und kompakte Baukörper. Als Resultat ist ein belebter Campus entstanden, der sich durch rhythmisch versetzte Platz- und Gassenräume definiert. Das erste Gebäude wurde im Sommer 2020 fertiggestellt und bereits bezogen.

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Das Volumen des siebengeschossigen Neubaus folgt auf horizontaler wie vertikaler Ebene klaren Strukturen. Kern des Bauwerks ist ein Atrium, das sich als Raumskulptur für den Betrachter überraschend zwischen den beiden kunstvoll geformten Treppenhäusern aus Ortbeton – einer handwerklichen Meisterleistung – aufspannt. Diese wiederum winden sich schneckenhausgleich in Richtung Himmel und öffnen wie durch ein Fernrohr den Blick nach oben. Um den zentralen Betonkern gliedern sich umlaufende Geschosse, die aus einer Holz-Beton-Verbundkonstruktion bestehen.

 

Verwaltungsgebäude Pulverstraße UVEK-Campus lttigen von Berrel Kräutler Architekten

 

Obgleich das Atrium von mehreren massiven Körpern durchdrungen wird, gelangt das Sonnenlicht dennoch bis ins Erdgeschoss. Auf diese Weise ergibt sich – fast wie im Streiflicht – eine Art eigener kleiner Kosmos fernab der Außenwelt, einzig begrenzt vom blauen Himmel. Das Thema der Durchblicke und Einblicke spiegelt die wichtigen Werte der Institution wider: Kommunikation und Gemeinschaft. Dementsprechend befinden sich in diesem Bereich die Sitzungszimmer und Aufenthaltsräume. Das Zentrum des Gebäudes dient aber auch der Ankunft, Begegnung und Verteilung von Mitarbeitern und Besuchern. Im zweiten Obergeschoss beherbergt das Atrium eine mit Sitzinseln bunt getupfte Lounge – gleichsam Blickfang von allen Ebenen wie Liegewiese mit Panoramablick. Sozusagen das “begrünte” Dach des darunter liegenden Mehrzwecksaals.

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Die einzelnen Ebenen sind vom Atrium aus als dicke Betonbänder kenntlich gemacht. Vollflächige Glasfassadenelemente schließen die Geschosse flächenbündig zum Atrium hin ab, sodass insgesamt auf subtile und leise Weise ein sehr wertiger und ästhetisch ansprechender Eindruck entsteht. Entlang der Fassade sind die Einzel- und Großraumbüros aufgereiht, die sich durch eine wunderbare Aussicht und optimale Belichtung wie Belüftung auszeichnen. Dazu kommt die sehr angenehme und warme Atmosphäre aufgrund der gewählten Materialgebung: Helle Hölzer und ein dämpfender Teppichboden sorgen in Kombination mit viel Tageslicht für einen frischen und entspannten Raumeindruck. Gerade der Kontrast aus hartem Betonkern und daran angrenzender weich und leicht wirkender Holzstruktur macht den Reiz der Innenraumgestaltung aus. Dabei ist es das harmonische Miteinander in Ausgewogenheit und Farbgebung, welches so anziehend auf das Auge wirkt.

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Die ausgeprägte Präsenz der Materialität in ihrer gleichzeitigen Schlichtheit begleitet den Besucher durch das gesamte Haus. An kaum einer anderen Stelle aber wird diese so greifbar, wie im Treppenauge selbst. Die Skulptur aus Ortbeton scheint weniger der Erschließung zu dienen, als vielmehr einem bewussten Zurücktreten und Durchatmen. Ein Stockwerk hinauf, zwei hinab und schon hat man den Kopf wieder frei. Ohne viel Aufhebens darum zu machen, sind diese beiden Himmelsschnecken doch die eigentlichen Stars des neuen Verwaltungsgebäudes.

 

Verwaltungsgebäude Pulverstraße UVEK-Campus lttigen von Berrel Kräutler Architekten

 

Tritt man von dem Gebäude ein paar Schritte weg, zeigt sich schnell, dass sich die Ebenen von außen betrachtet ebenso exakt ablesen lassen wie vom Atrium aus. Rhythmus und Wiederholung verleihen der Fassade einen ruhigen und zurückhaltenden Charakter, vertikal ausgerichtete Holzelemente lassen das Gesamtbild sehr natürlich erscheinen. Auskragende Vordächer wiederum strukturieren als umlaufende Brüstungsbänder den Baukörper und gliedern ihn in die bestehende Landschaftsstruktur ein. Entlang des Ufers der angrenzenden Worble ist ein großzügiger Grünraum mit einer auentypischen Vegetation entstanden. Hangseitig wurden die Spazierwege durch den vorhandenen Wald ausgebaut und schattige Rastplätze als Erholungszonen eingerichtet. Während die Landschaft eher offen und fließend gestaltet wurde, wirken die Plätze zwischen den Gebäuden klar gefasst. Baumgruppen und Outdoormöbel laden zum Flanieren und Verweilen ein. Auf dem benachbarten Baugrund der Etappe 2 wurde, sozusagen als Lückenfüller und Platzhalter, zwischenzeitlich eine provisorische Parkanlage mit dichten Sträuchern und Sitzbänken geschaffen.

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Das Verwaltungsgebäude des UVEK-Ittigen besticht durch eine clevere Kombination von Holz und Beton, welche gleichzeitig ästhetisch ansprechend ist und wegweisend für eine zukunftsträchtige Bauweise. Ganz im Sinne des selbst auferlegten Nachhaltigkeitsgedankens verbessert die Verwendung von einheimischem Holz nicht nur die ökologische Bilanz, sie sorgt außerdem für ein angenehmes Raumklima mit Wohnzimmerfeeling im besten Sinne. Die geringe Masse reduziert zudem die Wirkung von Erdbebenkräften. Die in Beton ausgeführten Elemente sorgen für horizontale wie vertikale Steifigkeit und gewährleisten eine hohe Speicherkapazität aus energetischer Sicht. Das Gebäude erhielt dementsprechend die Gold Zertifizierung des Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS.

Vielleicht braucht es bei all der Struktur, der Bürokratie, der Zahlen und Vorschriften ein wenig Leichtigkeit im Leben – eben so etwas, wie die wunderbaren Himmelsschnecken, die Sinn und Zweck vergessen machen und eben nur die Schönheit des Materials Beton in seiner Form, Farbe und Phantasie feiern.

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Verwaltungsgebäude Pulverstraße UVEK-Campus lttigen
lttigen, Schweiz

Bauherr: Bundesamt für Bauten und Logistik BBL
Planung: Berrel Kräutler Architekten
Mitarbeiter: Johannes Maier, Jennifer Caviezel, Silvia Ackermann, Simon Kempf, Frauke Ries, Christian Schmitt, Mirco Juon, Samuel Häusermann, Jaime Rodriguez, Bianca Böckle, Ulrike Köpke, Sophie Wuest, Jan Thüring, Simon Weber
Statik: Dr. Schwartz Consulting
Landschaftsarchitektur: ORT AG für Landschaftsarchitektur

Grundstücksfläche: 13.700 m2 (2 Etappen)
Bebaute Fläche: 1.920 m2 (1. Etappe)
Nutzfläche: 9.170 m2 (1. Etappe)
Planungsbeginn: 2013
Bauzeit: 3 Jahre
Fertigstellung: 2020
Baukosten: 81 Mio. CHF (1. Etappe)

www.bkar.ch

 

 

Text: Linda Pezzei
Fotos: Damian Poffet